Verstrickung des Herzens
die Beine. »Verzeih mir, ich hätte meine Wut bezwingen müssen. Es war meine Schuld.«
»O nein, ich muß dich um Vergebung bitten, denn ich habe einen langjährigen Freund mutwillig erzürnt.«
»Bleiben wir Freunde?«
»Gewiß. Und um deine Frage zu beantworten — ich sah Warrens Tochter im neuen Fort. Diesen Stützpunkt wollten wir angreifen, aber er ist zu gut befestigt, von zu vielen Soldaten bemannt. Ich versteckte mich zwischen den Bäumen am Rand der Lichtung und spähte in einen großen Saal. Dort tanzte die weiße Frau mit vielen Soldaten, in Seide und Spitze, und sie lachte fröhlich.«
Alles Blut wich aus James' Wangen.
»Aber so schön sie auch ist«, fügte Wildcat hinzu, »sie paßt nicht zu dir. Du solltest Sunflower heiraten.«
»Wenn ich sie zur Frau nehme, solange schwere Sorgen mein Herz belasten, würde ich ihr unrecht tun«, erwiderte James diplomatisch. Seltsam, wie ruhig er sprechen konnte, obwohl sich alle seine Nerven zum Zerreißen anspannten ...
»Ja, das verstehe ich.«
»Sunflower hat einen tapferen Krieger verloren, der sie über alles liebte. Bald wird ihr ein Mann begegnen, der eine so wundervolle Frau verdient.«
»Vielleicht. Mein Herz und meine Gebete werden dich begleiten, mein Freund.«
»Und ich will stets an dich denken.« James wandte sich ab und ging davon — unfähig, ein Gespräch fortzusetzen, das ihn in tiefster Seele quälte.
Was zum Teufel trieb eigentlich Teela, diese kleine Närrin?
»Running Bear!«
Widerstrebend blieb er stehen, als Wildcat nach ihm rief, und drehte sich um.
»Du bist mein Freund, und ich verstehe dich.« Zögernd kam Wildcat auf ihn zu. »Aber eins solltest du wissen. Wenn du in unserem Volk auch geachtet wirst und großen Einfluß besitzt — du hast Feinde.«
»Daran zweifle ich nicht«, antwortete James unbehaglich. »Jeder hat Feinde.«
Inzwischen hatte sich Alligator entfernt, und sie standen allein im Dunkel. Trotzdem senkte Wildcat seine Stimme. »Der Kriegerhäuptling der Mikasukee, Otter, hat geschworen, alle Weißen zu töten und ihnen heimzuzahlen, was sie uns angetan haben. Jetzt beobachtet er die Soldaten im Fort. Sobald sie's in kleinen Gruppen verlassen, wird er sie angreifen. Er kann es kaum erwarten, Michael Warren zu skalpieren. Und vorher will er ihm den Skalp seiner Tochter schicken.«
»Danke.« James drückte Wildcats Hand.
»Falls wir die Frau treffen, bringen wir sie zu dir — selbst wenn sie nicht zu dir paßt und uns noch tiefer ins Elend stürzen wird.«
»Vielen Dank, mein Freund.« Langsam wanderte James zu seinem provisorischen Quartier. Kalte Angst verdrängte seinen Zorn. Alles, was in seiner Macht stand, hatte er getan, um Teela zur Abreise zu bewegen. Im Haus seines Bruders war sie wenigstens sicher gewesen. Warum hatte sie Cimarron verlassen?
Warren, dachte er, und neue Wut stieg in ihm auf. Natürlich, der Colonel hatte seine Tochter abgeholt. Und Jarrett war außerstande gewesen, dies zu verhindern. Sonst hätte er womöglich Jennifers Leben gefährdet. Das mußte auch Teela gewußt haben. Und nun schwebte sie selbst in tödlicher Gefahr.
Verzweifelt ballte James die Hände. O Gott, warum war sie nicht verschwunden, solange sich noch eine Gelegenheit dazu geboten hatte? Er streckte sich auf seiner Decke aus und starrte zwischen den Kohlpalmenblättern zur Mondsichel hinauf. Dann schloß er die Augen. Sie würde das Fort nicht verlassen, ihr Leben nicht aufs Spiel setzen. Sicher erkannte sie, welches Schicksal ihr in der Wildnis drohte — der Tochter des verhaßten Mannes.
Im Augenblick konnte James nichts weiter tun, als abzuwarten und zu beten.
Nein, verdammt, damit kann ich mich nicht begnügen, dachte er und kroch aus dem Unterschlupf.
15
Das Fort Deliverance gehörte zu einer Reihe von Bollwerken, die man in aller Eile errichtet hatte, um die Indianer abzuwehren. Den Freiwilligen aus Tennessee und Georgia, die es gebaut hatten, war versichert worden, sie könnten ihren Kriegsdienst in Florida beenden, sobald es mehrere solcher Festungen gäbe. Obwohl es einen starken Außenposten in der Wildnis bildete, fand man überall Anzeichen mangelnder Sorgfalt, die verrieten, in welch kurzer Zeit es entstanden war. In Teelas Zimmer leckte das Dach, der Wind pfiff durch die Ritzen der Holzwände. Nachts hörte sie die Wölfe heulen, die gefährlich nahe heranzurücken schienen.
Doch das störte sie nicht. Daß sie ihrem Stiefvater ausgeliefert war, erschien ihr viel schlimmer.
Sie stand
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