Verstrickung des Herzens

Wachtposten salutierten vor dem Colonel, der seine Tochter zum Fluß hinabzerrte. Dort wehte der Wind die Stimmen davon, so daß sie nicht ins Camp drangen.
    »Misch dich nie wieder in meine Angelegenheiten ein, Teela!«
    »Du hast den Männern befohlen, Kinder zu ermorden!«
    Gellend schrie sie auf, als er ihr ins Gesicht schlug. Sie taumelte an den schlammigen Wasserrand. »Was weißt du schon von diesem Krieg, von Recht und Unrecht? Du weißt nur, was dir dein Freund eingeredet hat, dieses verdammte Halbblut. Aber ich warne dich, Mädchen. Wenn du mich noch einmal lächerlich machst, peitsche ich dich aus, vor den Augen der ganzen Truppe!«
    »Tu's doch!« zischte sie.
    Er war bereits davongegangen. Aber ihr herausfordernder Ruf bewog ihn, zurückzukehren. Voller Haß starrte sie ihn an.
    »Jetzt bist du nicht mehr auf Cimarron, Teela. Jarrett McKenzie und sein Bruder, diese Rothaut, mögen einen gewissen Einfluß auf der Halbinsel ausüben. Aber die Army ist keineswegs machtlos. Soll ich dir erklären, warum? Den Weißen in Boston blutet das Herz, wenn sie an die armen, edlen Eingeborenen denken. Aber die Weißen im Süden wollen diese Halbinsel besiedeln. Deshalb müssen die Seminolen vertrieben werden, und die weißen Politiker brauchen tüchtige Männer, die das zustande bringen. In erster Linie bin ich ein Soldat, der seine Pflicht erfüllt. Für mich ist ein Mischling einfach nur eine Rothaut. James McKenzie macht mir fast genausoviel Ärger wie Osceola. Sobald ich diesen Bastard sehe, werde ich ihn niederknallen. Mit meiner Truppe kann ich ihn jagen wie einen Panther. Schreib dir das hinter die Ohren, Teela! Wenn du dich meinen Wünschen noch ein einziges Mal widersetzt ...«
    »Von dir nehme ich keine Befehle entgegen. Ich bin mit John Harrington verlobt.«
    »Und John Harrington kämpft auf meiner Seite. Noch bist du nicht mit ihm verheiratet. Als meine Tochter schuldest du mir Respekt und Gehorsam. Übrigens, auch die Soldaten skalpieren ihre roten Feinde. Nicht offiziell, aber sie tun's. Solltest du mich noch einmal in Verlegenheit bringen, hole ich mir James McKenzies Skalp. Ist das klar?«
    »Ja.«
    Befriedigt und süffisant lächelnd wandte er sich ab, und sie erschauerte unter dem warmen Sonnenschein. Ich bin stärker als er, dachte sie. Letzten Endes werde ich die Oberhand gewinnen ... Aber plötzlich stülpte sich ihr Magen um. Von heftigen Schwindelgefühlen erfaßt, kniete sie sich zum Fluß hinab, spritzte kaltes Wasser in ihr Gesicht, und die Übelkeit verflog. Entschlossen straffte sie die Schultern. O ja, Michael Warren, dich werde ich besiegen, gelobte sie sich.
    In einem Wäldchen südwestlich von St. Augustine hatten sich zahlreiche Häuptlinge und Krieger versammelt. Sie waren aus mehreren Richtungen zusammengekommen, aber nicht aus dem Norden, wo der Feind die Indianer bereits aus dem schönen Land südlich von Tallahassee verscheucht hatte. Ironischerweise trug diese Hauptstadt der weißen Eroberer den Namen des Stammes, der das Gebiet jahrtausendelang bewohnt hatte. Nun war die Urbevölkerung in eine Gegend östlich von St. Augustine getrieben worden, westlich von Tampa Bay und südlich von Ocala. Sogar die >guten< spanischen Indianer, die nördlich vom Peace River lebten, mußten sich immer neuer Angriffe erwehren.
    Nach der Massenflucht aus dem Fort Brooke-Gefängnis hatte angeblich sogar der vernünftige, moderate General Jesup erklärt, alle Indianer seien ehrlos. Osceola würde
    Vereinbarungen treffen, wann immer er Vorteile daraus ziehen könne, und dann sein Wort brechen.
    An diesem Abend hatten sich viele einflußreiche Krieger im rotgoldenen Licht des Lagerfeuers eingefunden. Einige waren allein gekommen, andere mit ihren Familien. Statt der üblichen Hütten bauten sie einfache Quartiere aus Kiefernzweigen und Kohlpalmenblättern, die man schnell und ohne großen Arbeitsaufwand errichten konnte. Es wäre sinnlos gewesen, Zeit und Mühe für stabilere Unterkünfte zu opfern, da die Soldaten ohnehin bald auftauchen, die Indianer verjagen und das Lager niederbrennen würden.
    Während der Diskussion über den Krieg sollte Osceola eine zentrale Rolle spielen. Aber vorerst starrte er schweigend in die Flammen und wartete, bis James den Brief gelesen hatte, der kürzlich aus dem Bettzeug eines weißen Soldaten gefallen war.
    James schaute in die Runde. Da saßen Alligator, der alte Micanopy, Coweta und Coacoochee, auch Wildcat genannt, Philips Sohn. »Der Soldat schrieb an seinen