Versteckt
ich den Geruch von Farbe oder Lack wahr, ohne seine Quelle ausmachen zu können, bis Kim unter den Tisch leuchtete. Dort stapelten sich unzählige Farbeimer. Manche waren umgefallen. Der Inhalt war getrocknet und hatte das ganze Arrangement zu einer bizarren Skulptur verklebt.
Und es roch noch nach etwas anderem, etwas, das ich nicht genau benennen konnte.
Kim richtete sich auf. »Ordnungsfanatiker waren das nicht«, sagte sie.
»Wohl kaum.«
Weiter hinten wurde es noch schlimmer. Hier stapelte sich das Gerümpel von Generationen, unter anderem auch eine große Standuhr. Das Glas vor dem Zifferblatt war zerbrochen, als hätte jemand mit einem Vorschlaghammer darauf eingeschlagen. Die Mechanik war aus dem doppeltürigen Kasten gefallen. Das Gehäuse selbst war verstaubt, sonst aber in gutem Zustand. Daneben lehnte ein alter Blechwaschzuber an der Wand, in dem man bequem hätte baden können, wäre der Boden nicht völlig durchgerostet gewesen.
Außerdem lagen überall Geräte zur Feldarbeit herum. Offenbar war nicht viel verloren gegangen, als der Schuppen abgebrannt war, denn hier gab es reichlich Werkzeug: ein Spaten mit zerbrochenem Griff, Hacken, Rechen, ein paar Mistgabeln mit verbogenen oder abgebrochenen Zinken. In einer Ecke reichte der Schrott fast bis zur Mitte der Wand hinauf – Schaufeln, ein altes Pferdegeschirr, Hufeisen, Eimer voll mit Nägeln, Schlüsseln und Türgriffen, ein Reibebrett, Schlösser, Fensterrahmen, ein mit Nieten besetztes Hundehalsband, Töpfe und Pfannen, ein Gewehrkolben, Räder ohne Felgen, zwei Glätteisen, eine Peitsche, Gürtelschnallen, Arbeitshandschuhe, Messer und eine Axt mit stumpfer, schar tiger Klinge. Alles Dinge, denen man lieber nicht zu nahe kommen wollte.
»Da sind ein paar echte Antiquitäten bei«, sagte Kim.
»Alles Schrott«, sagte Steven.
»Nein, guck doch mal. Komisch, dass sich das Zeug noch niemand unter den Nagel gerissen hat.«
»Wahrscheinlich, weil’s hier so stinkt.«
Und da hatte er recht. Hier hinten war der Gestank noch viel schlimmer.
»Ich halt’s hier jedenfalls nicht mehr länger aus.«
Er ging zur Treppe. Ich hatte genug gesehen und folgte ihm. Als wir oben angekommen waren, stürzten wir zum Fenster und sogen die kühle Nachtluft in unsere Lungen.
Meiner Meinung nach war der Keller das ideale Versteck – sofern man es lange genug dort aushielt. Ich für meinen Teil war mir diesbezüglich gar nicht so sicher. Vielleicht gab es ja im ersten Stock noch einen besseren – und saubereren – Platz.
Kim und Casey folgten uns nach oben. Kim wischte sich nervös die Spinnweben vom Hemd. Casey schien sich pudelwohl zu fühlen.
»Ich finde, das Haus hat Charakter.«
Steven sah sie säuerlich an. »Und ich finde, hier stinkt’s.«
»Versuchen wir’s mal oben.«
»Verflucht«, sagte ich.
»Was ist denn?«
»Ich wollte doch nach dem Loch in der Kellerwand suchen, von dem ich euch erzählt habe. Das sie zugemauert haben. Hab ich ganz vergessen.«
»Das kannst du später auch noch machen. Gehen wir erst mal nach oben.«
Irgendwann mussten Bilder an der cremefarbenen Wand des Treppenhauses gehangen haben. Man konnte noch die hellen Umrisse erkennen – leere Fenster, die ins Nichts führten.
Nur wenige Schritte vom Ende der Treppe entfernt befand sich eine Falltür in der Flurdecke. Ich machte die anderen darauf aufmerksam. »Der Speicher. Da kommen wir nicht ran.«
»Ich geh da sowieso nicht rauf«, sagte Kim.
Casey dachte nach. »Wir brauchen einen Stuhl oder so.«
Mir fiel der Stuhl im Wohnzimmer ein, was ich allerdings lieber für mich behielt.
»Okay. Der Dachboden gilt nicht.«
»Prima.«
Wir gingen den engen, kurzen Flur bis zur Vorderseite des Hauses entlang. Kim öffnete eine Tür zu ihrer Linken. »Das Schlafzimmer.«
Wir traten ein. Auf dem Boden lag eine alte, verdreckte Sprungfedermatratze, hinter der die Einzelteile eines zerlegten billigen Holzbettgestells fein säuberlich aufgestapelt waren. Eine Keramiktischlampe ohne Schirm stand vor dem Fenster. Es war ein großer Raum, der sich über die gesamte Länge des Hauses zog. Steven öffnete die Tür zum Wandschrank.
Eine aufgeschreckte Maus rannte verwirrt herum und verschwand schließlich in einem Loch in der Fußleiste.
Bis auf ein Dutzend Drahtkleiderbügel und eine Tapetenrolle mit einem ähnlich hässlichen Muster wie in der Küche war der Schrank leer.
Ich spähte aus dem Fenster und suchte nach dem Auto. Es war nirgendwo zu sehen. Das Mondlicht tauchte
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