Verteidigung
eines Anwalts namens Bosch konfrontiert wurden, der öfter einmal Fernsehspots in den Lokalsendern von Chicago schaltete. Seit Jahren beschwor Bosch die Opfer von Verkehrsunfällen und Zusammenstößen mit Sattelschleppern, sich von ihm vertreten zu lassen. Jetzt war er offenbar zum Experten für Krayoxx mutiert. Er dozierte mit dröhnender Stimme über die Gefahren des Medikaments und sagte sehr unschöne Dinge über Varrick. Während der gesamten dreißig Sekunden blinkte am unteren Rand des Bildschirms seine Telefonnummer.
Oscar sah sehr interessiert zu, sagte aber nichts.
»Hast du eigentlich jemals darüber nachgedacht, Werbung im Fernsehen zu machen?«, fragte Paula. »Es sieht ganz danach aus, als müsste deine Kanzlei endlich mal was unternehmen, um mehr Mandanten zu bekommen.«
Das Thema war alles andere als neu. Seit dreißig Jahren erteilte Paula ungebeten Ratschläge, wie Oscar die Kanzlei, die nie genug Umsatz für sie machen würde, zu leiten hatte.
»So etwas ist sehr teuer. Figg will unbedingt solche Spots machen. Ich bin da eher skeptisch.«
»Figg kannst du ja wohl schlecht ins Fernsehen bringen, oder? Das würde jeden potenziellen Mandanten im Umkreis von hundert Kilometern abschrecken. Ich weiß auch nicht, aber diese Spots kommen mir so unprofessionell vor.«
Typisch Paula. Fernsehwerbung könnte der Kanzlei mehr Umsatz bringen, war aber gleichzeitig unprofessionell. War sie jetzt dafür oder dagegen? Oscar wusste es nicht, und außerdem war es ihm schon seit Jahren egal.
»Hat Figg nicht auch ein paar von diesen Krayoxx-Fällen?«
»Ein paar, ja«, brummte Oscar. Sie wusste nicht, dass auch Oscar und David die Klage unterschrieben hatten und für das Verfahren mitverantwortlich waren. Sie wusste auch nicht, dass die Kanzlei wegen der Prozesskosten kurz vor dem Bankrott stand. Paulas einziges Interesse war der bescheidene Anteil an den Honoraren der Kanzlei, den Oscar jeden Monat nach Hause brachte.
»Ich habe jedenfalls mit meinem Arzt über Krayoxx gesprochen, und er hat gesagt, das Medikament sei nicht gesundheitsschädlich. Es sorgt dafür, dass mein Cholesterinspiegel unter zweihundert bleibt. Ich werde es nicht absetzen.«
»Dann solltest du das auch nicht tun.« Wenn Krayoxx tatsächlich Leute umbrachte, wollte Oscar, dass sie jeden Tag ihre Dosis nahm.
»Aber im ganzen Land werden deshalb Klagen eingereicht. Ich bin mir wirklich nicht sicher. Du etwa?«
Sie glaubt an das Medikament. Sie zweifelt an dem Medikament. »Figg ist fest davon überzeugt, dass es gesundheitsschädlich ist«, sagte Oscar. »Viele der großen Kanzlei sind der gleichen Meinung, und die haben Varrick alle verklagt. Man geht generell davon aus, dass das Unternehmen einen Vergleich abschließen wird, bevor es zum Prozess kommt. Das Risiko ist einfach zu groß.«
»Und wenn es einen Vergleich gibt, was passiert dann mit Figgs Fällen?«
»Bis jetzt sind das alles Todesfälle. Acht. Und wenn es zu einem Vergleich kommt, werden wir ein schönes Honorar kriegen.«
»Wie viel?«
»Das kann man jetzt noch nicht sagen.« Oscar schmiedete bereits Pläne. Falls es mit dem Vergleich etwas wurde, würde er ausziehen, die Scheidung beantragen und dann versuchen, Paula von seinem Geld aus dem Krayoxx-Verfahren fernzuhalten.
»Aber ich bezweifle, dass Varrick einen Vergleich schließen wird«, sagte er.
»Warum denn? Dieser Bosch hat doch gerade gesagt, dass es wahrscheinlich einen Vergleich mit hohen Entschädigungssummen geben wird.«
»Bosch ist ein Idiot, und das beweist er jeden Tag aufs Neue. Diese großen Pharmaunternehmen gehen in der Regel ein paarmal vor Gericht, um vorzufühlen, wie die Stimmung ist. Wenn sie von den Geschworenen eine auf den Deckel bekommen, fangen sie an, Vergleiche zu schließen. Wenn sie gewinnen, wird ein Fall nach dem anderen verhandelt, so lange, bis die Klägeranwälte aufgeben. Das könnte Jahre dauern.«
Mach dir keine Hoffnungen, meine Liebe.
David und Helen Zincs Liebesleben war fast so aktiv wie das von Wally und DeeAnna. Da David nicht mehr so viel arbeitete und erheblich mehr Energie zur Verfügung hatte, hatte es nicht einmal eine Woche gedauert, bis Helen schwanger geworden war. Und jetzt, wo er jeden Abend zu einer zivilen Zeit nach Hause kam, gaben sie sich alle Mühe, Versäumtes nachzuholen. Sie waren gerade mit einer Runde fertig, lagen im Bett und sahen fern, da erschien Bosch auf dem Bildschirm.
Als der Spot zu Ende war, sagte Helen: »Das wird langsam zur
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