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Verteidigung

Verteidigung

Titel: Verteidigung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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und Sex nicht als Bezahlung akzeptieren?«
    »Helen, was ist mein Spezialgebiet?«
    »Irgendwas mit Anleihen?«
    »Genau. Ich weiß eine Menge über lang laufende Hochzinsanleihen, die von ausländischen Regierungen und Unternehmen auf den Markt gebracht werden. Das ist aber auch schon alles, was ich über Jura weiß, weil es alles ist, was ich in den letzten fünf Jahren gemacht habe. Wenn ich das in meinen Lebenslauf schreibe, dürfte nur eine Handvoll Kanzleien anrufen, die so groß wie Rogan sind und vielleicht jemanden wie mich brauchen.«
    »Aber du kannst dich doch in etwas anderes einarbeiten.«
    »Natürlich, aber niemand stellt einen Anwalt ein, der sein Examen vor fünf Jahren gemacht hat, und zahlt ihm ein gutes Gehalt, nur um ihn dann in den Kindergarten zu stecken. Die Kanzleien wollen jemanden mit Erfahrung, und die habe ich nicht.«
    »Finley & Figg ist also die einzige Kanzlei, in der du arbeiten kannst?«
    »Oder eine ähnliche. Ich werde es ein oder zwei Jahre lang als eine Art Ausbildung sehen, und dann mache ich vielleicht eine eigene Kanzlei auf.«
    »Na großartig. Du hast deine neue Stelle erst seit einem Tag und denkst schon an Kündigung.«
    »Eigentlich nicht. Mir gefällt es dort.«
    »Du hast den Verstand verloren.«
    »Ja, und du glaubst gar nicht, wie befreiend das ist.«

13
    Wallys Briefaktion war ein Reinfall. Die Hälfte der Briefe kam aus den verschiedensten Gründen zurück. In der darauffolgenden Woche klingelte das Telefon öfter als sonst, doch die meisten Anrufer waren ehemalige Mandanten, die darum baten, aus Finley & Figgs Verteiler gestrichen zu werden. Wally ließ sich nicht beirren und reichte an einem Bundesgericht für den Northern District von Illinois im Namen von Iris Klopeck, Millie Marino und »anderen noch zu benennenden Personen« Klage ein. Darin gab er an, dass ihre Angehörigen durch das Medikament Krayoxx, hergestellt von Varrick Labs, zu Tode gebracht worden seien. Er forderte Schadenersatz in Höhe von glatten einhundert Millionen Dollar und einen Geschworenenprozess.
    Die Einreichung der Klage war nicht annähernd so dramatisch, wie er sich das gewünscht hätte. Zwar versuchte er hartnäckig, die Medien auf die Klage aufmerksam zu machen, doch das Interesse war gering. Statt sie online einzureichen, fuhren er und David – beide in ihre besten dunklen Anzüge gewandet – zum Everett M. Dirksen U.S. Courthouse im Stadtzentrum Chicagos und übergaben die aus zwanzig Seiten bestehende Klageschrift persönlich an den Leiter der Geschäftsstelle. Es waren weder Reporter noch Fotografen anwesend, was Wally über alle Maßen erzürnte. Er redete so lange auf einen Mitarbeiter der Geschäftsstelle ein, bis dieser ein Foto der grimmig dreinblickenden Anwälte bei der Übergabe schoss. Als Wally wieder in der Kanzlei war, verschickte er die Klageschrift und das Foto per E-Mail an die Tribune , die Sun-Times , das Wall Street Journal, Time, Newsweek und ein Dutzend andere Publikationen.
    David hoffte, dass man das Foto ignorieren würde, doch Wally hatte Glück. Ein Reporter der Tribune rief in der Kanzlei an und wurde sofort zu dem entzückten Wally durchgestellt. Die Publicity-Welle war losgetreten.
    Am nächsten Tag prangte im Innenteil der Tribune die Schlagzeile: »Anwalt aus Chicago verklagt Varrick Labs wegen Krayoxx«. Der Artikel fasste zusammen, um was es bei der Klage ging, und berichtete, der in Chicago praktizierende Anwalt Wally Figg sei »laut eigenen Angaben auf Sammelklagen spezialisiert«. Finley & Figg sei eine »Boutiquekanzlei« mit langjähriger Erfahrung im Kampf gegen große Pharmaunternehmen. Allerdings hatte sich der Reporter etwas umgehört und zitierte zwei bekannte Klägeranwälte, die sagten, sie hätten noch nie etwas von diesen Anwälten gehört. Außerdem gebe es keine Belege dafür, dass Finley & Figg in den letzten zehn Jahren ähnliche Klagen eingereicht hätte. Varrick habe sein Produkt vehement verteidigt, eine aggressive Verteidigungsstrategie angekündigt und freue sich »auf einen fairen Prozess vor unparteiischen Geschworenen, um unseren guten Ruf wiederherzustellen«. Das abgedruckte Foto war ziemlich groß geraten, was Wallys Eitelkeit schmeichelte und David peinlich war. Die beiden gaben ein seltsames Paar ab: Wally war fast kahl, pummelig und schlecht angezogen, David größer, schlanker und erheblich jünger aussehend.
    Die Meldung wurde im Internet weiterverbreitet, und das Telefon klingelte ununterbrochen. Manchmal

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