Verteidigung
Gegenseite eingereicht hat?«
»Ich habe es gerade gelesen«, erwiderte David. »Sieht ziemlich zahm aus, finden Sie nicht auch?«
»Was wissen Sie über Prozessführung?«
»Autsch.«
»Entschuldigung. Da ist was im Busch. Ich muss Alisandros anrufen und der Sache auf den Grund gehen.«
»Es ist doch nur eine einfache Erwiderung und ein bisschen Beweiserhebung. Nichts, weshalb wir gleich in Panik ausbrechen müssten.«
»Wer bricht hier in Panik aus? Kennen Sie diese Frau? Sie arbeitet für Ihre ehemalige Kanzlei.«
»Ich habe sie nie kennengelernt, aber im Gerichtssaal soll sie grandios sein.«
»Das ist Alisandros auch. Doch es wird keine Verhandlung geben.« Wally klang erheblich weniger überzeugt als sonst. Dann murmelte er etwas, verließ Davids Büro und trampelte die Treppe hinunter. Seit der Einreichung der Klage war ein Monat vergangen, und Wallys Träume vom schnellen Geld lösten sich langsam in Luft auf. Es sah alles danach aus, als würden sie erst noch ein wenig arbeiten müssen, bevor die Verhandlungen für einen Vergleich losgehen konnten.
Zehn Minuten später bekam David eine E-Mail vom Juniorpartner der Kanzlei. Er schrieb: »Können Sie mit den Fragebögen anfangen? Ich muss zu einem Bestattungsinstitut.«
Natürlich, Wally, mach ich doch gerne.
18
Die geringfügigen Anklagepunkte gegen Trip wurden mangels öffentlichem Interesse fallen gelassen, allerdings musste er eine Erklärung abgeben, in der er sich verpflichtete, sich in Zukunft von der Kanzlei Finley & Figg sowie deren Anwälten fernzuhalten. Trip verschwand, seine Exfreundin dagegen nicht.
DeeAnna kam wie gewohnt wenige Minuten vor siebzehn Uhr in die Kanzlei. Dieses Mal war sie wie ein Cowgirl angezogen – hautenge Jeans, spitze Stiefel, eine enge rote Bluse, bei der sie wohl vergessen hatte, die obersten drei Knöpfe zu schließen. »Ist Wally da?«, flötete sie Rochelle entgegen, die sie nicht ausstehen konnte. Von DeeAnna ging eine Parfümwolke aus, die sich langsam im Raum ausbreitete und AJ dazu brachte, zuerst zu niesen, dann zu knurren und sich noch ein Stück weiter unter dem Schreibtisch zu verkriechen.
»Ja, ist er«, sagte Rochelle herablassend.
»Danke, meine Liebe«, erwiderte DeeAnna, die wie immer versuchte, Rochelle zu ärgern. Sie stolzierte zu Wallys Büro und trat ein, ohne anzuklopfen. Eine Woche zuvor hatte Rochelle sie angewiesen, sich hinzusetzen und wie alle anderen Mandanten zu warten. Doch inzwischen war klar, dass Dee-Anna erheblich mehr Einfluss hatte als die anderen Mandanten, zumindest was Wally anging.
Als DeeAnna im Büro war, warf sie sich ohne Umschweife ihrem Anwalt in die Arme, und nach einem langen Kuss und der obligatorischen Fummelei sagte Wally: »Du siehst großartig aus, Baby.«
»Alles für dich, Baby.«
Wally verschloss die Tür und setzte sich wieder auf seinen Stuhl am Schreibtisch. »Ich muss noch zwei Anrufe machen, dann können wir gehen«, sagte er lechzend.
»Natürlich, Baby«, gurrte sie, setzte sich und zog ein Klatschmagazin aus der Tasche. Sie las nichts anderes und war strohdumm, doch Wally war das egal. Er wollte nicht über sie urteilen. Sie hatte vier Ehemänner gehabt. Er hatte vier Ehefrauen gehabt. Es stand ihm nicht zu, über sie zu urteilen. Im jetzigen Stadium ihrer Beziehung waren sie dabei, sich gegenseitig im Bett umzubringen, und Wally war noch nie in seinem Leben so glücklich gewesen.
Vor der Tür zu Wallys Büro räumte Rochelle ihren Schreibtisch auf. Jetzt, wo »dieses Flittchen« in Mr. Figgs Büro war und Rochelle genau wusste, was dort drin vor sich ging, wollte sie möglichst schnell weg.
Die Tür zu Oscars Büro ging auf, und er kam mit einigen Dokumenten in der Hand heraus. »Ist Figg da?«, fragte er mit einem Blick auf Wallys Tür.
»Ja, aber er hat Besuch von einer Mandantin«, sagte Rochelle. »Die Tür ist verriegelt.«
»Sagen Sie’s nicht.«
»Doch. Der dritte Tag in Folge.«
»Und sie verhandeln immer noch über sein Honorar?«
»Keine Ahnung, aber er muss es wohl angehoben haben.«
Das Honorar war zwar nicht gerade berauschend, da es nur eine ganz normale einvernehmliche Scheidung war, doch Oscar bekam trotzdem einen Teil davon. Allerdings war er sich nicht sicher, wie das geschehen würde, wenn die Hälfte des Honorars auf dem Sofa abgearbeitet wurde. Er starrte einen Moment auf Wallys Tür, als würde er darauf warten, leidenschaftliches Stöhnen zu hören. Als nichts kam, wandte er sich wieder Rochelle zu und
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