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Verstand und Gefühl

Titel: Verstand und Gefühl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Besorgungen zu machen hatte; Mrs.   Jennings und Elinor waren sogleich einverstanden, da sie ebenfalls einige Einkäufe zu machen hatten; und obgleich Marianne es zuerst ablehnte, wurde sie schließlich doch bewogen mitzukommen.
    Wo sie auch hingingen, Marianne hielt offensichtlich ständig nach jemand Ausschau. Besonders in Bond Street, wo sie viel zu erledigen hatten, waren ihre Augen dauernd auf der Suche; und in welchem Geschäft sie sich auch befanden, ihre Gedanken waren nie bei dem, was sie tatsächlich vor Augen hatte und was die anderen interessierte und beschäftigte. Überall ruhelos und unzufrieden, wie sie war, konnte ihre Schwester von ihr niemals eine Meinung über einen zu kaufenden Artikel erhalten, selbst wenn er sie beide gleichermaßen anging; sie hatte an nichts Vergnügen, war nur ungeduldig, wieder nach Hause zu kommen, und konnte nur mit Mühe ihren Ärger über die Weitschweifigkeit Mrs.   Palmers beherrschen, deren Augen von allem angezogen wurden, was hübsch, teuer oder neu war – die wild darauf war, alles zu kaufen, sich zu nichts entschließen konnte und ihre Zeit mit Ausbrüchen des Entzückens und Unentschlossenheit vertrödelte.
    Erst am späten Vormittag kehrten sie schließlich nach Hause zurück; und kaum hatten sie das Haus betreten, als Marianne auch schon ungeduldig nach oben stürmte; und als Elinor ihr folgte, sah sie, wie Marianne sich mit kummervoller Miene vom Tisch abwandte, die besagte, daß kein Willoughby dagewesen war.
    |179| »Ist kein Brief für mich abgegeben worden, seit wir fort waren?« fragte sie den Lakaien, der jetzt mit den Päckchen hereinkam. Er verneinte es. »Ganz bestimmt nicht?« fragte sie. »Sind Sie ganz sicher, daß kein Diener oder Portier einen Brief oder ein Billett für mich gebracht hat?«
    Der Mann erwiderte, daß niemand dagewesen sei.
    »Das ist sehr merkwürdig«, sagte sie mit leiser, enttäuschter Stimme, während sie sich abwandte und zum Fenster ging.
    ›Wirklich sehr merkwürdig!‹ wiederholte Elinor für sich und betrachtete ihre Schwester voller Unruhe. ›Sie hätte ihm doch hier nicht geschrieben, wenn sie ihn nicht mit Sicherheit in der Stadt vermutet hätte; sie hätte sonst nach Combe Magna geschrieben; und wenn er in der Stadt ist, ist es sehr seltsam, daß er weder herkommt noch schreibt! O meine liebe Mutter, es kann nicht recht von dir sein, eine Verlobung zwischen einer so jungen Tochter und einem Mann, von dem man so wenig weiß, in einer so zweifelhaften und mysteriösen Weise weiterbestehen zu lassen! Ich muß unbedingt weiter nachforschen; doch wie wird ein Einmischen von mir aufgenommen werden?‹
    Nach einigem Überlegen beschloß sie, falls die Sache noch längere Zeit einen so unerfreulichen Anschein haben würde wie im Augenblick, ihrer Mutter sehr nachdrücklich die Notwendigkeit vor Augen zu führen, der Sache ernsthaft nachzugehen.
    Mrs.   Palmer und zwei ältere Damen aus Mrs.   Jennings’ näherer Bekanntschaft, die sie am Vormittag getroffen und eingeladen hatte, waren zum Dinner bei ihnen. Die erstere verließ sie bald nach dem Tee, um ihren abendlichen Verpflichtungen nachzukommen; und Elinor war genötigt, für die anderen die Whistrunde zu vervollständigen. Marianne war bei solchen Gelegenheiten von keinerlei Nutzen, da sie nicht bereit war, das Spiel zu erlernen; doch obgleich sie die Zeit dadurch für sich hatte, verschaffte ihr der Abend keineswegs mehr Vergnügen als Elinor, denn sie verbrachte ihn in all der Unruhe der Erwartung und dem Schmerz der Enttäuschung |180| . Von Zeit zu Zeit versuchte sie für ein paar Minuten zu lesen, doch sie warf das Buch bald wieder beiseite und kehrte zu der anregenderen Beschäftigung des Hin- und Herlaufens durch das Zimmer zurück, wobei sie jedesmal, wenn sie zum Fenster kam, einen Augenblick innehielt, in der Hoffnung, das lang erwartete Klopfen zu vernehmen.

|181| Kapitel 27
    »Wenn das frostfreie Wetter noch länger anhält«, sagte Mrs.   Jennings, als sie am folgenden Morgen beim Frühstück zusammenkamen, »möchte Sir John Barton nächste Woche bestimmt noch nicht gern verlassen; es ist eine schlimme Sache für einen Weidmann, auch nur einen Tag seines Vergnügens zu verlieren. Die Ärmsten! Ich bedaure sie dann immer – sie scheinen es sich so zu Herzen zu nehmen.«
    »Das stimmt«, rief Marianne munter und ging dabei zum Fenster, um das Wetter zu prüfen. »Daran hatte ich gar nicht gedacht. Dieses Wetter hält viele Jäger auf dem Lande

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