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Verteidigung

Verteidigung

Titel: Verteidigung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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geht an alle Mandanten, aktuelle und ehemalige, aktive und abgeschlossene. An jeden Namen in unserer Datenbank.«
    Rochelle dachte an die vielen unzufriedenen Menschen, die Finley & Figg das Mandat entzogen hatten. An die nicht bezahlten Rechnungen, die wütenden Briefe, die Drohungen, die Kanzlei wegen Verletzung der Anwaltspflichten zu verklagen. Sie führte sogar eine Akte mit dem Namen »Drohungen«. Im Laufe der Jahre waren etwa ein halbes Dutzend Exmandanten so erbost gewesen, dass sie ihre Gefühle zu Papier gebracht hatten. Zwei stellten Überfälle aus dem Hinterhalt und Prügel in Aussicht. Einer erwähnte ein Scharfschützengewehr.
    Warum ließ Wally diese armen Leute nicht einfach in Ruhe? Sie hatten doch schon genug gelitten, damals, als sie sich von der Kanzlei vertreten ließen.
    Wally sprang auf und ging mit dem Brief in der Hand zu ihr. Ihr blieb nichts anderes übrig, als ihn zu lesen.
     
    Sehr geehrter Herr..
    Warnung vor Krayoxx! Es hat sich herausgestellt, dass dieser von Varrick Labs hergestellte Cholesterinsenker zu Herzinfarkten und Schlaganfällen führt. Das Medikament ist schon seit sechs Jahren auf dem Markt, doch erst jetzt gibt es wissenschaftliche Beweise dafür, dass es tödliche Nebenwirkungen hat. Wenn Sie Krayoxx einnehmen, sollten Sie sofort damit aufhören.
    Die Kanzlei Finley & Figg ist tonangebend im Krayoxx-Verfahren. In Kürze werden wir uns in einem komplexen Verfahren einer überregionalen Sammelklage anschließen, um Varrick zur Rechenschaft zu ziehen.
    Dazu brauchen wir Ihre Unterstützung! Wenn Sie Krayoxx einnehmen oder jemanden kennen, der Krayoxx einnimmt, haben wir unter Umständen einen Fall. Und wenn Sie jemanden kennen, der Krayoxx eingenommen und einen Herzinfarkt oder Schlaganfall erlitten hat, rufen Sie uns bitte sofort an. Innerhalb weniger Stunden wird ein Anwalt von Finley & Figg zu Ihnen nach Hause kommen.
    Zögern Sie nicht. Rufen Sie sofort an. Wir rechnen mit Entschädigungen in enormer Höhe.
    Mit freundlichen Grüßen, Wallis T. Figg
     
    »Hat Oscar das schon gesehen?«, fragte sie.
    »Noch nicht. Gut, was?«
    »Stimmt das?«
    »Und ob es stimmt, Ms. Gibson. Das ist eine Sternstunde in der Geschichte der Kanzlei.«
    »Schon wieder eine Goldgrube?«
    »Größer als eine Goldgrube.«
    »Und Sie wollen dreitausend Briefe verschicken?«
    »Genau. Sie drucken sie aus, ich unterschreibe sie, wir stecken sie in Briefumschläge, und dann gehen sie mit der Post von heute raus.«
    »Das sind über tausend Dollar allein für das Porto.«
    »Ms. Gibson, ein Krayoxx-Fall wird im Schnitt etwa zweihunderttausend Dollar an Anwaltshonoraren bringen, und das ist zurückhaltend geschätzt. Es könnten auch vierhunderttausend pro Fall werden. Wenn wir zehn Fälle finden, ist die Rechnung ganz einfach.«
    Rochelle rechnete, und ihr Widerstand begann zu schmelzen. Ihre Gedanken wanderten. In den juristischen Fachzeitschriften und Rundschreiben, die über ihren Schreibtisch gingen, hatte sie zahllose Berichte über aufsehenerregende Urteile und Entschädigungssummen gelesen. Die Anwälte hatten Millionen dabei verdient.
    Dabei würde mit Sicherheit ein schöner Bonus für sie herausspringen.
    »In Ordnung«, sagte Rochelle und schob die Zeitung zur Seite.
     
    Kurze Zeit später stritten sich Oscar und Wally zum zweiten Mal wegen Krayoxx. Als Oscar die Kanzlei um neun Uhr betreten hatte, war ihm natürlich nicht entgangen, dass am Empfang hektisch gearbeitet wurde. Rochelle saß am Computer. Der Drucker lief auf Hochtouren. Wally unterschrieb am laufenden Band Briefe. Selbst AJ war wach und sah ihnen zu.
    »Was ist denn hier los?«, wollte Oscar wissen.
    »Kapitalismus bei der Arbeit«, antwortete Wally vergnügt.
    »Was zum Teufel soll das denn bedeuten?«
    »Wir schützen die Rechte der Verletzten. Wir dienen unseren Mandanten. Wir sorgen dafür, dass gefährliche Produkte vom Markt genommen werden. Wir ziehen die Täter in den Chefetagen zur Verantwortung.«
    »Wir suchen neue Mandanten«, sagte Rochelle.
    Oscar sah sie angewidert an, ging in sein Büro und knallte die Tür hinter sich zu. Noch bevor er den Mantel ausziehen und den Regenschirm wegstellen konnte, stand Wally vor seinem Schreibtisch. Er knabberte an einem Muffin und schwenkte einen der Briefe hin und her. »Das musst du lesen, Oscar«, sagte er. »Es ist brillant.«
    Oscar las, und die Falten auf seiner Stirn wurden mit jedem Absatz tiefer. Als er fertig war, sagte er: »Nicht schon wieder, Wally. Wie

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