Versteckt
nickte. »Und an die Geschichte.«
Auf dem Nachhauseweg genehmigten wir uns noch einen Drink im Caribou. Hank bediente uns persönlich. Ich glaube, er wusste genau, dass die anderen zu jung waren, um Alkohol trinken zu dürfen, aber er brauchte anscheinend das Geld.
Es war noch früh, und die Feierabendgäste würden erst später eintrudeln. Wir hatten die Kneipe praktisch für uns. Steven wählte Jerry Lee und Elvis auf der Jukebox, und wir bestellten das Übliche – Bier und Scotch für mich, Bloody Marys für Casey und Steven und einen Tequila Sunrise für Kimberley. Wir tranken aus und bestellten die nächste Runde, und da fing der Ärger an.
Eigentlich wollten wir an diesem Abend nach Lubec fahren, um uns eine Band anzuhören, die Kim ganz gut fand. Steven und ich waren einverstanden, Casey dagegen noch unentschlossen. Wie sich herausstellte, lief zur selben Zeit in Trescott ein Film, den sie sich ansehen wollte. Mir war es einerlei, doch Steven wurde sauer.
»Ganz wie du willst, Casey. Ich bin gar nicht da.«
Sie ließ die Eiswürfel in ihrer Bloody Mary klimpern und schien seine Ironie nicht zu bemerken.
»Na gut.«
»Du siehst dir den Film an, und wir gehen zu dem Konzert.«
»Alles klar.«
»Und du, Dan?«
Er richtete wieder den Finger auf mich, was ziemlich lustig aussah, weil er noch den Verband an der Hand hatte. Ich traute mich aber nicht zu lachen. »Dann komm ich mit ins Kino«, sagte ich ernst.
»Wie du meinst.«
Er würde jetzt die nächsten zehn Minuten über die beleidigte Leberwurst spielen. Obwohl sein Glas noch halb voll war, stand er auf.
»Setz dich, Steven«, sagte Kimberley. »Wir können doch morgen was zusammen unternehmen. Reg dich nicht auf.«
Doch er wollte davon nichts hören und war wirklich kurz davor, aus der Kneipe zu stürmen. Das war Teil der Show. Er hatte ständig den Drang, sich zu beweisen, war besitzergreifend und manchmal schlichtweg dämlich. Morgen wäre alles wieder vergessen. Wenn er sich mit Casey auf solche Psychoduelle einließ, zog er regelmäßig den Kürzeren. Ich fragte mich, wieso er es trotzdem jedes Mal aufs Neue versuchte.
Schließlich setzte er sich und trank aus. Dann verließ er ohne ein weiteres Wort oder ein Lächeln die Kneipe. Ich wandte mich Kimberley zu.
»Geht das jetzt den ganzen Abend so? Dann solltest du besser mit uns fahren.«
»Nein, der kriegt sich schon wieder ein. Er geht nur mal frische Luft schnappen. Außerdem wollte ich unbedingt die Band sehen, schon vergessen?«
Casey aß mit ihren Eltern zu Abend. Ich ging ins Diner und bestellte mir einen der Gummilappen, die sie dort unter der Bezeichnung »Steak« verkauften. Danach fuhr ich zu ihr und wartete vor dem Haus. Ich betrat es nur, wenn es sich nicht vermeiden ließ. Caseys Mutter hatte ich erst ein paarmal getroffen, und es war ihr sichtlich unangenehm gewesen. Wahrscheinlich glaubte sie, dass ich einen schlechten Einfluss auf ihre Tochter ausübte. Sie war eine nervöse, farblose Person, die ich nicht besonders gut leiden konnte. Vom Aussehen her kam Casey ganz nach ihrem Vater, und was den anging – der wiederum machte mich nervös.
Und ich wollte herausfinden, warum.
Auf der Straße war es so still, dass man fast hören konnte, wie sich die Dämmerung einer Nebelbank gleich über den Himmel senkte. Die Grillen zirpten. Ein paar Häuser weiter ließ jemand eine Pfanne fallen. Von irgendwoher ertönte Kindergeschrei, dann rief eine Mutter ihren Sprössling zum Abendessen.
Casey war spät dran.
Kurz darauf drangen wütende Stimmen aus ihrem Haus. Ich wusste bereits, dass es keine besonders glückliche Familie war, doch streiten hatte ich sie bisher noch nie gehört.
Ich sah auf die Uhr. Zehn nach sieben. Der Film fing um acht Uhr an, und wir brauchten etwa eine halbe Stunde nach Trescott. Das würde knapp, doch noch konnten wir es schaffen.
Ich wartete. Das machte mir nichts aus. Ich wollte noch nicht mal Radio hören. In Dead River war es abends immer angenehm ruhig, das gefiel mir. Zumindest ein Pluspunkt. Als würde sich gemeinsam mit der Erde auch der Verstand abkühlen. Diese Sommerabende machten fast die Winternächte wett, in denen man frierend zu Hause sitzen musste. Man spürte geradezu, wie die Sterne am Himmel erschienen, ohne sie tatsächlich zu sehen.
Ich lehnte mich im Sitz zurück und döste vor mich hin.
Und schreckte auf, als ich eine Tür knallen hörte.
Auf der Veranda brannte kein Licht, daher konnte ich ihr Gesicht nicht sehen, während
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