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Versunkene Inseln

Versunkene Inseln

Titel: Versunkene Inseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marta Randall
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Steigröhre zu. Ihre hochgezogenen Schultern drückten Zorn aus. Ich zuckte mit den Achseln und machte mich wieder an die Überprüfung des Luftaufbereiters.
    „Tia, bitte … Tobias … ihr seid wahnsinnig …“
    Nein, dachte ich. Tobias ist wahnsinnig. Keiner von uns sprach ein Wort, und jeder fuhr damit fort, seine eigene Ausrüstung zu kontrollieren. Greville warf wütend die Arme hoch, raufte sich die Haare und verließ den Raum. Ich fragte mich kurz, aus welchem Grund Tobias mitkommen wollte, dann schob ich die Frage wieder beiseite. Unter Wasser würde ich ihn abschütteln. Ich konnte weitaus schneller schwimmen als er.
    Paul trat an meine Seite, als ich das Gummi an den Beinen glattstrich. Er blieb neben mir stehen und kaute auf der Unterlippe.
    „Tia, du willst doch nicht wirklich tauchen, nicht wahr?“
    Ich legte den Gürtel an, zog ihn richtig fest und schob die Gewichte hin und her, bis sie gleichmäßig an den Hüften verteilt waren.
    „Greville meint, es sei gefährlich“, fügte er hinzu.
    Der Kommunikator an der Taille, hier. Stunner. Messer. Die Sammeltasche für Artefakte. Chronometer. Tiefenmesser. Kompaß. Die Armbandcontroller. Kontrollterminal für die Servos. Eine Mini-Ergkapsel für den Notfall. Färbungsmittel. Bojen. Eine aufblasbare Überlebensjacke. Handschuhe.
    „Es könnte etwas passieren.“
    Schließlich wandte ich mich ihm zu, erinnerte mich an jene Nacht in meiner Kabine, an das gurgelnde Ächzen, das Benitos Hinabsinken ins Meer untermalt hatte, und ich kämpfte eine plötzliche Übelkeit nieder. Paul errötete, und sein Blick wanderte unstet über die verschiedenen Einrichtungsgegenstände der Tauchkammer. Die Finger suchten nach irgendeinem Halt auf den glatten und nackten Hüften, und als sie nichts fanden, hakten sie sich auf dem Rücken ineinander. Natürlich, natürlich. Nicht Benitos Leiche, aber das orangefarbene Bündel, das sie repräsentierte. Nicht Tias Tod, aber die Symbole dieses Todes, die von der Vorstellung und den Gedanken daran hervorgerufene Erregung. Eine Nekrophilie, die sich nur auf das Ausmalen des Todes bezog, auf das Symbol und nicht die Substanz, das Leichentuch und nicht den Toten selbst. Ich zog die Gummikapuze auseinander und schob sie mir über das ergrauende Haar.
    „Verschwinde, Paul“, sagte ich, und er drehte sich um, sprintete durch die leere Kammer und sauste die Röhre empor.
    Tobias paßte die Kapuze wasserdicht an den übrigen Naßanzug an, drehte sich dann um, und ich stellte die restlichen Anschlüsse am hinteren Teil seines Kontrollgürtels fertig. Als Lonnie sich auch weiterhin nicht blicken ließ, nahmen wir die Checkliste aus ihrem Schrank und gingen sie sorgfältig durch.
    Als wir damit fertig waren und an den Rand des Tauchschachtes traten, tönte die Stimme von Harkness aus dem Interkom.
    „Meiner Meinung nach haben Sie beide den Verstand verloren“, sagte er barsch, „aber ich will Sie nicht ohne eine Verbindung zu uns hinuntergehenlassen. Ich nehme an, Sie haben die Sicherheitskontrollen bereits durchgeführt?“
    „Ja“, antwortete ich.
    „Nun, also gut. Ich habe alle Servos für Sie bereitgestellt …“
    „Ich brauche nur einen.“
    „Ich nehme alle anderen“, meinte Tobias, und ich zuckte mit den Achseln.
    „Ich hätte sie sowieso alle hinuntergeschickt“, sagte Harkness. „Tobias, Sie können von mir aus beginnen.“
    Er zögerte am Rand des Schachtes, als erinnerte er sich nun an den letzten Körper, der vor ihm ins Meer hineingeglitten war, dann preßte er die Lippen zusammen und ließ sich langsam ins Wasser hinab. Ich wartete, bis sich seine Kraftfeldblase vollständig aufgebaut hatte und er zur Seite getaucht war, dann schloß ich die Sichtscheibe meiner Tauchermaske und folgte ihm in den Ozean hinein.
    Sicher hatte die Strömung den Leichnam Benitos inzwischen weit vom Schiff fortgetrieben, doch als wir beide tiefer tauchten, wahrte ich ein wachsames und angespanntes Schweigen, und Tobias erging es offenbar ebenso. Ein massiges Objekt schwebte in einiger Entfernung. Tobias fuhr zusammen und wies dann die Servos an, ihre Scheinwerfer darauf zu richten – eine Wolke aus Seetang. Ein Hai glitt an uns heran und schwamm verächtlich durch das durchscheinende Wasser davon. Langsam sanken wir durch die Sphäre verblassender Farben und auf Hilo zu.
    „Wie steht’s bei Ihnen?“ fragte Harkness.
    „Es ist alles in Ordnung“, erwiderte ich. „Wir sind jetzt über dem Geschäftsviertel. Eine ziemliche

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