Vertrau deinem Herzen
zusammengekniffene Augen, aber sie ging bereitwillig mit hinein. In der Küche wurden ihre Augen groß, als sie die Fülle an Lebensmitteln auf dem Tresen sah.
Kate schenkte jedem ein Glas Eiswasser ein und holte eine Schüssel mit Kirschen heraus, ihr Lieblingsobst im Sommer.
„Setz dich“, sagte sie. „Erzähl mir von dir, Callie. Wie lange arbeitest du schon für Mrs Newman?“
„Ein paar Monate?“ Das Mädchen schaute sehnsüchtig zu den Kirschen.
Kate schob die Schüssel näher zu ihr. Ihr fiel auf, dass der alte Pinienholztisch, eines der originalen Möbelstücke im Haus, etwas heller geschrubbt war, als sie ihn in Erinnerung hatte, und mit viel Wachs auf Hochglanz gebracht worden war. Auch der Fußboden und die Armaturen glänzten, und nirgendwo hing der Hauch eines Spinnenwebens. Wenn das Callies Arbeit war, dann war es beeindruckend. Allerdings musste sie trotzdem noch daran arbeiten, Grenzen zu akzeptieren.
„Ahm ... werden Sie es ihr sagen?“, fragte Callie.
„Das sollte ich“, erwiderte Kate.
„Mom.“ Aarons Stimme erhob sich im Protest. Er hasste es, wenn Menschen Ärger bekamen, vermutlich weil er sich selber so oft welchen einhandelte.
Da sie selber vor einer Woche erst ungerechtfertigt gefeuert worden war, konnte Kate mit Callie mitfühlen. „Gut, ich werde ihr nichts sagen“, versicherte Kate. „Aber ich hätte gerne eine Erklärung.“
Das Mädchen nahm einen Schluck Wasser. „Ich, also, ich habe in den Häusern gewohnt, die ich sauber gemacht habe.
Also die, die leer standen“, gab sie zu. „Ich habe nie jemanden belästigt, und ich habe immer hinter mir sauber gemacht, hundertprozentig. Ich wusste nicht, dass Sie schon heute kommen, ich schwör’s. Sie standen erst für morgen auf der Liste.“
„Wir haben uns entschieden, einen Tag früher herzufahren.“ Kate musterte die besorgten Augen des Mädchens, die in Falten gezogene Stirn. „Wo ist deine Familie, Callie?“
„Ich habe keine Familie“, kam die dünne Antwort.
„Dazu hätte ich auch noch gerne eine Erklärung.“
„Meine Mutter ist weg, und meinen Vater habe ich nie kennengelernt.“ Sie warf den Kopf zurück und tat so, als würde ihr das nichts ausmachen.
„Also bist du obdachlos?“, fragte Aaron.
Callie nahm sich eine Kirsche und steckte sie in den Mund. „Ich sollte eigentlich bei einer Pflegefamilie sein, aber bei der letzten konnte ich nicht bleiben. Also bin ich gegangen.“
„Wieso?“, wollte Aaron wissen.
„Ich bin mit der Familie nicht zurechtgekommen“, murmelte das Mädchen. Seine Augen waren so grau und stürmisch wie der See im Winter.
„Du kannst bei uns bleiben“, schlug Aaron vor.
Kate verschluckte sich beinahe an einer Kirsche.
Glücklicherweise hatte Callie ihre Reaktion vorhergesehen. „Das würde ich dir und deiner Mom nie antun, Süßer.“ Sie erhob sich vom Tisch. „Es ist jetzt auch an der Zeit. Ich geh nur schnell hoch und hole meine Sachen, dann seid ihr mich auch schon los.“ Sie ging in Richtung Treppe.
Kate schaute ihr hinterher. Irgendetwas an dem Mädchen berührte sie. Sie bewegte sich so ungelenk in dem zu großen grauen Jogginganzug, und sie hielt den Kopf stets leicht eingezogen, als wenn sie jederzeit einen Schlag erwartete. Doch trotz der hässlichen Klamotten und der dreckigen Füße gab es einen Hauch von Teenagereitelkeit in ihr. Ihre Finger- und Fußnägel waren in einem wundervollen Pinkton lackiert.
Aaron schaute Kate vorwurfsvoll an.
„Sag nichts!“, warnte Kate und stand auf. „Ich werde mit ihr reden.“
„Ich wusste es.“ Er sprang vom Stuhl auf und reckte jubelnd eine Faust in die Luft.
„Du kannst mit Bandit spielen gehen, während ich versuche, das hier zu klären.“
Im großen Schlafzimmer hatte Callie die Jalousien geöffnet, um die Nachmittagssonne ins Zimmer zu lassen. An der Tür stand ein großer Rucksack, und Callie war gerade eifrig damit beschäftigt, das Bett neu zu beziehen.
„Ich habe meinen Schlafsack benutzt, ehrlich“, sagte sie. „Ich habe Ihre Bettwäsche nicht angerührt.“ Sie steckte das Laken unter einer Ecke der Matratze fest.
Kate nahm sich die andere Ecke vor. „Ich mache mir keine Sorgen um meine Bettwäsche“, sagte sie. „Ich mache mir Sorgen um dich. Wie alt bist du, Callie?“
„Ich werde, äh, im Juli achtzehn“, sagte sie, wobei ihr Blick nervös hin und her eilte. „Das ist gut, weil ich dann offiziell erwachsen bin und tun kann, was immer ich will.“
Kate fragte sich, was
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