Verstand und Gefühl
Landhaus schien er als sein Heim zu betrachten und zu lieben, er verbrachte dort weit mehr Zeit als in Allenham; und wenn sie sich nicht gerade zu einer allgemeinen Verabredung in Barton Park trafen, war es beinahe gewiß, daß die Beschäftigungen, die ihn am Morgen ins Freie hinausriefen, dort endeten, wo er dann den Rest des Tages an Mariannes Seite – mit seinem Lieblingspointer zu ihren Füßen – verbrachte.
Besonders an einem Abend, etwa eine Woche nachdem Colonel Brandon die Gegend verlassen hatte, schien sein Herz mehr als gewöhnlich jedem Gefühl von Anhänglichkeit an alles, was ihn umgab, aufgetan zu sein; und als Mrs. Dashwood zufällig ihren Plan, im Frühjahr einen Umbau des Landhauses vornehmen zu lassen, erwähnte, wandte er sich heftig gegen jede Veränderung eines Ortes, den seine Zuneigung für vollkommen erklärt hatte.
»Wie!« rief er aus, »dieses liebe Landhaus umbauen. Nein – da werde ich niemals zustimmen. Nicht ein Stein darf seinen Mauern hinzugefügt werden, um keinen Zoll darf es vergrößert werden, wenn man meine Gefühle respektiert.«
»Beunruhigen Sie sich nicht«, sagte Miss Dashwood, »nichts Derartiges wird geschehen, denn meine Mutter wird niemals genug Geld haben, das wirklich in Angriff zu nehmen.«
»Darüber bin ich aufrichtig froh«, rief er. »Möge sie immer arm bleiben, wenn sie keine bessere Verwendung für ihren Reichtum hat.«
»Danke, Willoughby. Aber Sie können versichert sein, daß ich kein einziges Ihrer Gefühle der Anhänglichkeit an diesen Ort – oder all derer, die mir lieb sind – für alle Umbauten der Welt opfern würde. Sie können sich darauf verlassen, daß ich, welche ungenutzte Summe auch immer verbleiben wird, |84| wenn ich im Frühjahr meine Abrechnung mache, diese sogar lieber ungenutzt liegenlassen würde, als in einer für Sie so schmerzlichen Weise darüber zu verfügen. Aber lieben Sie denn dieses Haus so sehr, daß Sie daran keine Unvollkommenheiten sehen?«
»Das tue ich«, sagte er. »Für mich ist es ohne Fehler. Nein, mehr noch, ich betrachte es als die einzige Art von Gebäude, in dem man glücklich sein kann; und wäre ich reich genug, würde ich Combe augenblicklich abreißen lassen und es nach dem genauen Plan dieses Landhauses wieder aufbauen.«
»Mit engen, dunklen Treppen und einer Küche voller Rauch, nehme ich an«, sagte Elinor.
»Ja«, rief er in dem gleichen lebhaften Ton, »mit allem und jedem, was dazugehört – an keiner einzigen Annehmlichkeit oder Unbequemlichkeit daran sollte die kleinste Veränderung wahrnehmbar sein. Dann, und nur dann, unter einem solchen Dach, könnte ich in Combe vielleicht ebenso glücklich sein, wie ich es in Barton war.«
»Ich bilde mir ein«, erwiderte Elinor, »daß Sie künftig Ihr eigenes Haus selbst mit dem Nachteil besserer Räume und einer breiteren Treppe ebenso fehlerlos finden werden wie jetzt dieses.«
»Es gibt gewiß Umstände«, sagte Willoughby, »die es mir sehr teuer machen könnten; doch dieser Ort wird immer einen Anspruch auf meine Liebe haben, den ein anderer unmöglich mit ihm teilen kann.«
Mrs. Dashwood blickte voll Freude auf Marianne, deren schöne Augen so ausdrucksvoll auf Willoughby gerichtet waren, daß sie deutlich zeigten, wie gut sie ihn verstand.
»Wie oft habe ich, als ich vor einem Jahr zur gleichen Zeit in Allenham war, gewünscht, daß Barton Cottage bewohnt wäre! Ich bin niemals in Sichtweite daran vorbeigekommen, ohne seine Lage zu bewundern und zu bedauern, daß niemand darin lebte. Wie wenig habe ich zu der Zeit geglaubt, daß die allererste Neuigkeit, die ich bei meinem nächsten Besuch hier von Mrs. Smith hören würde, die Verpachtung von Barton Cottage sein könnte! Und ich empfand augenblickliche |85| Befriedigung und Interesse an diesem Ereignis, was allein eine Art Vorahnung davon, welches Glück ich hier erfahren sollte, erklären kann. Muß es nicht so gewesen sein, Marianne?« sagte er zu ihr mit gesenkter Stimme. Dann fuhr er in seinem vorigen Ton fort: »Und doch wollten Sie das Haus verderben, Mrs. Dashwood! Wollten ihm seine Einfachheit durch eingebildete Verbesserungen nehmen! Und dieses liebe Wohnzimmer, in dem unsere Bekanntschaft begann und in dem wir seitdem so viele glückliche Stunden miteinander verbracht haben, wollten Sie herabwürdigen zu einem ganz gewöhnlichen Eingang; und alle würden diesen Raum nur noch eilig durchqueren, in dem es bisher mehr wirkliche Bequemlichkeit und Behaglichkeit gab,
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