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Vertrau deinem Herzen

Vertrau deinem Herzen

Titel: Vertrau deinem Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Wiggs
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seine Welt. „Ich habe das nie jemandem erzählt, nicht einmal meiner Mutter. Sie ist der Grund dafür, weshalb ich immer weggelaufen bin – damit ich zu ihr gehen und sie sehen kann. Ich habe sie so sehr vermisst, das war Wahnsinn.“
    Kates Herz wurde ganz schwer. „Es ist kein Wahnsinn.“
    „Ist es doch. Sie ist es nicht wert. Sie wollte mich nie. Und sie hatte recht“, fügte Callie leise an. „Ich neige dazu, alles kaputtzumachen.“
    Endlich! Kate hatte die ganze Zeit darauf gewartet, dass Callie sich zu Sonjas Kommentaren äußerte. „Das ist nicht das, was deine Mutter gesagt hat. Sie hat gesagt, ich soll dich fragen, wieso du von deiner letzten Familie weggelaufen bist. Ich habe es bisher nicht getan, weil ich dachte, es ist an dir, zu entscheiden, ob du es mir erzählen willst oder nicht.“
    „Ich hab es ruiniert“, sagte Callie mit sachlicher Stimme. „Die Youngs waren eine gute Familie, und ich hab es mir mit ihnen versaut. Wenn ich nicht von alleine gegangen wäre, hätten sie mich rausgeschmissen.“
    Kate schwieg. Sie hoffte, dass ihr Schweigen Einladung genug war weiterzusprechen.
    Und tatsächlich, wenige Augenblicke später fuhr Callie fort. „Ich habe alles vermasselt, ich ganz alleine. Die Youngs wollten mir helfen, aber ich habe sie nicht gelassen. Ich hab sie weggeschoben. Und dann bin ich weggelaufen.“
    Kate konnte es sich gut vorstellen. Callies Selbsterhaltungstrieb war stärker als ihr Vertrauen in die grundsätzliche Güte der Menschen. Sie hatte aus Selbstschutz gehandelt, ganz einfach. Kate verstand das.
    „Du wirst deine Art, mit Menschen umzugehen, die dich lieben und dir helfen wollen, ändern müssen“, entgegnete sie.
    „Ja, klar. Was immer du sagst.“ Callie ging in Richtung Waschküche. „Ich muss noch ein paar Sachen aus dem Trockner holen.“
    Kate wandte ihre Aufmerksamkeit wieder der Überarbeitung ihres zu langen Artikels zu. Ihre Redakteurin hatte das Thema als wichtig und die Fotos als perfekt bezeichnet, und als Kate das letzte Mal in Reichweite eines Handynetzes gewesen war, hatten sie eine Stunde darüber gesprochen, wie und wann der Artikel veröffentlicht würde. Sie wollten ihn auf dem Titel ankündigen; im Inhaltsverzeichnis würde sogar ein Foto gedruckt werden. Kate schrieb diesen Erfolg Callie zu; ihr Interview war von verstörender Ehrlichkeit gewesen. Kate war mehr oder weniger nur die Stenografin gewesen, die eine Geschichte über Gefahren und Durchhaltevermögen dokumentiert hatte. Sie hatte die ganze Zeit gewusst, dass ihr Artikel nur etwas verändern würde, wenn sie Callies Erzählung ungeschönt weitergab.
    Kate hoffte, dass Callie mit dem fertigen Artikel zufrieden sein würde. Er ließ nichts aus und war in einigen Passagen nicht gerade schmeichelhaft, aber niemals so, dass die Leser ihre Sympathie für die Heldin verlieren würden. Kate hatte die Zeitschrift sogar davon überzeugen können, einen Extrakasten mit Informationen über Diabetes einzustellen. In den letzten zehn Jahren hatte sich in den USA die Zahl der Teenager mit Typ-2-Diabetes verdoppelt.
    Manchmal dachte Kate beim Schreiben an die Dinge, die JD zu ihr gesagt hatte. Er hatte sie gefragt, wie human es war, von dem Leid anderer Menschen zu profitieren, davon, ihr Privatleben der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Und sosehr sie seine Äußerungen auch gestört hatten, führten sie doch dazu, dass sie einen noch besseren Artikel schrieb. Sie wog jeden Satz, jedes Wort sorgfältig ab. Kate hatte nicht vor, die Ereignisse zu verschleiern, schönzufärben oder zu romantisieren. Aber sie würde sie auch nicht ausschmücken oder künstlich dramatisieren.
    Sie würde einfach nur die Wahrheit schreiben. Callie hatte kein Problem damit. Und manchmal, wenn das Mädchen Erlebnisse aus seiner Vergangenheit offenbarte, hatte seine sachliche Erzählweise eine beinahe zerstörerische Kraft. Kate war entschlossen, das in ihrem Artikel einzufangen. Ironischerweise hatte sie es JD zu verdanken, dass sie besonders sorgfältig auf die Integrität ihres Artikel achtete. Seine Missbilligung und Skepsis mahnten sie jeden Moment, besonders sorgfältig, präzise und uneigennützig zu arbeiten.
    Nicht, dass sie ihm für diesen ungebetenen Rat dankbar wäre. Das wäre dann doch etwas zu viel verlangt. Sie konnte sich so eine Unterhaltung nicht einmal vorstellen. Würde sie wirklich sagen können: „Du hast aus mir eine bessere Journalistin gemacht?“ oder „Dieser Artikel ist besser

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