Versunkene Staedte
Dann werde ich Sie und Ihre Jungs töten. «
War es das, was Mahlia wollte? Wollte sie dasselbe Spiel spielen wie die Soldaten?
» Nimm ihnen die Fesseln ab, Tool « , sagte sie. » Lass die Jungs frei. Sie werden keine Dummheiten machen. Wenn wir zu den Grenzkontrollen kommen, müssen wir sie sowieso losbinden. «
Tool zuckte mit den Achseln. Er nahm den Gefangenen die Fesseln ab. Die Jungen funkelten Mahlia wütend an und rieben sich die Hand- und FuÃgelenke. » Ich hab gleich gewusst, dass wir einer VerstoÃenen nicht trauen sollten « , sagte einer von ihnen.
Mahlia warf ihm einen finsteren Blick zu. » Hättet ihr uns denn mitgenommen, wenn ihr gewusst hättet, dass ich ihn dabeihabe? « Sie deutete mit dem Daumen auf Tool. » Na? «
Die Jungen starrten sie nur wütend an.
» Yeah « , sagte sie. » Das habe ich mir gedacht. «
Vor ihnen öffnete sich der Fluss, und die versunkenen Städte tauchten aus dem Dschungel auf. Die Gebäude ragten in den Himmel wie Tote, die aus dem Grab auferstanden waren. Häusertürme und Lagerhäuser, zerbrochenes Glas und Trümmer. Manche Häuser waren eingestürzt und bildeten nur noch gewaltige Haufen aus Betonbrocken und Steinen. Ãberall am Ufer erstreckten sich Sümpfe. Moskitos summten, und die Luft war drückend heiÃ.
Für Mahlia besaà die Stadt zwei Seiten. Sie hatte durchaus schöne Erinnerungen an die Zeit, als sie dort gelebt hatteâ ihre Schule, das Leben mit Mutter und Vater, die Sammler, die Antiquitäten von ihrer Mutter gekauft hatten. Doch jetzt bestand die Stadt nur noch aus ausgebrannten Ruinen und Trümmerhaufen. Ãberall waren Gewehrschüsse zu hören. Es gab ein paar sichere Orte, aber auch eine Menge umkämpfter Gebiete.
Als die Friedenswächter noch in der Stadt geherrscht hatten, hatten sie Windkraftanlagen und Wellengeneratoren bauen lassen und sogar ein paar Projekte fertiggestellt. Mahlias Mutter hatte sie einmal zu einer Windkraftanlage in der Flussmündung mitgenommenâ groÃe weiÃe Turbinen, die wie riesige blasse Blumen ausgesehen hatten. Ihr Vater hatte irgendetwas damit zu tun gehabtâ damals war sie zu jung gewesen, um zu begreifen, was genau seine Aufgabe war. Vielleicht hatte er die Turbinen bewacht oder die chinesischen Bauarbeiterteams oder sonst jemanden. Jetzt sah Mahlia die Turbinen wieder, aber sie waren alle niedergerissen.
Sie deutete darauf. » Mein Vater hat an diesen Turbinen gearbeitet. «
» Chinesenbalg « , murmelte einer der Jungen.
Mahlia wollte nach ihm treten, aber sie beherrschte sich. Der Mann sagte: » Sie haben sie zerstört. «
» Wer? Die Friedenswächter? «
» Nein, die Kriegsherren. Als China die Friedenswächter abzog, haben die Soldaten auf die Turbinen geschossen, um das Stromnetz lahmzulegen. Es war ein Arrangement, das nicht funktionieren konnte. Die VPF sollte sich um die Turbinen kümmern, und die Freiheitsmiliz war für die Verteilerstation zuständig, so sollte die Verantwortung auf beiden lasten. « Er schüttelte den Kopf. » Sie haben sich gegenseitig beschossen. Die VPF hat die Verteilerstation bombardiert. Die Miliz hat die Turbinen in die Luft gejagt. Und dann hat die Gottesarmee beide aus dem Gebiet vertrieben und den Stahl und die Verbundstoffe der Turbinen an Lawson & Carlson verkauft, um sich mit dem Geld neue Waffen zu besorgen. «
Er nickte in Tools Richtung. » Mit solchen Dingen kennt er sich wahrscheinlich am besten aus. «
Tool ging auf die zynische Bemerkung nicht ein. » Der Krieg zerstört Dinge « , war alles, was er sagte.
Er hatte die Ohren gespitzt, und sein Auge leuchtete aufgeregt, während sie sich der Stadt näherten. Verstohlen beobachtete ihn Mahlia.
Manchmal wirkte sein merkwürdiges Tiergesicht beinahe menschlichâ zum Beispiel als er versucht hatte, ihr zu erklären, wie gefährlich Waffen waren. Aber als sie jetzt auf die versunkenen Städte zufuhren, wurde ihr bewusst, wie viel mehr in ihm steckte. Der Halbmensch war eine Mischung aus Mensch, Hund, Tiger und Hyäne⦠und das Ergebnis war ein gefährliches Raubtier.
Tool schien immer mehr aufzuleben, je näher sie den versunkenen Städten kamen. Sein Pulsschlag passte sich offenbar dem des Krieges an. Die Jagdlust stand ihm ins Gesicht geschrieben.
Der Bootsbesitzer sagte: » Nach dieser Flussbiegung werden wir die
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