Versteckt
Taschenlampe auf das Loch in der Wand. Sobald ich es sah, kochte die Wut wieder in mir hoch. Ich packte Steven im Genick und drückte seinen Kopf vor das Loch.
»Riechst du das?«, zischte ich. »Riechst du das etwa nicht, verdammte Scheiße? Da drin. Da drin hab ich ihre Tasche gefunden. Sie ist da drin. Findest du das lustig? Glaubst du, das ist ein Streich? «
Ich bemerkte, wie etwas seine Wange hinunterrollte. »Dan, ich …«
Ich ließ ihn los. Er wandte sich ab. Ich hatte ihn tief verletzt. Er wischte sich über die Augen, und ich fühlte mich fantastisch. Wie ein Schläger auf dem Schulhof, der kleine Kinder drangsaliert.
Kim zwängte sich zwischen uns und sah mir ins Gesicht.
»Seid ihr jetzt fertig?«
Ihre Stimme klang eiskalt. Was einerseits gut, andererseits auch schlecht für mich war. Meine Scham war so groß wie die vorhergehende Wut. Steven hatte nichts besonders Dummes oder Unpassendes gesagt. Von seinem Standpunkt aus jedenfalls nicht. Wäre die Lage anders gewesen, hätte es tatsächlich einer von Caseys üblichen Streichen gewesen sein können. Ich durfte ihm keinen Vorwurf machen, nur weil er glauben wollte, dass es sich diesmal genauso verhielt. Er war nicht in diesem Tunnel gewesen. Er hatte keine Ahnung.
»Dan … ich … ich wollte doch nur …«
»Es tut mir leid, Steven. Ich hatte Angst, mehr nicht.«
Er hörte auf zu stottern.
»Ich werde dir helfen. Nur …«
»Nur ist er nicht ganz so blöd wie du, Daniel. Mal angenommen, du hast recht, und da ist wirklich irgendjemand oder irgendwas drin. Und angenommen, wir gehen rein, und es ist zu groß, als dass wir es mit drei rostigen Messern fertigmachen könnten. Was dann? Tut mir leid, Casey, wir haben’s versucht? Das reicht nicht, Daniel. Damit bringst du Casey und auch uns in Gefahr.«
Ich sah sie an. Jede weitere Entschuldigung war überflüssig, sie hatten verstanden. Es waren anständige Menschen, und sie begriffen, wie ich mich fühlte.
»Pass auf«, sagte sie. Ihre Stimme klang jetzt ruhiger. »Ich könnte zum Auto laufen und die Polizei holen. Du und Steven, ihr bleibt hier und tut, was ihr könnt. Autofahren kann ich genauso schnell wie ihr. Außerdem bin ich wahrscheinlich viel überzeugender, wenn’s drauf ankommt. Dieses Loch gefällt mir nicht. Überhaupt nicht. Ich finde, ihr solltet da nicht reingehen.«
»Aber wir müssen.«
»Was sollen wir denn sonst tun?«, fragte Steven.
»Bleibt hier, für den Fall, dass sie rauskommt. Spielt bloß nicht die Helden, um Himmels willen. Versprecht mir, dass ihr keine Dummheiten macht.«
»Aber wenn sie …«
»Aber GAR NICHTS ! Du weißt nicht, was da drin ist. Vielleicht ist sie auch verschüttet oder so. Mein Gott, können wir jetzt mal aufhören zu diskutieren? Das ist doch Zeitverschwendung.«
»Okay«, sagte ich. »Geh.«
»Versprecht es mir.«
Steven zögerte und sah mich an. Ich nickte.
»Also gut«, sagte er. »Versprochen.«
»Dan?«
»Wir warten hier. Du kennst den Weg? Findest du zum Auto zurück?«
»Bin schon unterwegs.«
Ich leuchtete ihr den Weg zur Treppe, sah ihr nach, als sie die Stufen hinauflief und um die Ecke in die Küche bog. Einen Augenblick später hörten wir, wie die Vordertür geöffnet wurde und wieder ins Schloss fiel.
Dann war alles ruhig.
»Tut mir leid, Steven. Ehrlich.«
»Schon in Ordnung. Ich … ich hab auch Angst um sie.«
Wir standen da und lauschten nach dem kleinsten Geräusch aus dem Tunnel. Nach etwas, das wie eine Frau klang. Nach irgendeinem Lebenszeichen.
Nichts.
Es schienen Stunden zu vergehen, obwohl mir mein Verstand sagte, dass es gar nicht so lange war, dass es mir nur so vorkam, weil wir untätig herumstanden und darauf warteten, dass sich unser Herzschlag wieder normalisierte. Wir starrten in die dunklen Ecken, sahen überall nur Casey.
Kim hielt Wort. Wir hörten, wie der Motor ansprang, dann drückte sie zweimal lange auf die Hupe. Es klang sehr weit entfernt.
»Was sollen wir denn jetzt tun?«, fragte Steven.
»Was willst du denn tun?«
Er starrte mich einen Augenblick lang an, dann fletschte er die Zähne – ein besseres Lächeln brachte er nicht zustande. Ich lächelte genauso misslungen zurück. Wahrscheinlich sahen wir aus wie zwei Wölfe beim Revierkampf.
»Wir können doch nicht einfach nur hier rumsitzen«, sagte er.
»Das finde ich auch.«
»Sie braucht eine halbe Stunde, bis sie in der Stadt ist.«
»Zwanzig Minuten, wenn sie auf die Tube drückt. Was meinst du?«
»Sollen wir mal
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