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Vertrau mir

Vertrau mir

Titel: Vertrau mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Arden
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kleinen Schikanen belegt. Doch die Welt wird von Tag zu Tag verrückter, die Menschen in ihr immer gewalttätiger. Die Hemmschwelle liegt heutzutage um einiges niedriger als noch vor wenigen Jahren. Damals wurden Verräter schikaniert. Ich weiß nicht, was man heute mit ihnen macht. Und ich weiß nicht, was man mit Spitzeln macht, wenn man sie entlarvt.«
    Annas Stimme klang sehr ernst. Ihr Blick ruhte auf Maike. Die konnte sich dem tiefen Grün in Annas Augen nicht entziehen. Es war ihr bereits heute morgen aufgefallen, dass Anna eine ungewöhnlich starke Ausstrahlung hatte. Nun, wo sie ihr hier am Küchentisch gegenübersaß, spürte Maike es um so deutlicher. Anna strahlte so gar nichts von einer gescheiterten Existenz aus, die sie doch eigentlich war. Immerhin hatte Anna nicht nur ihren Job falschen Idealen geopfert, sondern praktisch ihre ganze Existenzgrundlage. Als sie den Irrtum erkannte, war es zu spät. Von alldem war Anna nichts anzumerken. Sie trat absolut selbstsicher auf, wie Maike fand. Der Gedanke faszinierte sie. Anna Ravensburg faszinierte sie!

4.
    » W ir sehen uns heute Abend«, verabschiedete sich Maike.
    Anna sah ihr stumm nach. Den Rest des Nachmittags verbrachte sie mit dem Reinigen der Tierunterkünfte und damit, sich immer und immer wieder zu fragen, wie Maike Roloff es nur geschafft hatte, sie für ihren Wahnsinn einzuspannen. Anna machte sich große Vorwürfe. Sie hätte beherrschter sein müssen, stur ablehnen und fertig.
    Darüber hinaus wuchsen ihre Sorgen. Maike Roloff nahm ihre Warnungen nicht ernst. Obwohl Maike wusste, dass sie es mit skrupellosen Entführern zu tun bekam, wenn ihre Suche Erfolg haben würde, ignorierte sie die Tatsache, dass diese Suche gefährlich war. Das ergab keinen Sinn. Offenbar machte der Erfolgszwang Maike blind gegenüber der Gefahr. Sie wollte sich und den anderen auf Teufel komm raus beweisen, dass . . . ja was eigentlich? Dass sie die beste Polizistin unter der Sonne war? Wozu? Was brachte ihr das? Eine Gehaltserhöhung? Einen Orden? Beides? War dies das Risiko wert?
    Anna verstand diese Frau nicht.
    Aber das musst du ja auch nicht, sagte sie sich im selben Moment. Was ging es sie an, was Maike Roloff tat? Wenn die der Meinung war, sie müsse sich, um ihren Job zu machen, in diese Szene begeben, dann sollte sie das tun. Andere machten endlose Überstunden und ließen sich krankenhausreif stressen. Was war unvernünftiger?
    Anna beschloss, sich nicht weiter den Kopf über Maike Roloff zu zerbrechen. Sie hatte genug eigene Probleme, über denen sie brüten konnte. Zum Beispiel, wovon sie die offenen Rechnungen zahlen sollte. Die Umbauarbeiten schluckten viel mehr Geld, als sie kalkuliert hatte, obwohl sie so weit wie möglich nur Geld für Material ausgab und die meisten Arbeiten selbst durchführte. Der Kreditantrag lag seit Tagen bei der Bank, aber es kam keine Antwort. Sie konnte nicht länger warten. Es wäre klug, nach Möglichkeiten zu suchen, ein paar Euro dazuzuverdienen.
    Anna schloss gerade die Tür zum Schuppen ab, als Maike wieder auf den Hof fuhr. Ein Blick auf die Uhr zeigte Anna, es war schon kurz vor acht. Sie waren verabredet. Bei all der Arbeit und der Vielzahl der Gedanken, die ihr im Kopf herumgingen, war die Zeit wie im Flug vergangen.
    Maike stieg aus dem Wagen. Anna war sich ihres verdatterten Blickes durchaus bewusst. Wäre sie es nicht gewesen, hätte Maikes Reaktion sie aufgeklärt. Statt »Hallo« zu sagen, fragte die: »Was ist?«
    Anna konnte sich ein leichtes Grinsen nicht verkneifen. »Designerklamotten sind in der Szene eher unüblich.«
    Maike sah verständnislos an sich herunter, dann zu Anna. »Es gibt noch andere Outfits als Jeans und Karohemd.«
    Anna zuckte mit den Schultern. »Ich sage nur, dass Sie in Ihrem Outfit nicht gerade Sympathien bei den Leuten gewinnen werden, zu denen Sie Kontakt aufnehmen wollen. Aber die Entscheidung liegt bei Ihnen.«
    »Okay«, lenkte Maike ein. »Was schlagen Sie vor?«
    »Kommen Sie ins Haus. Ich gebe Ihnen was. Wir haben ja ungefähr dieselbe Statur.«
    Maike folgte ihr. Anna gab ihr aus ihrem Schrank einige Sachen, von denen sie annahm, dass sie Maike passten. Die verschwand damit im Bad. Als Maike wenig später wiederkam, musste Anna neidvoll zugeben, dass auch diese Sachen Maike sehr gut standen. Sie hatte die zu langen Ärmel des Hemdes hochgekrempelt, die obersten Knöpfe standen offen und gaben den Blick auf das enganliegende T-Shirt frei, das sich deutlich um zwei

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