Verstohlene Blicke - Erotischer Roman
dass euch so eine enge Freundschaft verbindet«, begann Evelyn nach einer Weile erneut.
Katrin ließ nur ein »Hm« hören.
»Na ja, ich meine, in der heutigen Zeit ist das ja nicht mehr selbstverständlich. Wo keiner mehr Zeit hat und jeder nur an sich denkt.«
Tauschen wir jetzt Allgemeinplätze aus, oder was?
»Damals, als wir noch zur Schule gingen, waren wir auch unzertrennlich. Ich war quasi bei Linda und ihren Eltern zu Hause. Ihre Mutter war sehr nett und hat mich wie eine eigene Tochter behandelt.«
Too much information. Was glaubt sie eigentlich, warum mich das interessieren sollte?
»Wahrscheinlich habe ich ihr leidgetan. Meine Mutter ist ja gestorben, da war ich erst zwölf. Und mein Vater, na ja, war nicht gerade das, was man unter einem liebevollen Vater versteht.«
Soll ich jetzt Mitleid haben? Katrin fühlte sich zunehmend unwohl. Sie atmete auf, als sich eine Frau auf das Fahrrad neben Evelyn setzte, sodass jetzt eine direkte Unterhaltung nicht mehr möglich war.
Katrin tat, als läse sie interessiert einen Artikel in der Frauenzeitschrift, ihr Blick glitt jedoch nur mechanisch über die Zeilen. Sie nahm nichts von dem auf, was sie las. In ihrem Kopf geisterte die ganze Zeit nur der Gedanke an Linda und Cordula herum, wie sie sich ohne sie trafen und über Dinge redeten, von denen Katrin nichts wusste. Sie schlossen sie aus. Doch warum? Hatte sie sich in der letzten Zeit irgendwas zuschulden kommen lassen? Oder ging das schon länger, und sie war erst jetzt durch Zufall darauf gestoßen? Sie führte sich ihre letzten Treffen vor Augen und suchte nach Zeichen, die sie bis jetzt übersehen oder falsch gedeutet hatte. War das vielleicht der Grund dafür, dass Cordula häufig nicht mit ihr gemeinsam die Wohnung von Linda verlassen hatte? Waren die beiden, nachdem sie gegangen war, über sie hergezogen? War sie nur noch ein auf Zeit geduldeter Gast, den man nur deshalb nicht loswurde, weil er sich alte Rechte erworben hatte? Gewohnheitsrechte? Sie würde den beiden nicht im Weg stehen, wenn sie störte. Sie hatte sich noch nie irgendwo aufgedrängt. Sicher würden sie auch lieber ohne sie in dieses Wellnesshotel fahren. Hatten die beiden nicht sofort einen gemeinsamen Termin gefunden, obwohl Katrin noch nicht wusste, ob sie ebenfalls an diesem Wochenende können würde? In Zukunft werde ich ganz genau hinsehen! Ich kann auch gut ohne die beiden leben. Schließlich habe ich, im Gegensatz zu ihnen, eine Familie, die mir Halt gibt.
Warum nur überzeugte sie dieses Argument so wenig?
Liebevoll. Was für ein Hohn! Solch ein Wort in Zusammenhang mit meinem Alten. Auch wenn ich es negiert habe. Wenn ich damals nicht Linda und ihre Mutter gehabt hätte, zu der ich mich jederzeit habe verziehen können, ich hätte entweder meinen Vater oder mich selbst umgebracht. Nachdem meine Mutter gestorben war, hat er gemeint, ich sei nicht nur Ersatz für sie als Putzfrau und Köchin, nein, er meinte ernsthaft, er könne mich jetzt statt ihrer ins Bett holen. Und wie oft er das versucht hat! Nicht immer konnte ich ihn abwehren. Nicht immer bei Linda übernachten. Dieses Schwein, ich wünschte, ich hätte ihn tatsächlich umgebracht. Dann hätte ich wenigstens jetzt eine Genugtuung. Die Genugtuung, dass er seine gerechte Strafe bekommen hat. Und dann würde er nicht jetzt ständig auf mich lauern. Mich unter Druck setzen mit dem einzigen Mittel, das er gegen mich in der Hand hat. Wie soll ich da bloß wieder rauskommen?
Cordula
Schon wieder hatte sie dieses Gefühl, als sie die Tiefgarage betrat. Als ob sie beobachtet würde. Als ob hinter einem dieser vielen Pfeiler jemand lauerte, der jeden ihrer Schritte überwachte. Quatsch! Wer soll denn das sein? Und warum? Doch das Gefühl war zu stark. Cordula schaffte es nicht, ohne sich umzuschauen, zu ihrem Wagen zu gehen.
Sie würde sich gleich heute ein Pfefferspray besorgen. Und sich für einen dieser Selbstverteidigungskurse anmelden. Vielleicht hatten ja Linda und Katrin Lust, mitzugehen? Dann könnten sie mal wieder was zusammen unternehmen. Katrin hatte sich in letzter Zeit rargemacht. Die vorgeschlagenen Termine für ihr Wellnesswochenende hatten ihr alle nicht gepasst, sodass sie das Vorhaben zunächst auf unbestimmte Zeit verschoben hatten.
Cordula konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass Katrin ihre Gesellschaft mied. Was war nur los mit ihr? Hatte sie Probleme in der Familie? War Bernd gar hinter ihren kleinen Seitensprung gekommen? Nein, das hätte
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