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Vertrau mir! - Thriller

Vertrau mir! - Thriller

Titel: Vertrau mir! - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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die Ausgaben für die Weihnachtsgeschenke.
    »Gib sie zurück!«, schrie der sieben Jahre alte Kevin hinter ihr, und sie hörte das allzu vertraute Geräusch einer Kinderfaust, die eine Kinderschulter schlug.
    »Kevin haut Brandon«, meldete ihre Nichte Megan mit müder Stimme. »Wegen der blöden Tauschkarten.« Megans Ton machte deutlich, was sie von den Karten hielt.
    »Kevin«, sagte Ashley und blickte zu ihm zurück. »Wir schlagen nicht.«
    »Du schlägst nicht, ich schon«, erwiderte Kevin. »Er zerreißt meine Karte, Mom!«
    »Brandon, gib ihm die Karte zurück. Und du, Kevin, schlägst deinen Bruder nicht. Wenn ihr nicht aufhört, gibt’s keine Nachspeise.« Sie fuhr am Bahnhof von Ripley vorbei; ihr Haus war nur zwei Minuten entfernt.
    Im Rückspiegel sah sie, dass Kevin das Gesicht gegen das Fenster drückte und den langen Güterzug ansah, der in Ripley einfuhr. Kevin und Züge. Sie hatten ihn schon fasziniert, als er gerade erst laufen lernte. Gott, das war erst ein paar Jahre her. Sie wurden so schnell groß.
    Plötzlich ertönte ein lauter Knall, und der Minivan machte einen Ruck. Ashley dachte im ersten Moment, ein Reifen sei geplatzt. Der Lärm, als der Zug entgleiste, war ohrenbetäubend, Stahl traf auf Stahl und barst mit einem grauenhaften Kreischen, das sie bis in die Knochen spürte.
    »Großer Gott!«, schrie sie. Dann brüllte Kevin, und sie stieg auf die Bremse und sah, dass die Fenster geborsten und die Kinder mit Glasscherben bedeckt waren. In dem Lärm hatte sie das Splittern der Fensterscheibe gar nicht bemerkt. Alle drei Kinder schrien laut. Sie hielt den Wagen an und drehte sich auf ihrem Sitz um.

    »Der Zug ist entgleist!«, rief Kevin. »Mom, ich hab’s gesehen, ich hab’s gesehen!« Seine Stirn blutete aus einer Schnittwunde, Megan kreischte laut, und Brandon schützte sein Gesicht mit beiden Händen, in denen er immer noch die japanische Spielkarte seines Bruders umklammert hielt. Ashley hatte nur Augen für ihre Kinder und sah nicht die Männer am Bahnhof - mit einigen von ihnen war sie auf die Highschool gegangen -, die zu der Ziehharmonika der entgleisten Waggons liefen und plötzlich taumelten und zu Boden sanken, wie von einer unsichtbaren Faust niedergeschlagen.
    »Mom! Es tut weh!« Kevin begann zu husten und sich die Augen zu reiben.
    »Was?«
    »Hals … mein Hals«, stöhnte Kevin, und dann spürte Ashley es auch, ein furchtbares Brennen im Hals und in den Augen. So als hätte man glühende Streichhölzer hineingestoßen. Ein schwerer Geruch wie Bleichmittel strömte ins Auto. Die Kinder rieben sich die Augen und den Mund.
    Schnell weg, dachte Ashley. Aus diesem Haufen von ineinanderverkeilten Waggons war irgendetwas Furchtbares ausgetreten. Ein grüngelber Schleier breitete sich aus und kroch über den Boden.
    Oh mein Gott. Nicht meine Kinder, dachte sie verzweifelt. Es gelang ihr, den ersten Gang einzulegen, während ihre Augen, Nase und Mund höllisch brannten. Übelkeit breitete sich in ihrem Magen aus, und sie hatte das Gefühl, dass es ihr die Kehle zuschnürte. Sie drückte das Gaspedal bis zum Anschlag durch. Blinzelnd und nach Luft ringend sah Ashley die Abzweigung, die zu ihrem Haus führte, das einen halben Block entfernt war. Der schönste Anblick auf der Welt. Fahr nach Hause, ruf 911 an, wasch die Kinder in der Badewanne, dann wird alles gut, es muss einfach gut werden.

    Sie bekam am Rande mit, dass Leute die Straße entlangliefen, weg vom Bahnhof. Einige brachen zusammen, als sie an ihnen vorbeibrauste.
    Nur weg von hier, bring die Kinder ins Haus, das darf uns nicht passieren.
    Ashley Barton bog zu früh und viel zu schnell ab, von ihrer blinden Panik getrieben. Sie kam mit dem Wagen ins Schleudern, verlor die Kontrolle und krachte frontal in die Auslage einer kleinen Weinhandlung. Sie flog durch die Windschutzscheibe und dachte noch das kann nicht wirklich passieren, es darf nicht sein, und dann waren die Schmerzen weg und die Schreie verstummt.
     
    Die Explosion war nicht so laut, wie er gedacht hatte, aber schließlich war die Bombe ja eine Präzisionsarbeit. Gerade groß genug, um die Chlortanks zu durchlöchern, aber nicht so stark, dass ein großer Teil des Gases womöglich verbrannte und damit unwirksam blieb. Snow hatte die Sprengladung auf die Stärke der Tanks abgestimmt. Die Entgleisung folgte zwangsläufig.
    Er konnte sich das Chaos gut vorstellen; im Umkreis von mehreren hundert Metern würde alles von einer dichten Chlorwolke eingehüllt

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