Vertragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker?: Tragikomisches von unserem Körper und denen, die ihn behandeln (German Edition)

ist, Red-Bull-Shampoo zu erfinden – mit extra viel Taurin, natürlich aus Bullenhoden. Ist es zu hart, bist du zu schwach. Wir Männer glauben an Ursache und Wirkung und an Technik. Haarwässerchen sind der erste Schritt auf dem Weg der Selbstreparatur. Dann kommt lange nichts. Und dann der Arzt mit dem Messer: Haartransplantation als letzter Ausweg. Das Problem dabei, abgesehen von den normalen OP -Risiken: Es werden Haare von hinten nach vorne umgesiedelt. Aber Haare sind nicht gleich Haare. Aus wissenschaftlich noch unerfindlichen Gründen ist der Nacken eine niemals versiegende Quelle für Haare. Nun stelle man sich die Umsiedlung von mehreren dieser Wunderhaarwurzeln aus dem fruchtbaren Nackenauenland in die Ödnis des Vorderkopfs vor. Aufgrund ihres genetischen Programms werden sie ihre eigene Enklave bilden – selbst wenn um sie herum alles verdorrt. Dann hat der operierte Mann im schlechtesten Fall nach wenigen Jahren ein wunderschönes Stoppel- oder Streifenmuster auf dem Kopf. Auch der Herr Geheimrat wird sich wundern, wenn ihm eines Tages aus dem Spiegel Teufelshörnchen aus Nackenhaaren entgegenwinken. Punk is not dead.
    Haarige Angelegenheiten
    15 Millionen Männer in Deutschland sind von erblich bedingtem Haarausfall betroffen. Der Grund für diesen normalen, sogenannten androgenetischen Haarausfall ist eine erblich bedingte Empfindlichkeit der Haarfollikel für das Sexualhormon Dihydrotestosteron. Dieses entsteht aus Testosteron durch das Enzym 5 -Alpha-Reduktase. Dihydrotestosteron ist wichtig für die sexuelle Reifung des Mannes während der Pubertät. Was es im erwachsenen Mann tut, ist wissenschaftlich noch nicht vollends geklärt. Während Dihydrotestosteron Kopfhaare ausfallen lässt, stimuliert Testosteron paradoxerweise das Haarwachstum überall sonst am restlichen Körper.
    Es gibt verschreibungspflichtige Medikamente, die das Enzym 5 -Alpha-Reduktase blockieren. Das bekannteste ist Finasterid, das in wissenschaftlichen Studien Erfolge zeigte. Seine Nebenwirkungen können jedoch gravierend sein: Libidoverlust und erektile Dysfunktion, die sogar noch nach Absetzen des Medikaments anhalten können. Die Krankenkasse zahlt Finasterid in der Regel nicht.
    Es gibt einen ganzen Zoo an Haarelixieren und Shampoos, die Haarausfall stoppen oder Neuwuchs bewirken sollen. Man kann davon ausgehen, dass all diese Mittel nichts oder nur wenig bringen. Und selbst wenn, müssen sie lebenslang angewendet werden. Minoxidil schnitt in wissenschaftlichen Studien von allen noch am besten ab.
    Die Preise von Haartransplantationen schwanken sehr stark von Anbieter zu Anbieter und je nach Aufwand und Methode. Abgerechnet wird nach der Zahl transplantierter Nackenhaare. Gängig sind die Follicular-Unit-Extraction- und die Streifen-Methode. Der Spaß beginnt bei 2000 Euro und kann bis zu 10 000 Euro hochgehen. Mittlerweile hat sich auch ein Haartransplantations-Tourismus in die Türkei zu Billig-Operateuren entwickelt.

FREDERIK JÖTTEN

Der Ärger beim Entspannen
    Die Lebensenergie sitzt in den Nieren, und der Harndrang bestimmt das Leben – solchen Quatsch muss man sich in Meditationskursen anhören. Wie soll man so locker werden? Dabei gibt es eine viel bessere Entspannungstechnik.
    Ich gehe zum Entspannen in den Keller einer Mehrzweckhalle – ein Kurs in den Sporträumen der Uni. Vor mir schlurft ein junger Mann mit Afro-Look die Treppe hinunter, er blickt durch die Glasscheibe in der Tür, in den Raum, in dem der Kurs stattfinden soll. «Boah näh!», sagt er, dreht sich um und geht, ohne die Tür auch nur geöffnet zu haben.
    Ich trete ein. Vor mir sitzen fünf Frauen auf Isomatten, gegenüber vor einer Spiegelwand eine weitere Dame, augenscheinlich die Kursleiterin. Bin ich der einzige Mann, der Entspannung braucht? Vorstellungsrunde. Julia hat Stress im Medizinstudium, Anna ein Ziehen im unteren Rücken, Mathilde will was für den Beckenboden tun, Claudia ging es die letzte Zeit nicht so gut, und ich bin oft gestresst und will mal runterkommen. Mir scheint das eine recht heterogene Interessenlage zu sein, doch Gaby, die Kursleiterin, hat für jeden ein Lächeln und sagt: «Wir werden daran arbeiten.»
    Sie erklärt, dass sie uns Praktiken aus West und Ost lehren wird, von der Progressiven Muskelentspannung bis zu Zen. «Wir wollen den Fluss der Lebensenergien harmonisieren», sagt sie. Das ist genau das, was ich will. Ich bin dabei.
    Wir sollen uns aufstellen. Sie spricht leise und eindringlich. «Unser