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Versunkene Gräber - Roman

Versunkene Gräber - Roman

Titel: Versunkene Gräber - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag
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Augen standen darin wie Kohlenstücke. Sie hielt eine Hand an den Bauch. Ich blickte an ihr herab, das zerknitterte Nachthemd hinunter auf ihre mageren Knie und die nackten, kleinen Füße.
    »Es ist …«
    Marie-Luise fiel zurück aufs Bett. Das ganze Gestell wackelte. Die Frau an der Tür wandte langsam den Kopf in unsere Richtung und sah uns an. Ich hob beruhigend die Hände.
    »Ihr müsst los«, flüsterte das Mädchen und warf der Frau ein paar leise Worte auf Polnisch zu. Sie drehte sich wieder weg.
    Ich hob Marie-Luise hoch. Halb wach hing sie in meinen Armen und blinzelte mich an.
    »Lass mich los, Vernau«, knurrte sie. »Wo du bist, will ich nicht sein.«
    »Ruhe. Halt bitte den Mund.«
    Sie versuchte, auf die Beine zu kommen, und hätte dabei um ein Haar eine Wasserflasche vom Nachttisch gefegt. Das Mädchen fing sie in letzter Sekunde auf. Ich lauschte, atemlos. Das Schnarchen ein Bett weiter hatte aufgehört. Jemand wälzte sich mit dem Gewicht eines Walrosses von einer auf die andere Seite. Freeze . Wir wagten kaum zu atmen.
    Nach einer Minute fing das Schnarchen wieder an.
    »Hat Jacek endlich seine Sachen abgeholt?«, fragte Marie-Luise in normaler Lautstärke.
    Ich hielt ihr die Hand vor den Mund. »Still. Kein Wort. Du machst, was ich sage. Dieses eine Mal. Verstanden? Hast du mich verstanden?«
    Etwas an meinem Ton musste sogar ihrem vernebelten Gehirn signalisiert haben, dass sie jetzt besser die Klappe hielt.
    »Wie heißt du?«, fragte ich das Mädchen.
    »Paulina«, antwortete sie. »Paulina Szymańska. Aus Poznań.«
    »Du bekommst das Kleid zurück, ich verspreche es dir.«
    Gemeinsam schafften wir Marie-Luise bis zur Tür. Paulina öffnete sie und spähte hinaus.
    »Nehmt die kleine Treppe links. Sie führt in den Keller und die Garagen von den Krankenwagen. Die Ausfahrt ist offen. Vielleicht Kamera. Vielleicht nicht.«
    »Danke«, sagte ich. Sie wollte die Tür hinter uns schließen. »Was ist das Schlimme?«
    Paulina wich meinem Blick aus. Sie sah zu Boden.
    »Geister«, murmelte sie. »Mathilde hat die Geister über den Gräbern gesehen.«
    Damit verschwand sie hinter der Tür, so schnell, so leise, so leicht wie ein Gespenst.

10
    Was ich auf der Hinfahrt an Zeit herausgeholt hatte, verlor ich auf der Rückfahrt doppelt. Ich mied die Autobahn, weil die Mautstellen mit Kameras ausgerüstet waren und ich nicht eines schlechten Tages im Laufe eines abgekoppelten Verfahrens ein grobkörniges Foto erklären wollte, das mich mit einer fliehenden Tatverdächtigen an meiner Seite beim Ziehen eines Tickets zeigte.
    Das Navigationsgerät, seiner Autobahnfunktion beraubt, rächte sich und führte mich über halsbrecherische, kaum befestigte Waldwege und Spurrinnen von Traktoren, die aus unerfindlichen Gründen als befahrbare Straßen gekennzeichnet waren. Nach drei Stunden – die letzten zwei Kilometer waren wir über einen Radweg auf einem Deich gerumpelt, und ich hatte mir strikt verboten, nach links und rechts in die Dunkelheit zu spähen – verlor sich das Licht der Scheinwerfer in einer feuchten Nebelbank. Instinktiv bremste ich, keine Sekunde zu spät. Vor uns lag die Warthe. Ein Wegweiser verkündete optimistisch »Słońsk 4 km«, wies aber direkt ins Wasser.
    Fluchend stieg ich aus und kletterte die Böschung hinab. Ich stand am Ufer des dunklen Flusses. Armdicke Ketten verloren sich im schwarzen Wasser. Offenbar gab es eine Fähre, aber nicht in dieser Nacht und wohl kaum für ein Auto geeignet. Wo zum Teufel waren wir? Ich hörte, wie Marie-Luise mühsam und erst nach mehreren Anläufen die Beifahrertür öffnete. Barfuß stapfte sie vorsichtig über Unkraut und Steine zu mir herab. Auf den letzten Metern reichte ich ihr die Hand, um sie zu stützen.
    »Ach du Scheiße«, murmelte sie.
    Ich legte ihr meine Jacke um die Schultern. So standen wir nebeneinander, lauschten dem Gluckern und Fließen des Flusses und einem Vogel, der am anderen Ufer sein frühes Lied begann.
    Wütend kickte ich nach einem Stein. »Wir sind nicht weit von der Grenze. Aber ich habe keine Ahnung, wie ich übers Wasser wandeln soll.«
    »Bist du durch Landsberg?«
    »Keine Ahnung.«
    »Gorzów Wielkopolski?«
    »Was?«
    »So heißt die Stadt auf Polnisch.«
    »Möglich. Der nächste Ort ist Witnica.«
    »Witnica«, sagte sie. Ihre Stimme klang gepresst. »Dann können wir bei Küstrin rüber.«
    Sie war wieder wach, aber die Schmerz- und Beruhigungsmittel verloren ihre Wirkung.
    »Wie geht es

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