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Versunkene Gräber - Roman

Versunkene Gräber - Roman

Titel: Versunkene Gräber - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag
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Das war viel Geld. Kein Wunder, dass Mariechen und Wolfgang hin- und hergerissen waren zwischen aufrichtiger Trauer und ehrlicher Wut.
    »Und seine Ehefrau? Hagens Frau? Also die, die er statt Karin Schwerdtfeger geheiratet hat?«
    »Mariechen? Biste bald fertig?«, rief Wolfgang in herzerfrischender Anteilnahme Richtung Flur. Die Tür zum Bad öffnete sich. »Fragen Sie meine Frau. Ich hab mich aus dem Mist rausgehalten. Ist nicht meine Welt. War auch dem Horst seine nicht. Das hat ihm schließlich das Genick gebrochen.«
    »Er wurde umgebracht.« Mariechen tauchte im Türrahmen auf, zerknüllte ein Kosmetiktuch aus Papier in der Hand und wischte sich damit über die Augen. »Erschlagen.«
    »Wahrscheinlich ist er betrunken hingefallen. Mord. Das glaubt doch keiner, dass ausgerechnet jemand wie Horst umgebracht werden soll. Warum?«
    »Wegen des Geldes?«, fragte ich.
    »Ja. Das Geld.« Sie ließ sich mit einem Seufzer wieder neben mich auf die Couch fallen und warf einen Blick auf die Reste der Pizza. »Ich weiß nicht, wo er es herhat. Auch noch in bar, hat man uns gesagt.«
    »Von seinem Vater wahrscheinlich. Ausbezahlt«, warf Wolfgang ein und legte verschämt den Arm um sie. Wahrscheinlich fürchtete er sich, zu viel geredet zu haben. »Und die anderen sitzen jetzt in ihrer Villa am Lago … Lago Dingsbums.«
    »Maggiore«, ergänzte Mariechen. »Das stand letztes Jahr in der Bunten. Als John geheiratet hat. Diese, na, hilf mir doch mal.«
    »Italienische Prinzessin?«, warf ich, dem Ernst der Lage durchaus nicht angemessen, in den Ring.
    »Genau! Eine contessa ! Er hat sie auf dem Internat in der Schweiz kennengelernt. Jetzt wohnen sie in Deutschland. Obwohl, ich kann mir nicht vorstellen, dass sie mit dem Klima hier zurechtkommt.«
    Entweder hatten die Italiener zu viel Nachwuchs, oder ich hatte eine gesellschaftliche Entwicklung verpasst. Abgesehen davon war es rührend, welche Sorgen sich Maria Fellner in ihrer kleinen Sozialwohnung um die zarte Gesundheit blaublütiger Damen in nordischen Wettern machte.
    »Wer ist John?«, fragte ich. Die zweite Familie des alten Hagen begann mich zu interessieren.
    Wolfgang nahm den Arm wieder runter und nickte seiner Gattin zu. »Der Herr wollte wissen, was mit dem Hagen seiner Frau ist. John ist der Sohn von Waldi und dem alten Hagen. So nenn ich sie, die feine Dame. Feine Verwandtschaft.«
    »Waltraud«, korrigierte Mariechen. »Eine geborene Camerer, ja. Die, die diese Heckenscheren und Motorsägen herstellen. Camerer – Präzision aus Leidenschaft .«
    Ich kannte den Werbespruch. Camerer war für Schneidemaschinen das, was Mercedes fürs Auto und Tempo fürs Naseputzen war. Das war eine Wendung, die ich nicht erwartet hatte. Der alte Hagen, Vater eines ungeliebten unehelichen Sohnes, war also mit einer Heckenscherenprinzessin aus der Camerer-Dynastie verheiratet gewesen. Plötzlich war viel Geld im Spiel, und der Ehevertrag, den die beiden soeben angedeutet hatten, wurde plausibel. Ich spürte, ich witterte, dass hinter Horsts bescheidener Lebensgeschichte auf einmal ganz andere Dimensionen auftauchten, von denen der Verstorbene bis kurz vor seinem Tod nichts geahnt hatte.
    »Das sind Multimillionäre«, sagte ich.
    Mariechen nickte gequält.
    »Aber Waltraud ist vor zwei Jahren gestorben. Sie war älter, zehn Jahre glaube ich. Helmfried war jünger. Keine Ahnung, warum wir ihn immer ›den Alten‹ genannt haben. Letztes Jahr hat er seinen Siebzigsten gefeiert.«
    »Wer ist Helmfried?«, fragte ich, weil ich die unübersichtlichen Familienverhältnisse nicht verstand.
    »Dem Horst sein Vater. Helmfried Hagen, der alte Hagen.«
    »Warum hat Ihr Bruder so lange nichts von dieser neuen Familie gewusst?«
    »Das hat niemand gewusst. Woher auch? An diese Leute kommt man doch nicht ran. Von denen weiß man doch nichts.«
    Wolfgang stieß einen Seufzer aus. Ich stellte mir vor, wie es war, am Rande der Armutsgrenze in einer beengten Hochhauswohnung zu leben und plötzlich zu wissen, dass man mit den Camerers – Präzision aus Leidenschaft verwandt war.
    »Ist ja auch egal«, wiegelte Mariechen ab. »Mutti hat mir nicht viel erzählt. Es ging mich ja auch nichts an. Und Horst hat lange gedacht, sein Vater wäre ein armer Schlucker. Bis das Amt meinte, es könnte sich das Geld, das mein Bruder jeden Monat bekommen hat, von einem direkten Verwandten holen. Ich sage Ihnen, meine Mutter, damals hat sie noch gelebt, war fix und fertig. Die hatte doch selbst nur so eine

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