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Versunkene Gräber - Roman

Versunkene Gräber - Roman

Titel: Versunkene Gräber - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag
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Sie falsch informiert.« Ich steckte meine Karte wieder ein. »Frau Hoffmann und ich gehen beruflich seit einiger Zeit getrennte Wege.«
    »Aber Sie wissen, wo ich sie finden kann?«
    »Frau Hoffmann hat eine Kanzlei in Prenzlauer Berg in der Dunckerstraße.«
    »Hinterhaus, zweiter Stock. Ich weiß. Dort arbeitet jetzt ein Heilpraktiker mit Zusatzausbildung in Reiki und chinesischer Akupunktur.« Sie nippte einen Schluck Wasser.
    Marquardt sah mich ratlos an. »Was ist mit Mary-Lou? Macht sie jetzt in fernöstliche Meditation?«
    Ich wandte mich wieder an Zuzanna. »Haben Sie ihre Handynummer?«
    »Ja. Auch die gibt es nicht mehr.«
    Daraufhin nahm ich mein Smartphone und rief Marie-Luise an. Ich hatte sie seit über zwei Jahren nicht mehr kontaktiert. Zuzanna und Marquardt beobachteten mich interessiert. Die von Ihnen gewählte Rufnummer ist nicht vergeben . Ich ließ das Handy sinken.
    »Und der chinesische Reiki-Meister weiß auch nicht, wo sie geblieben ist?«, fragte ich. Wahrscheinlich hatte sie den Anbieter gewechselt, mein ehemaliges Büro untervermietet, und Zuzanna hatte es einfach nicht gecheckt.
    »Die Wohnung stand vor seinem Einzug vier Monate leer. Man sagte mir, Sie und Frau Hoffmann wären Freunde. Enge Freunde.«
    Ich mochte ihre Stimme. Hell und klar, aber nicht grell, im Gegenteil. Sanft, präzise prononciert, mit diesem Hauch von Akzent. Doch ich mochte die Fragen nicht, die sie stellte. Vor allem, wenn ein leiser Vorwurf darin mitschwang.
    »Sagt wer?«
    »Ein gemeinsamer … Freund. Wobei ich nicht weiß, wie dehnbar Sie diesen Begriff auslegen.«
    »Etwas klarer, bitte.«
    Zuzanna musterte mich lange. Marquardt hob das Glas und roch an dem leichten Tischwein, als hätte er einen 1987er Meursault unter der Nase.
    »Vielleicht«, begann er, schnupperte wieder, schwenkte das Glas und kostete schließlich gedankenverloren, »kann Ihnen ein anderer Anwalt helfen? Soweit ich mich erinnere, hat sich Frau Hoffmann auf Familien- und Mietrecht spezialisiert. Leider nicht unsere Fachgebiete. Aber ich will mich gerne umhören, wer Ihren Fall übernehmen könnte. So einer hübschen jungen Dame muss man doch helfen.«
    Danach blickte er kurz auf seine Rolex. Ein deutliches Zeichen, sich jetzt entweder als angehende Geschäftsbeziehung zu erweisen oder das Weite zu suchen.
    »Danke«, sagte die hübsche junge Dame eisig. »Das ist nicht nötig.«
    »Möchten Sie vielleicht etwas essen? Sie sehen aus, als könnten Sie was Warmes vertragen. Das ist aber auch ein Wetter!« Marquardt schob ihr die Speisekarte hinüber.
    Mit einer schnellen Handbewegung lehnte sie ab. »Bemühen Sie sich nicht. Mein Zug fährt in einer Stunde. Wenn Sie nicht wissen, wo sich Frau Hoffmann aufhält, dann verabschiede ich mich hiermit.«
    »Es hat aber ziemlich dringend geklungen«, wandte ich ein.
    Sie stand auf. Ich wollte sie nicht so gehen lassen, nicht so sauer und auch nicht so hungrig.
    »Essen Sie wenigstens eine Kleinigkeit mit uns. Und dann erzählen Sie einfach, was Sie hierherführt. Vielleicht finden wir gemeinsam eine Lösung.«
    »Nein«, sagte sie schnell. »Entschuldigen Sie die Störung. Es war ein Fehler, überhaupt nach Berlin zu kommen.«
    Ich übernahm es, ihren Stuhl wieder an den Tisch der beiden Damen zu rücken. Dann wandte ich mich mit einem hoffentlich charmanten Abschiedslächeln an Zuzanna. Wer weiß, aus welchem Provinznest sie sich auf den Weg gemacht hatte, nur um in der Dunckerstraße einem Reiki-Meister und in Charlottenburg zwei Anwälten beim Lunch zu begegnen. Dafür keine Marie-Luise. In den letzten Monaten hatte ich öfter an sie gedacht und mich gefragt, ob ich mich mal wieder melden sollte. Zuzannas erfolglose Suche beunruhigte mich.
    »Ich werde versuchen, Frau Hoffmann ausfindig zu machen. Wo kann ich Sie erreichen?«
    »In meiner Kanzlei in Poznań.« Sie sah in mein irritiertes Gesicht. »In Posen«, setzte sie mit einem unterdrückten Seufzer der Ungeduld hinzu.
    »Sie sind Anwältin?« Marquardt verschluckte sich.
    Sie schenkte ihm ein schnelles, ironisches Lächeln und reichte mir eine Karte. Zuzanna Makowska, Adwokat, Karnista . Darunter eine Telefonnummer mit 0048er Vorwahl und eine unaussprechliche Adresse in Poznań.
    »Karnista?« , fragte ich.
    »Strafrecht.«
    »Strafrecht? Hören Sie, ich will wissen, um was es geht. Wenn Marie-Luise in Schwierigkeiten ist, betrifft mich das auch.«
    »Weil Sie so eng befreundet sind?« Sie hob ihre Aktentasche hoch, die sie auf dem Boden

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