Vertrau deinem Herzen
panischen Flüstern aus. „Wo sind die Schlüssel?“
Es war ein Albtraum, schlimmer als der schlimmste Horrorfilm, in dem ein Mädchen namens Julie verzweifelt versucht, ein Auto zum Laufen zu bringen. Und bevor man sich’s versieht, ist sie Hackfleisch.
„Ich hab’s vermasselt.“ Kate ließ ihren Kopf gegen die Kopfstütze fallen und erinnerte sich, dass sie die Schlüssel auf der Arbeitsplatte in der Küche hatte liegen lassen.
Ein dunkler Schatten erhob sich am Beifahrerfenster. Bandit verfiel in ein rasendes Bellen.
„Tu uns nicht weh!“, flüsterte Kate. „Bitte, ich flehe dich an ...“
„Mom“, sagte Aaron vom Rücksitz aus und beruhigte den Hund.
„Pst“, erwiderte sie. „Ich muss verhandeln ... oh.“
Das Monster hielt ihre Autoschlüssel hoch und fragte: „Suchen Sie die hier?“
Nur dass es kein Monster war, wie Kate bemerkte, als die Panik aus ihrem Blick schwand. Es war ein ... Mädchen. Die beim Anblick des Hundes zusammenzuckte.
„Um Himmels willen!“, sagte Kate und ließ das Fenster herunter. Bandit steckte seine Schnauze durch den Spalt, und die Fremde trat ein paar Schritte zurück. „Was ist denn hier nur los?“
Das Mädchen sah so verlegen aus, wie Kate sich fühlte. Ihr Gesicht war rot, und sie starrte auf ihre dreckigen, nackten Füße. Ihr zerzaustes Haar fiel ihr ins Gesicht. „Ich wollte Sie nicht erschrecken.“
„Nun, das hast du aber.“ Das Adrenalin in Kates Körper fand keinen Ausgang mehr, also kristallisierte es sich in Wut heraus. „Was machst du in meinem Haus?“
Das Mädchen straffte die Schultern und schüttelte das Haar zurück. „Ich hab, äh, sauber gemacht. Ich arbeite mit Yolanda für Mrs Newman und putze die Sommerhäuser.“
Den Schlaffalten auf ihrem Gesicht nach zu urteilen, hatte das Mädchen so geputzt wie Goldlöckchen für die drei Bären. Bei näherer Betrachtung sah sie sogar ein wenig aus wie Goldlöckchen mit ihren lockigen blonden Haaren. Sie war allerdings älter. Fülliger. Sie hatte sich offensichtlich mehr als nur ein Schüsselchen Brei gegönnt.
Aber wie Goldlöckchen schien auch dieses Mädchen harmlos und sehr reuig zu sein. Kate spürte, wie ihr Ärger abschwoll. „Wie heißt du?“
„California Evans, Kurzform Callie. Kriege ich jetzt Ärger?“ Das Mädchen schnüffelte und wischte sich die Nase mit dem Handrücken ab. Sie hatte schlechte Haut und eine unmögliche Körperhaltung.
Als sie sie betrachtete, spürte Kate eine Welle des Mitgefühls, aber sie hielt es im Zaum. „Das habe ich noch nicht entschieden.“
„Können wir jetzt wieder aussteigen?“, wollte Aaron wissen.
Kate war immer noch ein bisschen besorgt. Im Haus gab es kein Telefon, und ihr Handy funktionierte hier nicht. Aber das Mädchen schien sein Verhalten wirklich zu bedauern und war offensichtlich mehr als peinlich berührt von dem ganzen Vorfall. Kates üblicher Impuls, anderen Menschen zu vertrauen, gewann die Oberhand, und sie nickte. „Okay.“
Callie schnappte nach Luft, als Aaron und Bandit aus dem Auto sprangen. Der Hund wedelte mit dem Schwanz und nieste zu Begrüßung, aber das Mädchen schlang nur die Arme fest um seinen Oberköper und trat einen Schritt zurück. Die Gesichtsfarbe wechselte von rot zu leichenblass. „Ich habe Angst vor Hunden“, sagte sie.
„Bandit tut dir nichts, ehrlich“, versicherte Aaron.
„Halt ihn von ihr fern“, wies Kate ihn an. Sie sah die Panik in Callies Augen. „Ich bin Kate Livingston, und das ist mein Sohn Aaron. Und Bandit.“
„Er ist hauptsächlich Beagle“, sagte Aaron. „Wir haben ihn Bandit genannt wegen der schwarzen Maske um seine Augen.“ Er zeigte auf die ungewöhnliche Farbgebung des Hundes, aber das Mädchen zog sich nur noch mehr zurück.
„Was machst du hier?“, fragte Aaron rundheraus.
Callie sah etwas unwohl aus. Kleine Schweißperlen bildeten sich auf ihrer Oberlippe und ihrer Stirn.
Oh mein Gott, dachte Kate. Ist sie krank? Eine Süchtige? Das war nicht gut.
Auf der anderen Seite war die Situation äußerst interessant. Kate rief sich in Erinnerung, dass sie jetzt eine freie Journalistin war. Sie musste sich von nun an selber um Geschichten kümmern. Vielleicht war ihr gerade eine in die Hände gefallen.
„Lasst uns erst einmal hineingehen“, sagte sie. „Bandit kann so lange draußen bleiben.“ Er hatte ein Körbchen auf der Veranda stehen, eines mit einer orthopädischen, wertvollen Matratze. Verwöhntes Ding. Callie betrachtete Kate durch
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