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Vertrauen

Titel: Vertrauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anselm Gruen
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tiefste Sehnsucht. Wenn du Gott hast, hast du alles, was du brauchst, um wahrhaft leben zu können.
Amen des Universums
    M anchmal spüren wir in uns eine Liebe, die zu allem strömt, was ist. In ihr fühlen wir uns mit allem eins. Novalis hat diese Erfahrung im Blick, wenn er sagt: „Die Liebe ist das Amen des Universums.“ Die Liebe erfüllt das ganze Universum. Sie strömt uns aus einer schönen Blume entgegen. Sie begegnet uns in der Schönheit der Berge. Johannes vom Kreuz nennt die Berge „mein Geliebter“. Sie waren für ihn verdichtete Liebe. Amen heißt Bejahung. In der Liebe bejaht sich das Universum selbst. Und in der Liebe sagt das Universum Ja zu uns Menschen. Wer sich der mütterlichen Erde überlässt, indem er sich auf eine blühende Frühlingswiese legt, der fühlt dieses Amen des Universums. Er fühlt sich von Liebe durchdrungen und umgeben. Die Sonne erfüllt ihn mit Liebe, der Wind streichelt liebevoll seine Wangen. Und alles Tönen der Natur macht die Liebe für ihn hörbar.
Kein Maß hat die Liebe
    W enn wir anderen etwas geben, sollen wir jedoch unser Maß nicht zu klein berechnen. So fordert uns Jesus im Lukasevangelium auf: „Gebt, dann wird auch euch gegeben werden. In reichem, vollem, gehäuftem, überfließenden Maß wird man euch beschenken; denn nach dem Maß, mit dem ihr messt und zuteilt, wird auch euch zugeteilt werden.“ (Lk 6, 38)
    Ulrike Nisch, eine ganz einfache Frau, die Ende des letzten Jahrhunderts selig gesprochen wurde, hatte in ihrem Leben den Grundsatz: „Kein Maß hat die Liebe.“ Wenn unsere Liebe aus der Quelle der göttlichen Liebe strömt, dann kennt sie kein Maß. Denn die göttliche Quelle ist ohne Maß. Eine solche Liebe überfordert uns nicht. Und wir werden selbst – so zeigt es uns Jesus – auch mit einem reichen, überfließenden Maß beschenkt werden.
Wie man lieben soll
    Ä hnlich wie die frühen Mönche schätzen die Chassidim, die frommen Juden, das Mitleid als eine der wichtigsten Tugenden des Menschen. Martin Buber hat uns wunderbare Geschichten aus dem Chassidismus überliefert. In einer dieser Erzählungen sagt Rabbi Mordechai: „Mein Sohn. Wer nicht fünfzig Meilen in der Runde die Schmerzen jeder Gebärenden verspürt, dass er mit ihr leide und für sie bete und ihr Linderung erwirke, verdient nicht, ein Zaddik genannt zu werden.“ Und in einer anderen Geschichte erzählt Rabbi Mosche Löb: „Wie man die Menschen lieben soll, habe ich von einem Bauern gelernt. Der saß mit anderen Bauern in einer Schenke und trank. Lange schwieg er wie die anderen alle. Als aber sein Herz von Wein bewegt war, sprach er seinen Nachbarn an: ‚Sag du, liebst du mich oder liebst du mich nicht?‘ Jener antwortete: ‚Ich liebe dich sehr.‘ Er aber sprach wieder: ‚Du sagst: ich liebe dich, und weißt doch nicht, was mir fehlt. Liebtest du mich in Wahrheit, du würdest es wissen.‘ Der andre vermochte kein Wort zu erwidern, und auch der Bauer, der gefragt wurde, schwieg wieder wie vorher. Ich aber verstand: Das ist die Liebe zu den Menschen, ihr Bedürfen zu spüren und ihr Leid zu tragen.“ Echte Liebe hat die Fähigkeiten, mit dem anderen zu fühlen, genau zu spüren, was ihm fehlt, und es gemeinsam mit ihm zu tragen. Diese Erfahrung kommt auch in einem Wort des indischen Weisen Tagore zum Ausdruck: „Derjenige, der Gutes tun will, klopft am Tor; derjenige, der liebt, findet das Tor offen.“
Stärker als Schuld ist die Liebe
    M artin Luther hat den Glauben (fides) vor allem als Vertrauen (fiducia) verstanden. Glauben heißt für ihn nicht, an die Dogmen zu glauben, sondern Vertrauen in Gott zu haben, der mich annimmt, der mir in Jesus Christus seine Liebe erwiesen hat, der mir alle Schuld vergibt und mir Zuversicht schenkt, dass mein Leben gelingt. Luther hat hier etwas Wesentliches gesehen. Die Grundlage des Vertrauens ist der Glaube. Ich glaube Gott, ich traue Gott, ich vertraue darauf, dass er mir in Jesus Christus Zuversicht geschenkt hat, dass seine Liebe stärker ist als alle meine Schuld. Dieses Vertrauen nennt Luther ein fröhliches Vertrauen, ein Vertrauen, das uns Fröhlichkeit schenken und uns von aller Angst befreien soll. Martin Luther war von der Frage getrieben: „Wie bekomme ich einen gnädigen Gott?“ Offensichtlich hatte er oft genug daran gezweifelt, ob er von Gott angenommen wird. Diese Zweifel wurden genährt durch die Selbstzweifel, die der junge Mann Luther in sich trug. Man kann diese Selbstzweifel psychologisch erklären.

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