Vertrau deinem Herzen
glauben, dass ich das gesagt habe.“
Es war nicht ganz das, was Kate vorgeschwebt hatte. Teenager, dachte sie und schaute zu Aaron und den anderen Kindern, die immer noch auf dem Rasen spielten. „Ich will nicht, dass du jemand anderes bist, und ich glaube, du willst das auch nicht wirklich.“
„Ja, klar, alles ist super.“
Kate ließ sich davon nicht irritieren. „Vielleicht interessiert es dich ja, dass ich in deinem Alter auch dachte, ich wäre ein Loser. Die ganze Collegezeit über bin ich mit dem gleichen Typen ausgegangen. Ich dachte, Nathan wäre das Beste, was ich jemals kriegen würde – und natürlich hat er mich fallen lassen. Er hat Aaron noch nie in seinem Leben gesehen.“
„Was für ein Idiot!“
„Für diese Erkenntnis habe ich Jahre gebraucht.“ Kate fing Aarons Blick auf und winkte ihm, dass es an der Zeit war zu gehen. Darüber vergaß sie, was sie hatte sagen wollen. „Das ist jetzt das einzig männliche Wesen in meinem Leben“, sagte sie und beobachtete, wie Aaron sich von der Bibliotheksmitarbeiterin verabschiedete.
„Was? Wegen einer schlechten Erfahrung verabredest du dich nicht mehr? Meinst du nicht, dass du was Besseres verdient hast?“ Carrie schaffte es, Kates Ton genau zu imitieren.
„Ich habe nicht gesagt, dass ich mich nicht mehr verabrede. Ich habe bisher nur leider ... nicht sonderlich viel Glück dabei gehabt.“
„Was ist mit dem Typen?“
Kates Herz machte einen Satz. „Welchem Typen?“ „Du weißt genau, wen ich meine.“
Kate drehte sich kommentarlos um und ging in Richtung Jeep. Sie wusste es. Sie wusste es nur zu genau.
9. KAPITEL
A ls Kate die Einfahrt der Schroeders hinunterging, überlegte sie, dass das wohl der lahmste, offensichtlichste Trick war, den eine verzweifelte Frau sich ausdenken konnte. Er würde sie sofort durchschauen. Und das Schlimme war: Sie hatte es sich trotzdem nicht ausreden können. Ihre Unterhaltung mit Callie hatte sie verfolgt, und schlussendlich hatte sie zugeben müssen, dass das Mädchen, so jung und verwirrt es auch war, einen Punkt getroffen hatte. Sie konnte nicht auf der einen Seite Callie dazu drängen, sich Ziele zu setzen und Risiken einzugehen, wenn sie sich auf der anderen Seite selber nichts traute und so tat, als wenn alles in bester Ordnung wäre.
Denn es war nicht alles in Ordnung. Sie war neunundzwanzig Jahre alt und in machen Nächten so alleine, dass sie Angst hatte, zu zerbrechen, und dass die ganzen kleinen Teile von ihr sich auflösen und sie unsichtbar machen würden. Okay, das war ein wenig übertrieben. Aber es war an der Zeit, sich einzugestehen, dass nicht alles gut war. Dass sie etwas Neues probieren musste.
Sie wollte ihren Nachbarn am See besser kennenlernen, und sie würde nicht darauf warten, bis er den ersten Zug machte. Allerdings würde sie sich vorsichtig herantasten. Mable Ciaire Newman hatte ihr versichert, dass JD Harris ein großartiger Mann war, der nach seiner ehrenhaften Entlassung aus dem Militärdienst seinen Sommer am See verbringen wollte.
Das Haus der Schroeders war ausgesprochen rustikal. Inmitten von hohen Douglasfichten sitzend, bestand es aus einem Haupthaus mit mehreren Schlafzimmern, einem Bootshaus und einem Schuppen. Wie die meisten Häuser am See hatte es weder einen Fernseh- noch einen Telefonanschluss. Den Leuten gefiel es so. Hier war einer der wenigen Orte auf der Welt, wo man einfach mal alles ausblenden und sich erholen konnte. Denn genau dafür kam man hierher: um sich zu entspannen. Aufzuladen. Das Leben zu entschleunigen und einfacher zu machen.
Durch die Fliegentür konnte sie ihn am Küchentisch sitzen sehen. Wie ein Chirurg am OP-Tisch war er vollkommen auf etwas vor ihm Liegendes konzentriert. Zum ersten Mal sah sie ihn ohne die John-Deere-Kappe. Seine langen Haare waren von der Sonne gesträhnt. Im Profil sah sie eine klare, kantige Attraktivität, die ihr bisher nicht aufgefallen war. Seine Hände arbeiteten mit überraschender Feinfühligkeit, zwischen den Fingern hielt er eine feine Pinzette. Beim Anblick dieser starken Hände, die sich so geschickt bewegten, schlugen ihre Gedanken eine nicht ganz jugendfreie Richtung ein.
Reiß dich zusammen, Kate! ermahnte sie sich.
Vom tragbaren CD-Player ertönte ein Song von Ben Harper, seelenvoll und wahr, eine unerwartete Wahl für einen Mann, der aussah, als würde er Countrymusik bevorzugen. Sich eine schnelle, vollkommen falsche Meinung über Menschen zu bilden war eine von Kates Spezialitäten.
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