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Versunkene Inseln

Versunkene Inseln

Titel: Versunkene Inseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marta Randall
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wei­te­ren Lat­te griff. Wir wa­ren uns ganz na­he, und doch la­gen Wel­ten zwi­schen uns.
    Jen­ny kam mit dem Hüpf er, park­te ihn und glitt un­be­küm­mert über den Rand der Klip­pe. Der Tag war warm, die Bri­se kühl, und sie war dies­mal an­ge­zo­gen. Die zar­te, ge­schlitz­te Tu­ni­ka ver­än­der­te die Far­be, als sie im Wind flat­ter­te, und sie floß um ih­ren Kör­per her­um und ent­hüll­te ihr Hüf­ten, als sie uns ent­ge­gen­schweb­te. Ich zupf­te am Kra­gen der un­durch­sich­ti­gen Über­ja­cke, die ich fast im­mer trug. Dann be­sann ich mich ei­nes Bes­se­ren, schnitt ei­ne Gri­mas­se und fuhr da­mit fort, die Quer­rie­gel in die Hal­te­run­gen ein­zu­set­zen.
    „Hal­lo“, rief sie und setz­te sanft wie ein Blatt auf dem Bal­kon auf. „Willst du nicht mei­nen Lif­ter be­nut­zen?“
    „Nein, dan­ke“, sag­te ich. „Ich bin oh­ne­hin fast fer­tig.“
    Aus den Au­gen­win­keln sah ich, wie sie Paul einen kur­z­en Blick zu­warf, wor­auf­hin er nur amü­siert mit den Ach­seln zuck­te und mir die letz­te Lat­te reich­te. Ich be­en­de­te mei­ne Ar­beit und klet­ter­te zu ih­nen auf den Bal­kon hin­un­ter.
    „Hast du heu­te mor­gen den Son­nen­auf­gang be­ob­ach­tet?“ frag­te ich Jen­ny.
    Sie er­in­ner­te sich an un­ser Ge­spräch vom Abend zu­vor und hob kurz die Hand. „Ich war be­schäf­tigt“, sag­te sie und lä­chel­te. Paul grins­te zu­rück. „Wir eben­falls“, er­wi­der­te er.
    „Ach ja? Habt ihr schon so früh be­gon­nen, das Haus zu ver­ram­meln?“
    „Das ei­gent­lich nicht.“ Paul sam­mel­te die Ein­fas­sungs­schnal­len der Quer­lat­ten zu­sam­men. „Wo soll ich die ver­stau­en, Tia?“
    „Un­ter der Trep­pe, wenn du rein­kommst, rechts“, sag­te ich. „Die Tür ist of­fen.“ Er lud sich die Ar­me voll und ver­schwand im Haus.
    „Habt ihr eu­re Sa­chen ge­packt?“ frag­te ich Jen­ny.
    Sie wich mei­nem Blick aus. „Ja, ich muß das gan­ze Zeug nur noch ein­la­den. Ich ha­be den Hüpf er ge­nom­men, weil ich dach­te, da­mit sei es ein­fa­cher.“
    „Nun, wir müs­sen in ei­ner Stun­de am Dock sein. Du be­ginnst al­so bes­ser, eu­re Sa­chen in den Hüp­fer zu schaf­fen.“ Sie nick­te und ging ins Haus. Ich hör­te, wie sie mit Paul sprach, ver­nahm dann das wei­che Flüs­tern des Lif­ters, als sie die Trep­pe hin­auf­schweb­te. Kurz dar­auf folg­te ein zwei­tes sanf­tes Wis­pern, als Paul ihr folg­te.
    Bis auf ei­ni­ge per­sön­li­che Din­ge, die ich hier hat­te, wa­ren mei­ne Sa­chen be­reits an Bord der Ili­um. Nach­dem ich die Kü­chen­ge­rä­te aus­ge­schal­tet und den Pflan­ze­nacht­ge­ber auf Au­to­ma­tik jus­tiert hat­te, stieg ich die Trep­pe zu mei­nem Schlaf­zim­mer hin­auf. Ich wür­de nur ein paar Au­gen­bli­cke be­nö­ti­gen, um den Rest zu­sam­men­zu­pa­cken. Die Stim­men mei­ner Gäs­te tropf­ten zu mir her­un­ter, als ich auf dem Trep­pen­ab­satz vor der Tür ste­hen­blieb.
    „Du bist noch nicht fer­tig, Paul?“
    „Nein, aber es dau­ert nicht lan­ge.“
    „Ich dach­te, du woll­test dei­ne Sa­chen schon ges­tern abend pa­cken“, sag­te Jen­ny. Ich konn­te hö­ren, wie Klei­dungs­stücke aus dem Schrank ge­nom­men und aufs Bett ge­wor­fen wur­den.
    „Ich hat­te kei­ne Zeit da­zu.“
    „Ach? Die gan­ze Nacht die Ster­ne be­wun­dert?“
    „Das nicht ge­ra­de.“
    „Mei­ne Gü­te, wo­mit kann man sich hier denn sonst die Zeit ver­trei­ben? Es ist ein Wun­der, daß Tia nicht schon längst an Lan­ge­wei­le ge­stor­ben ist. Die ein­zi­ge Ab­wechs­lung hier ist die von Eb­be und Flut. Al­so?“
    „Was al­so?“ Ein ei­gen­sin­ni­ger, trot­zi­ger Ton­fall. Das Echo ei­ner Stim­me, die ich vor fünf­zig Jah­ren ver­nom­men hat­te.
    „Wel­cher auf­re­gen­den Be­schäf­ti­gung hast du dich denn letz­te Nacht ge­wid­met?“
    „Ich ha­be mit Tia ge­bumst.“
    Ei­ne lan­ge Pau­se. Es war nicht der Aus­druck, den ich be­nutzt hät­te, sag­te ich mir trau­rig. Ich war wie er­starrt.
    „Du … mit Tia?“ brach­te Jen­ny schließ­lich her­vor.
    „Klar. Du hat­test ja ein Schä­fer­stünd­chen mit To­bi­as …“
    „Du bist mit die­ser … die­ser Miß­ge­burt ins Bett ge­gan­gen?“
    „Hör auf, Jen­ny, sei

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