Vertrau deinem Herzen
Küchenfußboden. Trotzdem sah er sehr entspannt aus, als ob er hierhergehörte. Mit undurchdringlicher Miene sah er sich um.
Die Umgebung eines Menschen sagte sehr viel über ihn aus, das wusste Kate. Das Haus am See war seit Generationen ein Aufbewahrungsort für die Familiengeschichte, von den preisgekrönten Fotos ihres Großvaters von Teddy und Franklin Roosevelt bis zu der Fotocollage vom letzten Jahr, die Phils Frau von ihren Kindern gemacht hatte.
„Willkommen in meiner Welt“, sagte Kate. „Ich hab gerade mit dem Kochen angefangen.“
„Kann ich Ihnen helfen?“, fragte er.
Und einfach so hatte sie einen Partner. Einige Menschen wirkten in Küchen verloren und fehl am Platz. Nicht so JD. Ganz ungezwungen bereitete er die Maiskolben für den Grill vor, schnitt Tomaten und eine Wassermelone aus. Es fühlte sich ganz normal an, mit ihm zusammenzuarbeiten. Und es erinnerte sie an andere Zeiten hier, als das Zubereiten der Mahlzeiten noch Familiensache gewesen war. Die Küche war extra so angelegt worden, dass man mit mehreren Leuten in ihr arbeiten konnte, und um die Kochinsel in der Mitte war ausreichend Platz, um sich nicht gegenseitig auf die Füße zu treten.
„Das wird ja ein richtiges Festmahl“, bemerkte er.
„Ich hab auf dem Weg von der Stadt hierher einen Straßenstand mitgenommen.“ Sie legte die Forelle in die Spüle und stellte das Wasser an. Der Fisch war mit beinahe chirurgischer Präzision gesäubert worden.
Aus Callies Zimmer erklang Musik, und Kate summte den Song der Libertines mit, während sie geschmolzene Butter auf die Fischfilets strich. „Das Mädchen ist verrückt nach Musik“, erklärte sie JD. „Und sie kennt sich gut aus. Ich habe ein paar meiner CDs von Zuhause mitgebracht, aber ich fürchte, die findet sie hoffnungslos uncool.“
Er entfernte die letzten seidigen Fäden vom letzten Maiskolben. „Hat sie irgendeinen Plan? Für das Ende des Sommers, meine ich.“
„Callie? Ich habe sie noch nicht gefragt.“ Kate würzte die frische Forelle mit Zitrone, Salz und Pfeffer. JD hielt ihr die Tür auf, als sie nach draußen ging, um den Grill anzufeuern. „Ich habe das Gefühl, dass sie sich bedeckt halten will, bis sie achtzehn wird. Sie hat vermutlich Angst, dass man sie sonst wieder in eine Pflegefamilie steckt, in der sie sich nicht wohlfühlt.“ Kate überlegte, ob sie ihm erzählten sollte, was sie über Sonja Evans herausgefunden hatte, entschied sich dann aber dagegen. Auch wenn es sich aus welchem Grund auch immer total normal anfühlte, mit ihm über die Kinder zu reden. Aber auch da musste sie sich zusammenreißen. Er war nicht ihr Partner. Er war gar nichts für sie.
Während der Fisch und der Mais auf dem Grill lagen, deckten sie den Tisch auf dem Rasen. Kate fragte sich, ob es nur ihr so vorkam oder ob die ganze Szene wirklich so vertraut war, als wenn sie schon zehn Jahre und nicht erst zehn Minuten miteinander verbracht hätten.
„Ich wollte Sie noch was wegen Callie fragen“, sagte er, während er die alten, angestoßenen Emailleteller verteilte. „Glauben Sie, sie will sich vielleicht was dazuverdienen? Natürlich unter der Hand“, fügte er hinzu. „Ich könnte jemanden gebrauchen, der ein paar Stunden in der Woche bei mir sauber macht.“
Kate konnte das breite Grinsen, das sich in ihr Gesicht stahl, nicht unterdrücken. Ihr Herz fühlte sich mit einem Mal anders an. Voller. Wärmer. Sie wusste, dass er keinen wöchentlichen Putzservice bei sich brauchte. Er wollte einfach nur Callie helfen. Er war wie ihr Lieblingsbonbon: harte Schale und innen ein ganz weicher, süßer Kern. „Okay“, grinste sie. „Sie sind aufgeflogen.“
„Aufgeflogen?“ Sogar hinter seiner Sonnenbrille konnte sie sehen, dass er sie anstarrte.
„Ich wusste, dass Sie etwas verbergen, aber nun hab ich Ihr Geheimnis enträtselt.“
Er ließ eine Gabel auf den Tisch fallen. „Kate, ich ...“
„Sie müssen sich nicht erklären“, unterbrach sie ihn. „Dafür muss man sich doch nicht schämen.“ Sie entschloss sich, alles auf eine Karte zu setzen. „Ich bin froh, dass ich jetzt die Wahrheit über Sie weiß.“
Er hob die Gabel wieder auf. „Sind Sie das?“
„Natürlich. Vor mir müssen Sie jetzt nicht mehr spielen. Aber ich werde Ihr Geheimnis hüten, versprochen.“
„Das werden Sie wirklich?“
„Sicher. Auch wenn ich persönlich einen Mann mit einem Herz aus Gold unglaublich attraktiv finde und nicht weiß, warum Sie das verbergen
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