Versteckt
Innerstes blicken, eine Einladung, die ich dankbar annahm.
»Spaß. Weisheit. Sicherheit. Schöne Sachen. Irgendwann mal Erfolg. Und was Außergewöhnliches, etwas, das mich überrascht. Oder dass ich mich selbst überrasche.«
Ich fragte nicht weiter, sondern sah nur zu, wie sich ihre Augen zu Schlitzen verengten. Plötzlich setzte sie sich auf, so elegant wie eine Katze im Mondlicht. »Willenskraft ist mir wichtig. Macht. «
9
»Wie läuft’s mit deinen reichen Freunden, du Hengst?«
Rafferty saß auf seinem Stammplatz in der Ecke der Bar unter der alten, schief aufgehängten Kopie eines Gemäldes von Frederic Remington. Von seinem Platz aus konnte man den Raum bis zur Jukebox überblicken und jeden sehen, der kam oder ging. Die Uhr an der Wand zeigte Viertel nach fünf.
»Da herrscht gerade dicke Luft.«
Ich erzählte ihm von dem Vorfall mit Steven und Casey. Er schüttelte den Kopf und grinste.
»Dazu fällt mir nur ein Zitat aus einem Film mit Warren Oates ein: ›Weiber. Wenn sie keine Muschis hätten, müsste man ein Kopfgeld auf sie aussetzen.‹« Er nahm einen Schluck Bier. »Und was geht dich das Ganze an?«
»Ziemlich viel, schätze ich.«
»Du solltest das Pferd wechseln, Mann. Die Blondine sieht aus, als wär sie leicht rumzukriegen.«
»Ist sie wahrscheinlich auch.«
»Aber du willst nicht, oder?«
»Nein.«
Ich bestellte mir bei Hank McCarty, dem Barkeeper, einen Scotch und ein Bier. Er brachte mir beides rüber. An meinen Händen klebte noch feines hellbraunes Sägemehl von der Mühle. Als ich das feuchte Glas nahm, verwandelte es sich in schmutziges Mahagoni.
»Jetzt überleg doch mal, was du tust, Danny Boy. Was zum Teufel soll das denn werden? Willst du sie heiraten oder was? Willst du mit ihr im September nach Boston fahren, oder wo sie zur Uni geht, und in der Fabrik arbeiten, während sie ihren Abschluss macht? Worüber machst du dir Sorgen? Fick sie, hab deinen Spaß mit ihr, und dann lass sie ziehen.«
»Stimmt schon.«
»Hey, das ist mein Ernst.«
»Hör mal, George, ich hab mir das noch nicht so genau überlegt, okay? Manche Dinge passieren einfach. Du weißt schon.«
Er wirkte verärgert. »Ja, oder sie passieren eben nicht.«
Ich wollte mich nicht mit ihm streiten. Außerdem hatte er höchstwahrscheinlich recht. Wenn es um Casey ging, rannte ich mit Scheuklappen durch die Gegend – ohne Blick für die Vergangenheit oder die Zukunft, die Augen nur auf die Gegenwart gerichtet. Oder so lange der Sommer eben dauerte. Was ja auch völlig in Ordnung ging – hätte ich die Gewissheit gehabt, dass es nichts für die Ewigkeit war. Dann hätte ich mich auf die Trennung vorbereiten und weiterziehen können.
Aber so war es nicht. Mir war sehr wohl bewusst, dass ich mir damit nur etwas vormachte – ich war kurz davor, mich so richtig in diese Frau zu verlieben, dabei kannte ich nur ihren Körper und wusste nicht viel mehr über sie, als ich mir in diesen paar Wochen hatte zusammenreimen können. Und manches davon gefiel mir gar nicht. Worauf ließ ich mich da ein? Sie war reich, verdammt noch mal. Ich war ihr Sommerspielzeug. Und manchmal ging ich mir ja sogar selbst auf den Wecker.
Das alles erschien mir ein ausreichender Vorwand, um mich zu besaufen. Ich bestellte noch eine Runde.
»Richtig, lass es krachen. Dann fühlst du dich besser.«
»George, tust du mir einen Gefallen?«
»Klar.«
»Wenn sie jemals mich von einer Klippe schubsen sollte, dann musst du sie windelweich prügeln.«
»Mit Vergnügen.«
Wir tranken unser Bier. Das Caribou füllte sich langsam mit der Feierabendmeute, immer eine interessante Mischung. Jeans, dreckige T-Shirts, Overalls, Geschäftsanzüge aus dem Sears-Katalog. Hier trafen sich Vertreter, Fischer, Arbeiter und sogar ein paar Frauen. Alle möglichen Leute. Es war nicht wie in der Großstadt, wo sich die verschiedenen Schichten auch in verschiedenen Bars treffen. Dafür gab es insgesamt einfach nicht genug Gäste. Das Nachtleben war wohl das Demokratischste an Dead River.
»Jim Palmer war gestern hier. Wir haben über dich geredet.«
»Über mich? Ich kenne ihn doch kaum.«
»Na ja, nicht direkt über dich. Ich hab ihm erzählt, dass dein Kumpel ein Licht im alten Crouch-Haus gesehen hat. Jimmy hat es damals renoviert, weißt du noch? Jedenfalls hat er gesagt, dass da zurzeit niemand wohnt. Also waren es wohl doch ein paar Kinder.«
»Wahrscheinlich.«
»Ich hab noch mehr rausgefunden.«
»Nämlich?«
Er lehnte sich in seinem
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