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Verteidigung

Verteidigung

Titel: Verteidigung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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regeln, Wally. Sie wissen schon – nur Sie und ich.«
    Wally seufzte, starrte auf ihre Beine und überlegte eine Sekunde. »Das geht nicht. Ich muss die ganze Nacht hierbleiben, weil irgend so ein Idiot das Fenster eingeworfen hat.«
    »Dann bleibe ich auch«, gurrte sie, während sie sich mit der Zunge über die leuchtend rot geschminkten Lippen fuhr.
    Wally hatte noch nie so viel Willenskraft besessen, um Situationen wie diesen aus dem Weg zu gehen. Allerdings kam es auch nicht oft vor, dass eine Mandantin so direkt war. Genau genommen konnte er sich in diesem fürchtbaren, gleichzeitig aber auch aufregenden Moment nicht daran erinnern, jemals einer Mandantin begegnet zu sein, die so einfach ins Bett zu bekommen war. »Eventuell finden wir ja doch eine Lösung«, sagte er mit einem anzüglichen Blick auf DeeAnna.
    »Ich muss gehen.« David sprang auf und packte seinen Aktenkoffer.
    »Aber warum denn? Sie können doch bleiben«, sagte Dee-Anna.
    Das Bild, das ihm durch den Kopf schoss, war ausgesprochen hässlich – ein glücklich verheirateter David, der eine schnelle Nummer schob, mit einer hübschen Schlampe, die genauso viele Scheidungen hinter sich hatte wie ihr pummeliger nackter Anwalt. Er stürzte zur Tür und knallte sie hinter sich zu.
    Ihr Lieblingsbistro lag ganz in der Nähe ihrer Wohnung in Lincoln Park, sodass sie zu Fuß hingehen konnten. Früher hatten sie sich dort häufig zu einem schnellen Abendessen getroffen, kurz bevor die Küche um dreiundzwanzig Uhr schloss und kurz nachdem David nach einem weiteren ermüdenden Arbeitstag zu Hause eingetroffen war. Heute jedoch waren sie schon vor einundzwanzig Uhr gekommen und hatten festgestellt, dass das Restaurant voll besetzt war. Sie bekamen einen Tisch in der Ecke.
    Irgendwann in den fünf Jahren, in denen er bei Rogan Rothberg angestellt war, hatte David beschlossen, nicht mehr über seine Arbeit zu sprechen. Es war alles so unangenehm und grässlich – und langweilig noch dazu –, dass er Helen damit verschonen wollte. Helen hatte nichts dagegen, und daher redeten sie meistens über ihr Studium oder über ihre Freunde. Doch plötzlich war alles anders. Die große Kanzlei gehörte der Vergangenheit an, genau wie die gesichtslosen Mandanten und die nervtötenden Akten. Jetzt arbeitete David mit richtigen Menschen zusammen, die unglaubliche Dinge taten, von denen er natürlich ausführlich erzählen musste. Zum Beispiel die beiden Beinahe-Schießereien, die er mit seinem neuen Freund Wally überlebt hatte. Anfangs wollte Helen nicht glauben, dass Wally tatsächlich in die Luft geschossen hatte, um die Straßengang zu vertreiben; erst Davids wiederholte Beteuerungen konnten ihre Skepsis zerstreuen. Auch die Geschichte von Trip glaubte sie nicht gleich, und die gemeinschaftliche Erpressung von DeeAnna Nuxhall durch Wally und Richter Bradbury zweifelte sie ganz offen an. Sie konnte nicht fassen, dass ihr Mann sein gesamtes Bargeld an Iris Klopeck losgeworden war und anschließend auch noch einen Schuldschein unterschrieben hatte. Dass Oscar von einer aufgebrachten Scheidungsmandantin verprügelt worden war, hielt sie dagegen schon eher für möglich.
    Das Beste hatte sich David bis zum Schluss aufgehoben: »Während wir uns hier unterhalten, vergnügen sich Wally und DeeAnna splitterfasernackt und bei offenem Fenster auf dem Sofa, während der Hund dabei zusieht. DeeAnna hat angeboten, das ausstehende Honorar auf etwas unkonventionelle Art und Weise abzuarbeiten.«
    »Du lügst!«
    »Ich wünschte, es wäre so. Die dreihundert Dollar sind kein Thema mehr, und DeeAnna wird bis zwölf Uhr morgen Mittag geschieden sein.«
    »Was für ein widerliches Verhalten.«
    »Von wem? Wally oder DeeAnna?«
    »Wie wäre es mit beiden? Zahlen deine Mandantinnen auch auf diese Weise?«
    »Das bezweifle ich. Ich habe dir ja schon von Iris Klopeck erzählt. Ich glaube, sie entspricht dem Mandantenprofil der Kanzlei schon eher. Unter ihrem Gewicht würde die Honorarcouch zusammenbrechen.«
    »Du kannst nicht für diese Leute arbeiten. David, ich bitte dich. Du brauchst nicht bei Rogan zu arbeiten, wenn du nicht willst, aber such dir eine andere Kanzlei. Diese beiden Clowns sind doch kriminell. Was ist mit der Standesehre?«
    »Ich bezweifle, dass Wally und Oscar Zeit erübrigen, um über die Standesehre zu sprechen.«
    »Warum suchst du dir nicht irgendwo eine nette mittelgroße Kanzlei, mit netten Leuten, die keine Waffen bei sich tragen, keine Unfallopfer bedrängen

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