Verstrickung des Herzens
den Weißen zu beugen. Überleg dir
gut, welche Vereinbarungen du mit den Soldaten triffst. Vielleicht stellen sie sich sogar gegen dich. Das wäre vorerst alles. Solltest du mich ersuchen, mit der Army zu reden — dazu bin ich bereit. Doch du mußt stets bedenken, daß ich kämpfen werde, bis ich nicht mehr kämpfen kann.« Er verließ das Lagerfeuer, und James musterte ihn nachdenklich. Trotz der milden Sommernacht hatte der Häuptling eine Decke um seine Schultern geschlungen.
Auch die anderen entfernten sich. Nur James blieb sitzen und starrte ins Feuer. Wie müde er dieses Kriegs war, der keine Hoffnung auf ein Ende weckte ... Und er war es ebenso müde, sich ständig zu verteidigen. Wenigstens wußten die Häuptlinge, gegen wen sie kämpften. Er selbst kämpfte meistens nur, um seinen klaren Verstand zu bewahren.
Nach einer Weile kehrte Wildcat zurück und setzte sich. »Wir sind zusammen aufgewachsen. Und wir waren immer Freunde.«
»Ich bin auch jetzt nicht dein Feind.«
»Hin und wieder zürne ich dir, weil du viel mehr siehst als wir. Aber ich bin dir sehr dankbar, weil du so oft zu uns kommst, um uns zu beraten — obwohl du dich von deinem Volk abwenden und das Leben eines weißen Mannes führen könntest.«
»Ich weiß manchmal selber nicht, wo ich stehe«, gab James zu. »So oder so, ich kämpfe auf verlorenem Posten.«
»O nein, mein Freund. Du bist nur bedrückt, weil du unter deiner Einsamkeit leidest. Jetzt ist Sunflower die Witwe meines Vetters, Bird-in-Flight. Als nächster Verwandter ihres Mannes steht es mir zu, ihre Trauerzeit zu beenden. Für dich will ich's tun, Running Bear. Bring ihr das Hochzeitsgeschenk. Sie wird es erwidern, und du mußt keine leeren Nächte mehr ertragen — in der schweren Zeit, die vor uns liegt.«
»Vielen Dank, Wildcat, aber ...«
»Sie ist sehr jung und sehr schön«, betonte der junge Häuptling gekränkt.
»Ja, und deshalb will ich sie nicht verletzen. Sie hat genug gelitten.«
»Angeblich warst du mit einer weißen Frau zusammen. Weist du Sunflower zurück, weil sie eine Indianerin ist?«
»Keineswegs. Eine solche Frage dürftest du mir nicht stellen. Naomi war Seminolin. Und ich liebte sie von ganzem Herzen.«
Dieses Argument schien Wildcat zu beschwichtigen. Aber seine Neugier war noch nicht befriedigt. »Und die weiße Frau?«
»Welcher rote Narr würde eine weiße Frau lieben?« In James' Stimme schwang ein bitterer Unterton mit.
»Nur ein Krieger unter dessen roter Haut weißes Blut fließt. Einer, der Warrens Tochter begegnet ist, einer seltenen Schönheit. Wie ich höre, gleicht sie einem exotischen Vogel zwischen Sperlingen.«
»Was weißt du von ihr?« fragte James verwirrt.
»Nun, sie ist Warrens Tochter«, entgegnete Wildcat lächelnd. »Und gewisse Krieger kümmern sich nicht um Schönheit oder Jugend oder Unschuld.«
»Verrat mir doch endlich, was du über sie weißt!«
»Ihr Haar leuchtet wie rotgoldenes Feuer, und sie ist gertenschlank, aber mit wohlgeformten weiblichen Rundungen. Wenn man in ihre Augen schaut, glaubt man, eine schimmernde Wiese zu sehen, vom Sommerregen benetzt.«
Nur mühsam bezwang James seinen Zorn und seine Angst. Wenn er seine Hände um Wildcats Hals legte, wäre niemandem gedient. »Wo hast du sie gesehen?«
»Ich habe sie gut beschrieben, nicht wahr?« Wildcat lachte herausfordernd. »Glaubst du, wir würden nichts von ihr wissen?«
»Wildcat ...«
»Ist sie sehr sinnlich?«
Da verlor James die Beherrschung und stürzte sich auf Wildcat. Ineinanderverkeilt, rollten sie über den Boden. Wildcats Finger schlossen sich um die Kehle seines Gegners, aber James schüttelte ihn ab, warf ihn auf den Rücken und umklammerte seine Hüften mit eisenharten Schenkeln.
Als er ihm eine Faust ans Kinn rammte, stürmte Alligator aus dem Gebüsch. »Die Weißen werden uns noch früh genug umbringen!« fauchte er. »Da wir in der Unterzahl sind, brauchen wir jeden einzelnen Krieger — und zwar lebend. Steht auf und benehmt euch vernünftig! Jetzt seid ihr keine Kinder mehr.«
James und Wildcat starrten sich an. Nein, sie waren tatsächlich keine kleinen Jungen mehr, so wie früher, wo sie sich oft gebalgt hatten.
Erstaunt las James Scham und Reue in den Augen des Kriegers, dessen zügelloses Temperament weithin bekannt war. Natürlich wollten sie einander nicht töten. Deshalb suchten sie Mittel und Wege, um den Kampf ehrenvoll zu beenden.
James erhob sich, reichte dem jungen Häuptling eine Hand und zog ihn auf
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