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Versunkene Staedte

Versunkene Staedte

Titel: Versunkene Staedte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paolo Bacigalupi
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von ihnen geschossen hatte. Damals war die Kuppel noch intakt gewesen.
    Ihr Vater hatte erzählt, das Gebäude sei im Zeitalter der Beschleunigung das Kapitol der politischen Anführer gewesen. Nicht mit den Gebäuden in Peking vergleichbar, aber trotzdem ein wichtiges Bauwerk seiner Zeit. Und als die Friedenswächter in den Bürgerkrieg eingegriffen und versucht hatten, die Barbarei in den versunkenen Städten zu beenden, hatten sie hier ihren Verwaltungssitz gehabt.
    Damals hatte Mahlia den Palast beeindruckend gefunden.
    Nun jedoch, da ihm ein kompletter Flügel fehlte und ein Loch in seiner Krone prangte, machte er einen ziemlich heruntergekommenen Eindruck. Er war leichter auszuplündern als die anderen Gebäude an dem riesigen rechteckigen See, weil er sich auf einem Hügel befand. Jetzt war er nur noch eine Ruine, die die Soldaten ausschlachten konnten, um mit dem Geld neue Munition zu kaufen.
    Ein Pfeifen erfüllte die Luft.
    Â» Runter! « , schrie Ocho. » Alle Mann in Deckung! «
    Die Soldaten legten sich flach auf den Boden des Kahns. Ein weiterer Teil des Marmorpalastes explodierte direkt vor Mahlias Augen.

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    Ocho warf sich instinktiv auf den Boden, als das Geschoss des 999er herangepfiffen kam. Der Palast wurde von einer Explosion erschüttert. Trümmer regneten auf die Stufen hinab. Menschen liefen schreiend auseinander.
    Im nächsten Moment schlug ein weiteres Geschoss ein. Es verfehlte den Palast und landete stattdessen im See. Eine gewaltige Wasserfontäne spritzte in die Höhe.
    Ocho richtete sich auf und schaute sich um. Auf dem Kahn gaben sie die perfekte Zielscheibe ab. Überall um den See herum lagen die Leute am Boden und blickten in den Himmel, als könnten sie das nächste Geschoss kommen sehen und ihm irgendwie ausweichen.
    Noch eine Granate schlug in der zerstörten Seite des Palastes ein. Trümmer flogen durch die Luft, und Rauch stieg auf. Ein Maultier wurde die Treppe hinunter ins Wasser geschleudert. Es hinterließ rote Blutspuren auf dem weißen Marmor. Ochos Soldaten hatten vor Schreck die Augen weit aufgerissen.
    Â» Köpfe runter! « , rief Ocho. Der Leutnant sprang auf und zog seine Offizierspistole.
    Â» Zieht den Kahn weiter! « , schrie der Leutnant und richtete die Waffe auf die Arbeiter. » Zieht weiter, oder ich erschieße euch! «
    Ein weiteres Geschoss kam aus dem klaren blauen Himmel herabgeflogen.
    Â» Sie haben es auf den Oberst abgesehen « , flüsterte Van. Seine Stimme klang ehrfürchtig.
    Ein anderer sagte: » Aber den Palast können sie nicht angreifen, oder? «
    Ocho hörte die Besorgnis in der Stimme des Jungen.
    Â» Das haben sie gerade getan, du Hornochse. «
    Ocho konnte nicht erkennen, welcher seiner Soldaten die Frage gestellt hatte. Den Unglauben, der darin mitgeschwungen hatte, konnte er aber nachvollziehen. Die Gottesarmee griff Oberst Glenn Stern und das Herz der Stadt an. Wie sollte die VPF überleben, wenn sie ihren Anführer verlor? Was würde passieren, wenn der Oberst während des Angriffs starb? Was würde von den versunkenen Städten übrig bleiben, wenn die GA bereit war, ihre letzten großen Monumente zu zerstören?
    Wenn Ocho vernünftig darüber nachdachte, war es natürlich nachvollziehbar, dass die Gottesarmee den Oberst angriff, aber es machte ihn trotzdem nervös. Niemand war sicher. Nicht einmal der Oberst. Plötzlich waren sie alle nur noch ängstliche Kaninchen, die nach einem Unterschlupf suchten. Aber der Oberst sollte eigentlich über allem stehen.
    Â» Können sie den Oberst umbringen? « , fragte Stork.
    Â» Jeder kann sterben « , sagte der Leutnant. » Der Rang spielt da keine Rolle. Aber das ist nicht dein Problem, Soldat. «
    Stork verstummte. Ocho beobachtete den Leutnant. Sayle sah nicht beunruhigt aus. Er wirkte völlig gefasst. Als sei das 999er keine Bedrohung. Der blonde Mann stand aufrecht da, während noch ein Geschoss im Nordflügel des Gebäudes einschlug. Er suchte keine Deckung. Er zuckte nicht einmal, als die Explosion zu hören war. Sah nur mit seinen kalten grauen Augen zu.
    Â» Keine Sorge, Jungs « , sagte der Leutnant lächelnd. » Der Oberst hat einen Plan. « Er sah zu den Soldaten hinüber. » Die Gottesarmee wird sich noch wundern. «
    Ocho folgte Sayles Blick zu dem bewusstlosen Halbmenschen. Was könnte der schon ausrichten? Aber ihm blieb keine

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