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Verstand und Gefühl

Titel: Verstand und Gefühl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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möglich sein wird, an diesem Abend noch damit fertig zu werden, wenn sie allein daran arbeitet. Ich würde außerordentlich gern dabei mithelfen, wenn sie es mir gestattet.«
    |158| »Ich wäre Ihnen wirklich sehr dankbar für Ihre Hilfe«, rief Lucy, »denn ich stelle fest, daß mehr daran zu tun ist, als ich vermutet hatte; und es wäre ganz schrecklich, wenn die liebe Annamaria schließlich doch noch enttäuscht würde.«
    »Oh, das wäre in der Tat schlimm«, sagte Miss Steele. »Die liebe kleine Seele, ich hab sie ja so lieb!«
    »Sie sind sehr freundlich«, sagte Lady Middleton zu Elinor; »und da Sie die Arbeit wirklich gern machen, ist es Ihnen vielleicht ebenso recht, wenn Sie erst bei einem neuen Rubber einsetzen, oder möchten Sie die Gelegenheit jetzt wahrnehmen?«
    Elinor machte sich erfreut den ersten dieser Vorschläge zunutze, und so kam sie mit ein wenig Geschicklichkeit in ihrem Verhalten, die Marianne niemals anzuwenden geruhte, auch zu ihrem Ziel und stellte gleichzeitig Lady Middleton zufrieden. Lucy machte ihr mit bereitwilliger Aufmerksamkeit Platz, und so saßen die beiden schönen Rivalinnen nun Seite an Seite an dem gleichen Tisch und waren in größter Harmonie damit beschäftigt, die gleiche Arbeit voranzubringen. Das Klavier, an dem Marianne, versunken in ihr eigenes Spiel und ihre eigenen Gedanken, zu dieser Zeit vergessen hatte, daß es noch andere Leute im Raum gab, stand zum Glück so in ihrer Nähe, daß Miss Dashwood meinte, sie könne nun unter dem Schutz der lauten Musik ungefährdet das bedeutungsvolle Thema anschneiden, ohne das Risiko einzugehen, am Kartentisch gehört zu werden.

|159| Kapitel 24
    Mit fester, wenn auch gedämpfter Stimme begann Elinor folgendermaßen.
    »Ich würde das Vertrauen, mit dem Sie mich beehrt haben, nicht verdienen, wenn ich nicht den Wunsch hätte, daß Sie es mir weiterhin schenkten und ich nicht mehr über diese Angelegenheit erfahren wollte. Ich will mich deshalb nicht dafür entschuldigen, daß ich wieder darauf zurückkomme.«
    »Danke«, rief Lucy eifrig, »daß Sie das Eis gebrochen haben; Sie haben mich sehr damit erleichtert, denn ich fürchtete schon, ich hätte Sie vielleicht verletzt mit dem, was ich Ihnen an jenem Montag erzählt habe.«
    »Mich verletzt! Wie konnten Sie das annehmen? Glauben Sie mir« – Elinor sagte dies mit der größten Aufrichtigkeit   –, »nichts könnte mir ferner liegen, als Ihnen zu dieser Idee Anlaß zu geben. Sie konnten doch für dieses Vertrauen kein Motiv haben, das
nicht
ehrenhaft und schmeichelnd für mich war.«
    »Und doch versichere ich Ihnen«, erwiderte Lucy, mit einem vielsagenden Blick in ihren kleinen scharfen Augen, »daß mir in Ihrem Verhalten eine Kälte und ein Mißvergnügen zu liegen schienen, die mich ziemlich beunruhigten. Ich war sicher, daß Sie böse auf mich waren; und ich habe mich die ganze Zeit seitdem über mich selbst geärgert, daß ich mir eine solche Freiheit herausgenommen und Sie mit meinen Angelegenheiten belästigt habe. Aber ich bin sehr froh festzustellen, daß es nur Einbildung war und daß Sie mir wirklich keine Vorwürfe machen. Wenn Sie wüßten, was für ein Trost das für mich war, mein Herz zu erleichtern und mit Ihnen über das sprechen zu können, woran ich jeden Augenblick |160| meines Lebens denke, dann würde Sie Ihr Mitgefühl gewiß über alles andere hinwegsehen lassen.«
    »Aber natürlich kann ich mir gut vorstellen, daß es eine große Erleichterung für Sie war, mir Ihre Lage zu bekennen; und seien Sie versichert, daß Sie niemals Grund haben werden, es zu bereuen. Es ist ein sehr unglücklicher Fall; Sie scheinen mir von Schwierigkeiten umgeben zu sein, und Sie werden Ihre ganze gegenseitige Zuneigung nötig haben, um das durchzustehen. Mr.   Ferrars ist, wie ich glaube, vollkommen von seiner Mutter abhängig.«
    »Er besitzt selbst nur zweitausend Pfund; es wäre Wahnsinn, auf dieser Grundlage zu heiraten, wenngleich ich selbst jede Aussicht auf mehr ohne einen Seufzer aufgeben könnte. Ich war immer schon an ein sehr kleines Einkommen gewöhnt und könnte mit jeglicher Armut um seinetwillen fertigwerden; aber ich liebe ihn zu sehr, um ihn aus selbstsüchtigen Gründen vielleicht all dessen zu berauben, was er von seiner Mutter bekäme, wenn er ihren Wünschen entsprechend heiraten würde. Wir müssen warten, vielleicht viele Jahre. Mit fast jedem anderen Mann in der Welt wäre das eine erschreckende Aussicht; doch Edwards Liebe und Treue

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