Vertraute der Sehnsucht (German Edition)
spürte seine Zuneigung im leisen Stocken seiner Stimme und in seinen vorsichtigen Berührungen, als er ihre Haut streichelte. Sie bedeutete ihm viel. Er liebte sie, daran hatte sie keine Zweifel.
Aber er gab sich ihr nicht als ihr Gefährte hin. Er wollte ihr eine Chance geben, damit sie durch sein Blut ihr Augenlicht wiedererlangte. Er wollte sie wieder ganz machen. Aber würde er ihr sein Blut auch anbieten, wenn sie ihm jetzt in diesem Moment in die Augen blicken könnte? Wenn sie den Mann sehen könnte, den sie liebte, den Mann, an dem ihr Herz hing, egal ob sein Blut diese Liebe besiegelte oder nicht?
Ihr eigenes Blut musste ihm ihre Zweifel verraten haben, denn kaum hatte sie den Gedanken zu Ende gedacht, als Kellans Finger unter ihr Kinn glitten und er ihren Kopf hob, um ihr in die blinden Augen zu blicken. »Wenn ich mir vorgestellt habe, dass ich diesen Teil von mir mit dir teile, Mira, dann war es immer eine heilige Sache für mich. Etwas, das wir in Leidenschaft tun, beim Sex und mit einer gemeinsamen Zukunft, die sich bis in die Ewigkeit erstreckt. Ich habe es mir nie so wie jetzt vorgestellt«, sagte er, und seine Stimme war leise und heiser. »Es war nie etwas für mich, das ich für dich tun wollte, wenn du leidest und Angst hast und wenn ich hilflos und verzweifelt bin und verdammt dazu, dich schon bald zu verlieren. Und mit einem Gefährten wie mir ist dir im Moment wohl am wenigsten gedient.«
»Ich will niemanden außer dir, Kellan. Da war nie ein anderer.« Sie streckte die Hand nach ihm aus, doch sie konnte ihn nicht finden und griff in Luft und Dunkelheit. Tief aus ihrer Kehle entschlüpfte ein leiser, gebrochener Laut der Enttäuschung.
Dann fand Kellans Hand die ihre, und er umschloss sie mit festem Griff. »Hier bin ich«, sagte er und küsste sie mitten auf ihre Hand. »Ich habe dich, Maus.«
»Ja, das hast du«, erwiderte sie, und sie war so von Liebe für ihn erfüllt, dass sie dachte, ihr würde das Herz davon zerspringen. »Du wirst mich nicht verlassen, oder, Kellan? Das hast du mir versprochen. Du verlässt mich nicht.«
Sein Fluch war ein geflüsterter Schwur. Dann war sein Mund auf ihrem, und sein Kuss war überwältigend, besitzergreifend und doch voll süßer Zärtlichkeit. Seine Lippen lösten sich von ihr, und sie spürte, wie er seinen Arm bewegte. Sie hörte ein leises, feuchtes Geräusch, dann roch sie den würzig-dunklen Geruch seines Blutes.
»Öffne deinen Mund für mich, Kleines«, flüsterte er und legte sein Handgelenk an ihre Lippen.
Mira trank von seinem Blut. Der erste Schluck war, als würden heiße Flammen über ihre Zunge rinnen. Sie schluckte das Blut hinunter, dann trank sie noch einen Schluck. Und noch einen.
Nie hatte sie es sich so vorgestellt.
Nichts hätte sie darauf vorbereiten können, wie sich die Hitze und Stärke anfühlten, die durch die Verbindung zu Kellan nun in ihr tosten.
Mira trank von ihm in fiebrigen, gierigen Schlucken. Als sie vollständig miteinander blutsverbunden waren, konnte sie sich nur noch an ihm festhalten und sich ganz dem Ansturm von Licht und Kraft hingeben und von noch etwas Intensiverem, das sie nicht mit Worten beschreiben konnte und das doch jeden Muskel, jeden Knochen, jede Zelle ihres Körpers anfüllte.
Er war ihr blutsverbundener Gefährte.
Mit jeder Faser seines Körpers gehörte Kellan nun zu ihr, und wenn das Schicksal ihn ihr nehmen wollte, dann hatte Mira nicht vor ihn einfach herzugeben. Die grausame Göttin konnte sich auf einen verdammt harten Kampf gefasst machen.
21
Leer.
Keine Spur von Mira, Bowman oder sonst jemandem im alten Militärfort in der Nähe von New Bedford. Der Bunker mit seinen vielen unterirdischen Kasematten, der sich in einem verwilderten Park auf einer felsigen, auf drei Seiten vom Atlantik umschlossenen Landzunge versteckte, schien erst kürzlich verlassen worden zu sein. Die Rebellenschweine waren entkommen.
Das war nicht die Art von Bericht, die Nathan Lucan durchgeben wollte. Scheiße, es war schon schlimm genug gewesen, es vor ein paar Minuten Nikolai zu melden. Er hatte es nicht gut aufgenommen, mit einem mörderischen Wutanfall reagiert. Miras Vater, mit einer kleinen Truppe seiner Ordensbrüder in Boston, war entschlossen gewesen Mira noch vor Sonnenaufgang heil nach Hause zu bringen. Jetzt wurde diese Aussicht immer unwahrscheinlicher.
Zusammen mit Miras drei Teammitgliedern hatte Nathans Team gerade die ganze angebliche Rebellenbasis durchsucht und nichts gefunden.
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