Verteidigung
Unternehmen, die Gewinne in Milliardenhöhe machen.«
Die Tür stand offen, und Rochelle hörte jedes Wort mit.
Wally wurde immer lauter. »Wir schnappen uns ein paar von diesen Fällen, und dann tun wir uns mit einer Kanzlei zusammen, die sich auf Sammelklagen spezialisiert hat. Wir geben den Kollegen ein Stück vom Kuchen ab, hängen uns an sie dran, bis der Vergleich steht, und bekommen einen Haufen Kohle. Das ist leicht verdientes Geld, Oscar.«
»Windelausschlag?«
»Okay, das hat nicht funktioniert. Aber die Sache mit dem Taser ist eine Goldgrube.«
»Noch eine Goldgrube, Wally?«
»Genau. Ich werd’s dir beweisen.«
»Tu das.«
Der Betrunkene am anderen Ende der Theke hatte sich etwas erholt. Er konnte den Kopf heben und die Augen ein wenig öffnen. Abner servierte ihm Kaffee und versuchte, ihn davon zu überzeugen, dass es jetzt Zeit zu gehen war. Ein Teenager fegte mit einem Besen den Boden und rückte Tische und Stühle zurück. Das kleine Pub erwachte langsam zum Leben.
David, dessen Gehirn in Wodka schwamm, starrte sein Spiegelbild an und bemühte sich vergeblich, seine Situation einzuschätzen. Mal war er aufgeregt und stolz auf seine mutige Flucht aus dem Todesmarsch von Rogan Rothberg, dann wieder hatte er Angst vor seiner Frau, seiner Familie, seiner Zukunft. Doch der Alkohol machte ihm Mut, und daher beschloss er weiterzutrinken.
Sein Telefon vibrierte wieder. Es war Lana aus dem Büro. »Hallo«, sagte er leise.
»David, wo sind Sie?«
»Ich frühstücke noch.«
»Sie hören sich gar nicht gut an. Ist mit Ihnen alles in Ordnung?«
»Mir geht’s gut.«
Eine Pause, dann: »Haben Sie getrunken?«
»Natürlich nicht. Es ist erst halb zehn.«
»Okay, wie Sie meinen. Roy Barton hat gerade das Büro verlassen, und er war furchtbar wütend. Derart vulgäre Ausdrücke habe ich noch nie gehört. Er hat alle möglichen Drohungen ausgestoßen.«
»Sagen Sie Roy, er kann mich am Arsch lecken.«
»Wie bitte?«
»Sie haben mich schon richtig verstanden. Sagen Sie Roy, er kann mich am Arsch lecken.«
»Das sind die Nerven, David. Es stimmt also doch. Sie sind ausgerastet. Überrascht mich nicht. Ich habe es kommen sehen. Ich habe es gewusst.«
»Ich bin völlig in Ordnung.«
»Sie sind nicht in Ordnung. Sie sind betrunken und drehen durch.«
»Okay, das mit dem betrunken könnte stimmen, aber …«
»Ich glaube, Roy Barton kommt zurück. Was soll ich ihm sagen?«
»Dass er mich am Arsch lecken kann.«
»Warum sagen Sie ihm das nicht selbst? Sie haben doch ein Telefon. Rufen Sie Mr. Barton an.« Damit beendete sie das Gespräch.
Abner näherte sich unauffällig, weil er wissen wollte, was der Telefonanruf zu bedeuten hatte. Er putzte schon wieder die Holztheke, bereits das dritte oder vierte Mal, seit David sich an der Bar niedergelassen hatte.
»Das Büro«, sagte David. Abner runzelte die Stirn, als wäre das für sie beide eine schlechte Nachricht. »Der bereits erwähnte Roy Barton sucht nach mir. Er wirft mit Gegenständen um sich. Da würde ich jetzt gern Mäuschen spielen. Ich hoffe, er bekommt einen Hirnschlag.«
Abner kam noch näher. »Ich habe Ihren Namen vorhin nicht verstanden.«
»David Zinc.«
»Freut mich. David, der Koch ist gerade gekommen. Sie sollten etwas essen. Am besten etwas, das vor Fett geradezu trieft. Pommes frites, Zwiebelringe, vielleicht einen schönen Hamburger?«
»Ich hätte gern eine doppelte Portion Zwiebelringe und eine große Flasche Ketchup.«
»Ausgezeichnete Wahl.« Abner verschwand. David leerte seine Bloody Mary und machte sich auf die Suche nach der Toilette. Als er zurückkam, setzte er sich wieder, sah auf die Uhr – 9.28 – und wartete auf seine Zwiebelringe. Er konnte riechen, dass sie in der Küche hinter der Theke in heißem Öl frittiert wurden. Der Betrunkene rechts von ihm schüttete Kaffee in sich hinein und versuchte krampfhaft, die Augen offen zu halten. Der Teenager fegte immer noch den Boden und schob Tische und Stühle hin und her.
Sein Telefon, das auf der Theke lag, vibrierte. Es war seine Frau. David rührte sich nicht vom Fleck. Als es aufhörte zu vibrieren, wartete er. Dann rief er seine Mobilbox an.
»David, dein Büro hat schon zweimal angerufen. Wo bist du? Was tust du? Wir machen uns alle Sorgen um dich. Ist alles in Ordnung? Ruf mich bitte so schnell wie möglich an.«
Seine Frau promovierte gerade an der Northwestern University, und als er sich um 6.45 Uhr an diesem Morgen mit einem Kuss von ihr
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