Vertrauen
auch keinen Nicht-Glauben ohne Zweifel. Wir können ja die Deutungsmuster anschauen, mit denen Nicht-Glaubende die Wirklichkeit interpretieren. Entspricht das mehr der Wirklichkeit als die Deutung des Glaubens?
Für mich ist es eine Hilfe, die Alternative des Nicht-Glaubens zu Ende zu denken: „Alles ist Einbildung. Wir könnennichts wissen.“ Wenn ich diese Alternative zu Ende denke, dann steigt in mir eine tiefe Gewissheit auf: Die Deutung des Glaubens stimmt. Und es reift in mir der Entschluss: „Ich setze auf die Karte des Glaubens. Ich entscheide mich für den Glauben.“ Wir können den Glauben nicht letztlich beweisen. Aber er ist trotzdem vernünftig. Und es ist nicht gegen meinen Verstand, wenn ich auf die Karte des Glaubens setze. Jedoch braucht es immer auch den Sprung in den Glauben, es braucht Vertrauen und Entscheidung.
Ein weiterer Aspekt des Glaubens zielt auf die Haltung. Ich glaube jemandem . Glaube ist Vertrauen auf eine Person. Auch wenn dieses Vertrauen letztlich Gott als den eigentlichen Halt unseres Lebens meint – es ist für viele noch nicht möglich, Gott zu vertrauen, der ihnen so weit weg erscheint. Und dennoch fühlen sie sich irgendwie getragen. Dietrich Bonhoeffer hat in seinem berühmten Gedicht kurz vor seiner Ermordung im KZ von den guten Mächten gesprochen, die uns tragen: „Von guten Mächten wunderbar geborgen, erwarten wir getrost, was kommen mag. Gott ist mit uns am Abend und am Morgen und ganz gewiss an jedem neuen Tag.“ Diese Worte können auch Menschen für sich in Anspruch nehmen, die sich schwer tun, Gott als den Grund ihres Vertrauens zu erkennen. Die guten Mächte, von denen Bonhoeffer spricht, hat er als die gute Macht Gottes verstanden, als seine Engel, die uns begleiten. Andere werden es eher als ein Getragensein von einer höheren Macht verstehen, die sie nicht als den personalen Gott bezeichnen können.
„Habt Vertrauen, ich bin es!“
M atthäus erzählt uns im 14. Kapitel von Glauben und Unglauben, von Daseinsangst und wieder gefundenem Vertrauen. Die Jünger waren allein ins Boot gestiegen und ruderten zum anderen Ufer. Doch das Boot „wurde von den Wellen hin und her geworfen; denn sie hatten Gegenwind“ (Mt 14,24). Während die Jünger sich mühten und gegen die Wellen ankämpften, kam Jesus ihnen auf dem See entgegen. Als die Jünger ihn über das Wasser gehen sahen, „erschraken sie, weil sie meinten, es sei ein Gespenst, und sie schrieen vor Angst“ (Mt 14,26). Anstatt sich darüber zu freuen, dass Jesus ihnen zu Hilfe kommt, bekommen sie Angst. Sie halten Jesus für ein Gespenst. Da kommt ihnen etwas entgegen, was sie nicht in ihr Weltbild einordnen können. Es ist das Unbekannte, das Geisterhafte, das Fremde.
In diese Angst hinein spricht Jesus wieder das Wort: „Habt Vertrauen, ich bin es; fürchtet euch nicht!“ (Mt 14,27). Mit dem Wort „Ich bin es“ will Jesus den Jüngern nicht nur sagen: Ich bin kein Gespenst. Ich bin der, den ihr kennt, der kurz zuvor noch bei euch war. In dem griechischen Wort „ego eimi“ klingt vielmehr auch die Gottesoffenbarung am brennenden Dornbusch an: „Ich bin, der ich bin“ (Ex 3,14). Es begegnet ihnen kein Gespenst, sondern Gott selbst. Gottes Anwesenheit sollte ihnen Vertrauen vermitteln und keine Angst. Immer wenn Gott Angst macht, ist es nicht der Gott Jesu Christi, sondern ein dämonisches Gottesbild, das wir in uns tragen. Der Gott Jesu begegnet uns als der, der uns die Angst nimmt vor allem Bedrohlichen und Dämonischen.Und Jesus selbst wird uns von den Evangelisten immer wieder als der beschrieben, der den verängstigten Menschen Vertrauen ins Dasein vermittelt. Das ist das eigentliche Merkmal Jesu: Er beruhigt die Daseinsangst des Menschen und schenkt ihnen neues Vertrauen, Vertrauen in den, der sie trägt, Vertrauen in das Leben, das Gott uns als etwas Gutes geschenkt hat, und Vertrauen in die eigenen Möglichkeiten, die wir von Gott empfangen haben.
Die Reaktionen auf dieses Angebot Jesu sind freilich schon im Evangelium unterschiedlich – und auch daraus lässt sich für heute etwas lernen. Petrus etwa hat auf einmal Vertrauen gefunden. Wenn Jesus über das Wasser wandeln kann, dann müsste er es doch auch können. Und so sagt er zu Jesus: „Herr, wenn du es bist, so befiehl, dass ich auf dem Wasser zu dir komme.“ Jesus sagte: „Komm!“ Da stieg Petrus aus dem Boot und ging über das Wasser auf Jesus zu. Als er aber sah, wie heftig der Wind war, bekam er Angst und begann
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