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Versteckt

Versteckt

Titel: Versteckt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Ketchum
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willst du jetzt auf der Rückfahrt anziehen?«
    Kim kicherte. »Mach dir darüber mal keine Gedanken. Mach dir lieber Gedanken, was du zum Anziehen hast!«
    Hinter uns entstand ein kleines Handgemenge.
    Einige Augenblicke später konnte man beobachten, wie Caseys Arbeitshemd durch die Luft flog und auf einem Rohrkolben am Straßenrand landete.
    Jetzt hatten wir also zwei halb nackte Mädchen im Auto. Die Straße vor uns war verlassen. Hinter uns auch. Trotzdem tauchten vor meinem inneren Auge Streifenwagen auf, Polizisten, die uns spöttisch anglotzten. Die Mädchen mussten so heftig lachen, dass sie rot anliefen.
    »Heilige Scheiße! «, meinte Steven.
    Der Wagen schlingerte und kam ruckartig zum Stehen. Steven öffnete den Reißverschluss und schob erst das eine, dann das andere Hosenbein über seine Turnschuhe. Es dauerte eine Weile, bis er sich daraus befreit hatte. Zum Glück trug er eine Unterhose.
    Er legte Geldbeutel, Gürtel und Hausschlüssel sorgfältig auf den Sitz, reichte mir eine Handvoll Kleingeld und warf die Hose nach hinten aus dem Auto. Dann sah er mich an.
    »Jetzt bist du dran.«
    »Lieber nicht.«
    »Nun mach schon.«
    Ich versuchte, so ernst wie möglich zu wirken. »Ich will nicht, dass die Leute meinen Katheter sehen.«
    Ohne weitere Vorkommnisse erreichten wir unseren Kiesstrand und verzehrten das gestohlene Mittagsbuffet.
    »Manchmal hätte ich gerne einfach nur ein Schinkenbrot«, sagte ich.
    Steven nickte. »Ja, ich muss mit dem Stehlen aufhören.«
    Kim wollte gerade in einen mit Käse belegten Cracker beißen, als sie innehielt, erst uns und dann sich selbst ansah.
    »Wie sollen wir denn jetzt nach Hause kommen?«, fragte sie.
    Ich lachte so laut, dass mir der Kaviar aus dem Mund fiel.
    Dann wurde der Tag so richtig beschissen.
    Ich lag auf dem Rücken, döste vor mich hin und ließ mich von der Sonne braten. Inzwischen war mein Hintern so braun wie der Rest meines Körpers. Wenn ich mit den anderen zusammen war, warf ich alle Vorsicht und alle Scham über Bord. Kim saß neben mir auf einem Handtuch und rieb ihre Arme und Schultern mit Sonnenöl ein. Plötzlich schrie Steven auf, und Kim schnappte laut nach Luft. Beide klangen ziemlich erschrocken.
    Im Nu war ich auf den Beinen, während Kim immer noch verdutzt dreinsah.
    Ich kapierte mehr oder weniger sofort, was los war.
    Steven und Casey hatten auf der mit Muschel- und Krebsschalen bedeckten Schiefersäule gestanden, auf die wir bei unserem ersten Besuch hier geklettert waren. Jetzt war Casey alleine da oben und sah auf Steven herab. Etwas in ihrer Haltung verriet, dass sie keine Angst hatte, sondern wütend war.
    Steven versuchte aufzustehen.
    Irgendwie schienen ihm seine Arme und Beine nicht so recht zu gehorchen. Ich machte mir weniger Sorgen, dass er sich etwas gebrochen hatte, als dass er eine Gehirnerschütterung erlitten hatte.
    Ich rannte los und spürte Kim nur ein paar Schritte hinter mir. Als ich ihn erreichte, versuchte er noch einmal, sich aufzurichten. Sein Oberkörper fiel wieder auf den Kies zurück, was sehr schmerzhaft sein musste. Die Luft wurde aus seiner Lunge gepresst, sonst machte er kein Geräusch. Ich hörte unsere Schritte, dieses tiefe Ausatmen und das Geschrei der Möwen. Mehr nicht. Ein seltsames, stilles Chaos.
    Ich ging neben ihm in die Hocke und legte meinen Arm auf seinen Rücken, um ihn zu stützen.
    »Ruhig. Ganz ruhig.«
    Er sah mich mit glasigen Augen an. Direkt über dem rechten Auge hatte er eine Schramme auf der Stirn. Das würde eine Beule geben, war aber nicht weiter schlimm. Er blutete leicht, und ich suchte seinen Kopf nach einer größeren Verletzung ab. Nichts. Wahrscheinlich stand er nur unter Schock. Ich war sehr erleichtert.
    Kim ging ebenfalls in die Hocke. Sie sah nach links, und wieder sog sie hörbar die Luft ein und verzog angewidert das Gesicht. Da bemerkte ich es ebenfalls. Sein linker Arm stand im rechten Winkel ab, das Handgelenk baumelte daran herunter. Aus einem tiefen Schnitt im Daumenballen quoll Blut, und ein etwa fünf Zentimeter langer Hautlappen hatte sich gelöst und lag aufgeklappt auf seiner Handfläche.
    »Hol irgendwas, das wir auf die Wunde drücken können. Wir müssen die Blutung stillen. Schnell.«
    Seine Augen wirkten nun etwas klarer, aber er war noch immer leichenblass. Er würde es überleben. Mit einem Ausdruck blanker Verwunderung versuchte er, etwas zu sagen.
    »Sie … sie hat mich geschubst …«
    Ich sah zu ihr hoch. Casey stand noch immer an

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