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Verstoßen: Thriller (German Edition)

Verstoßen: Thriller (German Edition)

Titel: Verstoßen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Esther Verhoef , Berry Escober
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würden das Gehör und der Tastsinn automatisch schärfer, wenn die Sicht ausfiel.
    Man hört plötzlich alles.
    Nichts sieht aus wie immer.
    Die Nacht fühlt sich anders an.
    Unsicher blickte Walter zu dem Haus hinüber, das sich dunkel und bedrohlich gegen den Nachthimmel abhob. Die Rückseite, mit der amerikanisch aussehenden Veranda aus weißem
Holz, die Küche und der Wintergarten. Wie viele Abende hatte er dort gesessen, sich haltlos betrunken und in langen, warmen Sommernächten seinen Rausch auf dieser Veranda ausgeschlafen?
    Die gute alte Zeit.
    Jetzt schien niemand zu Hause zu sein. Oder vielleicht schlief Geran schon.
    Sein Fuß stieß gegen etwas Hartes. Ein Geruch von fauligen Algen und Unrat stieg ihm in die Nase. Hier musste der Rand des Schwimmbads sein. Er schlurfte weiter. Gestrüpp und Unkraut raschelten ihm um die Beine. Alle paar Schritte blieb er stehen, um sich zu orientieren. Eine Taschenlampe hatte er gar nicht dabei, weil er Vorübergehende nicht alarmieren wollte.
    Er kam sich vor wie ein Schauspieler in der Verfilmung von Stephen Kings Friedhof der Kuscheltiere .
    Nur dass in diesem Garten kein Tier begraben lag.
    Unwirklich war das, was er gleich tun würde. Sein Gehirn konnte es kaum begreifen. Er hatte keine Ahnung, wie es aussehen würde, zwanzig Jahre nach jener abscheulichen Nacht, in der Dinge geschehen waren, die nie hätten geschehen dürfen.
    Das Schwimmbad lag nun in seinem Rücken. Statt nach Algen roch es jetzt nach Tannennadeln und feuchtem Waldboden. Rundum ragten alte Bäume mit dicken, unregelmäßigen Stämmen auf. Ein paar Birken glitzerten sanft im Mondschein.
    Er ging noch etwa zehn Meter weiter, bis er eine freie Fläche von etwa hundert Quadratmetern erreicht hatte. Er befand sich jetzt hinter dem Schwimmbad und rechts vom Atelier. Das Herz schlug ihm bis zum Hals.
    Sie hatten damals keine Markierungen angebracht. Es war begraben, um zu vergessen. Aber jetzt kehrte alles zurück, als hätte es die zwanzig Jahre nie gegeben: die Panik, das Zischeln und Flüstern, die Anspannung.
    Und den Ort.
    Er schaute zu Boden und meinte, noch vage die Ränder der Beete zu erkennen, die sich früher hier befunden hatten. Jetzt war alles mit Unkraut und Ranken überwuchert. Er blickte um sich. Die Weißbirke mit dem krummen Stamm war kräftig gewachsen, ihr Stamm war dicker geworden und bog sich unter dem Gewicht der Krone noch mehr durch als früher. Aber es war derselbe Baum.
    Ja, hier war es. Genau hier.
    Das Herz pochte unregelmäßig in seiner Brust. Er zog etwas Gestrüpp beiseite. Stieß die Schaufel in den Boden, den Fuß auf die Oberkante des Metalls gestemmt. Drückte das Schaufelblatt noch ein Stück tiefer ins Erdreich. Arbeitete entschlossen weiter. Wischte sich zwischendurch mit dem Ärmel die Stirn ab. Unterbrach die Arbeit gelegentlich, um zu lauschen und sich umzusehen. Fuhr dann fort.
    Bis er einen Widerstand spürte. Einen spröden Widerstand an der Kante des Schaufelblatts, in etwa sechzig Zentimetern Tiefe. Er kniete sich hin und wühlte sich mit den Händen durch die Erde, in der Erwartung, auf die verholzten Wurzeln eines Baums oder Strauchs zu stoßen. Räumte ein paar biegsame Triebe und Zweige aus dem Weg. Hielt den Atem an.
    Mit seinen feinfühligen Fingerspitzen ertastete er etwas, das weder pflanzlich noch holzig war. Es war hart. Es war rund.
    Er erstarrte. Die Begegnung wurde ihm zu viel. Er musste sich zusammenreißen, um nicht laut aufzuschreien.
    Was tat er hier?
    Schnell schaufelte er mit den Händen die Erde in das Loch zurück, stand auf und lief strauchelnd davon.

11
    Sven saß Maier gegenüber im Wohnzimmer und wühlte in einer Tasche. Er holte eine Pistole heraus und legte sie auf den Couchtisch. Sie sah gebraucht aus: Dellen und Kratzer. Schwarz und etwa zwanzig Zentimeter lang, vielleicht ein wenig kürzer. Schraubgewinde auf dem Lauf.
    »Eine Glock21, Kaliber .45«, sagte Sven. »Die einzige Waffe mit Schalldämpfer, die auf die Schnelle zu haben war.«
    Maier wendete die Waffe in der Hand. Nicht gerade eine Schönheit. Das einfache, funktionale Design erinnerte ihn zwar entfernt an seine alte HK Mark23. Aber die war um einiges schwerer gewesen. Das lag daran, dass der österreichische Glock-Fabrikant bestimmte Einzelteile nicht aus Metall, sondern aus schlagfestem Kunststoff verfertigt hatte. Das verschaffte der Waffe bei ihrer Einführung 1980 den Spitznamen »Plastikpistole«. Woraufhin es eine weltweite Aufregung gegeben hatte, weil

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