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Verteidigung

Verteidigung

Titel: Verteidigung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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David, während er nach seinen beiden Aktenkoffern griff.
    »Ich bin seit Jahren nicht mehr oben gewesen.« Rochelle verdrehte die Augen. Offensichtlich behagte ihr die plötzliche Personalerweiterung der Kanzlei nicht.
    Eine schmale Tür neben der Küche führte zu einer Treppe. David folgte Wally, während Oscar das Schlusslicht bildete. Wally freute sich, weil er jetzt jemanden hatte, der ihm bei der Suche nach Krayoxx-Mandaten helfen konnte. Oscar dachte nur daran, was an Gehaltszahlungen, Einkommensteuer, Arbeitslosenversicherung und – Gott bewahre – Krankenversicherungskosten auf die Kanzlei zukam. Finley & Figg hatte nur wenig an zusätzlichen Leistungen zu bieten – keinen Rentenplan, keine Pensionsrücklagen, kein gar nichts, was die Altersversorgung anging, und Kranken- oder Zahnversicherung schon mal gar nicht. Rochelle beschwerte sich seit Jahren, weil sie sich selbst krankenversichern musste, genau wie die beiden Partner. Was, wenn David erwartete, dass sie ihm eine Krankenversicherung finanzierten?
    Während Oscar die Treppe hochging, spürte er die Last der höheren Fixkosten auf seinen Schultern. Mehr Ausgaben in der Kanzlei bedeuteten, dass sie weniger mit nach Hause nehmen konnten. Seine Pensionierung rückte in immer weitere Ferne.
    Die Rumpelkammer war tatsächlich eine Rumpelkammer, eine dunkle, staubige Müllkippe mit Spinnweben, ausrangierten Möbeln und Kartons voller Akten. »Das gefällt mir«, sagte David, als Wally das Licht einschaltete.
    Er muss verrückt sein, dachte Oscar.
    Aber es gab einen kleinen Schreibtisch mit zwei Stühlen. David sah nur das Potenzial. Und der Raum hatte zwei Fenster. Tageslicht würde eine willkommene Abwechslung in seinem Leben sein. Wenn es draußen dunkel war, würde er zu Hause bei Helen sein und daran arbeiten, die Familie zu vergrößern.
    Oscar wischte eine große Spinnwebe beiseite und sagte: »David, wir können Ihnen ein kleines Gehalt zahlen, aber Sie werden sich eigene Mandanten suchen müssen. Das wird nicht einfach sein, zumindest am Anfang.«
    Am Anfang? Oscar versuchte seit dreißig Jahren, von seinen mageren Anwaltshonoraren zu leben.
    »Was bieten Sie mir an?«, fragte David.
    Oscar sah Wally an, Wally sah die Wand an. Die beiden hatten seit fünfzehn Jahren keinen Anwalt mehr eingestellt, hatten es nicht einmal in Erwägung gezogen. Dass David wiedergekommen war, hatte sie vollkommen überrascht.
    Als Seniorpartner fühlte sich Oscar verpflichtet, die Initiative zu ergreifen. »Wir können Ihnen tausend Dollar pro Monat zahlen, und Sie behalten die Hälfte von dem, was Ihre Mandanten einbringen. Nach sechs Monaten reden wir noch einmal darüber.«
    »Am Anfang wird es ziemlich hart sein, da draußen herrscht ein erbitterter Konkurrenzkampf«, meldete sich Wally zu Wort.
    »Wir können Ihnen ein paar von unseren Fällen geben«, fügte Oscar hinzu.
    »Wir geben Ihnen einen Anteil am Krayoxx-Verfahren«, sagte Wally, als würden sie bereits gewaltige Honorare einfahren.
    »An was?«, fragte David.
    »Vergessen Sie’s«, sagte Oscar mit einem Stirnrunzeln.
    »Ich habe in den letzten fünf Jahren sehr gut verdient«, sagte David lächelnd. Er war bei Weitem nicht so nervös wie die beiden Partner. »Eine Menge davon habe ich ausgegeben, aber auf meinem Bankkonto liegt ein schöner Batzen. Machen Sie sich um mich keine Sorgen. Ich bin einverstanden.« Und damit schüttelte er zuerst Oscar und dann Wally die Hand.

10
    David putzte eine Stunde lang. Er wischte den Staub von Schreibtisch und Stühlen. In der Küche fand er einen alten Staubsauger, mit dem er den Dielenboden reinigte. Er füllte drei große Säcke mit Abfall und stellte sie auf die kleine Veranda auf der Rückseite des Hauses. Von Zeit zu Zeit blieb er stehen und starrte verzückt auf die Fenster und das Tageslicht, was er bei Rogan Rothberg nie getan hatte. An einem klaren Tag war die Aussicht über den Lake Michigan gigantisch, aber er hatte in seinem ersten Jahr bei der Kanzlei gelernt, dass die Zeit, die man dafür aufwendete, aus dem Trust Tower nach draußen zu starren, niemandem in Rechnung gestellt werden konnte. Junganwälte wurden in bunkerähnliche Großraumbüros gesteckt, wo sie rund um die Uhr schufteten und mit der Zeit nicht mehr an Sonnenschein und Tagträume dachten. Und jetzt konnte David gar nicht mehr von den Fenstern wegbleiben. Die Aussicht war allerdings nicht berauschend. Wenn sein Blick nach unten ging, sah er den Massagesalon und dahinter die Kreuzung

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