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Vertrau deinem Herzen

Vertrau deinem Herzen

Titel: Vertrau deinem Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Wiggs
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„Ich habe sie seit über einem Jahr nicht gesehen.“
    „Meinst du, dass sie sich Sorgen um dich macht?“
    „Sie hätte sich Sorgen machen sollen, als wir alle mit diesem Perversen zusammengewohnt haben“, gab Callie zurück. Dann senkte sie die Stimme wieder. „Werden Sie das Jugendamt anrufen?“
    „Nicht wenn du ehrlich mit mir warst.“
    „Sie können meine Geschichte im Internet nachlesen“, sagte Callie. „Googeln Sie einfach ,Millennium Commune’.“
    „Ich habe hier keinen Internetanschluss. Wenn ich ins Internet muss, fahre ich nach Port Angeles in die Bücherei.“
    „Wie auch immer. Ich war jedenfalls ehrlich zu Ihnen.“ Während Callie sprach, schaute sie aus dem Fenster.
    Es lagen immer noch Geheimnisse in diesem Mädchen verborgen, da war sich Kate sicher. Sie betrachtete Callies Profil. Sie war hübsch, auch wenn das durch die Akne und einige dunkle Flecken auf der Haut, die sie beim Waschen wohl vergessen hatte, nicht offensichtlich war. Ihre Haare mussten mal wieder geschnitten werden, und die formlose Jogginghose und das alte T-Shirt waren nicht gerade schmeichelhaft für ihre etwas plumpe Figur. Aber wenn das Sonnenlicht auf die weiche Kurve ihrer Wange fiel, sah Kate eine andere Person neben sich sitzen. Ein Mädchen, das immer noch ein Kind war – egal, was sein Geburtsdatum sagte.
    Der Beschützerinstinkt in Kate wurde noch größer. Sie entschloss sich, einfach zu vertrauen. Sie wusste, dass sie diesem Mädchen eine Chance geben musste.
    „Würdest du gerne im Gästezimmer wohnen?“, hörte sie sich sagen. In den Zwanzigerjahren waren die Livingstons mit einer Haushälterin und einem Koch gereist. Das Personal hatte die kleinen Schlafzimmer mit angrenzendem Badezimmer im Erdgeschoss bewohnt. Spätere Generationen hatten ihre Gäste in diesen Räumen untergebracht; sie hatten dort mehr Privatsphäre als oben.
    Callie musterte sie mit zusammengekniffenen Augen. „Wo ist der Haken?“
    „Kein Haken. Du brauchst ein Dach über dem Kopf, und ich habe hier mehr Zimmer, als ich nutzen kann ...“
    „Danke, aber ... besser nicht.“ Sie schaute auf den geflochtenen Teppich auf dem Boden.
    „Du hast keine große Wahl mehr“, wies Kate sie hin. „Außerhalb der Saison stehen genügend Häuser leer, aber jetzt, wo der Sommer da ist, wird sich das ändern.“
    „Ich habe Campingsachen dabei.“
    „Ich habe ein Haus mit sechs Schlafzimmern.“
    „Warum?“, fragte Callie. „Da muss doch ein Haken an der Sache sein.“
    „Nein, kein Haken, das verspreche ich dir. Du hast gesagt, dass du ehrlich zu mir warst. Du hast eine schwere Zeit hinter dir. Warum willst du nicht hier bleiben, wo du in Sicherheit bist?“
    Sie schnaubte leise, ein Geräusch bitterer Heiterkeit.
    „Findest du irgendwas lustig?“, wollte Kate wissen.
    Callie schüttelte den Kopf. „Ich bleibe heute Nacht. Dann sehen wir weiter.“
    Tu mir bloß keinen Gefallen, dachte Kate. Dann erinnerte sie sich daran, was für einen Albtraum dieses Mädchen hinter sich hatte, wenn ihre Geschichte auch nur ansatzweise stimmen sollte. Sie nahm Callies Zögern nicht persönlich. Ihr ein Zimmer anzubieten war richtig. „Ich rufe Mrs Newman an und sage ihr, dass du bei uns bleibst.“
    Das Mädchen sah überrascht aus, sein Gesichtsausdruck ähnelte einem kurz vor dem Verhungern Stehenden, dem man einen Teller mit Essen reicht.
    „Alles wird gut“, sagte Kate sanft. „Wirst schon sehen.“
    Callie saß einen Augenblick sehr still und ruhig da. Kate vermutete, dass solch einfache Gesten der Mitmenschlichkeit ihr bisher noch nicht begegnet waren.
    „Erwarten Sie noch jemanden?“ Callie stand auf und trat ans Fenster.
    Kate hörte das Knirschen von Reifen auf Kies, dann das Geräusch einer zufallenden Autotür. Bandit ließ seine übliche Begrüßung ertönen.
    „Wer ist das?“, fragte Kate.
    „Ein ziemlich heißer Typ. Ist das Ihr Freund?“
    Aus irgendeinem Grund ließ diese Vermutung Kate das Blut in die Wangen schießen, als sie sich neben Callie ans Fenster stellte. „Ah, das ist der Mann, der ein Stück die Straße hinunter wohnt. Komm mit, ich stelle euch einander vor.“

6. KAPITEL
    A ls Kate und Callie aus dem Haus kamen, lief Aaron bereits im Kreis um JD herum und redete ununterbrochen auf ihn ein. JD wirkte ein wenig verwirrt von dem Enthusiasmus des Jungen. Vielleicht bereute er es bereits, hier vorbeigekommen zu sein.
    Beim Anblick von Aarons Versuch, die Aufmerksamkeit des Mannes zu erregen, verspürte

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