Vertraute der Sehnsucht (German Edition)
Nur zurückgelassene Möbel, Tische und Stühle, Pritschen und Betten, offensichtlich alles immer noch so, wie es gewesen war, als die Bewohner des Rebellenstützpunktes die Sachen zuletzt benutzt hatten. Aber Mira war dort gewesen; Nathan konnte ihre Präsenz fast in seinen Knochen spüren.
»Verdammt!«, explodierte er, er konnte sich nicht zurückhalten. Ihm entging nicht, dass die anderen sich nach ihm umsahen. Die ernsten Blicke seines und Miras Teams trafen ihn durch die Dunkelheit, als die Krieger sich draußen auf der dichten, unkrautüberwucherten Wiese vor dem Bunkereingang versammelten. Auch Niko und seine Einheit waren gerade zu ihnen unterwegs, um sich das Fort selbst anzusehen und um mit Nathan und den anderen Männern eine Strategie für den Rest ihrer nächtlichen Patrouille zu entwickeln.
»Sind anscheinend schnell abgezogen«, bemerkte Balthazar, heute Nacht ganz ohne seinen typischen Humor. »Haben ihr Nest verlassen wie die Ratten das sinkende Schiff.«
Rafe nickte grimmig. »Vielleicht hat jemand sie vorgewarnt, dass wir kommen.«
»Wenn dem so wäre«, warf Eli ein, »dann würde das bedeuten, dass sie hier raus sind innerhalb von fünf Minuten, nachdem unser Tipp reinkam.«
»Aber es war kein überstürzter Aufbruch«, sagte Torin. Er legte den Kopf zurück, die langen Zöpfe an seinen Schläfen schwangen gegen seine markanten Wangenknochen, als er das Energiefeld in der Luft analysierte. »Sie hatten genug Zeit, um alles mitzunehmen, was sie brauchten. Als sie abzogen – dem verblassten Energiefeld nach muss es irgendwann am späten Vormittag gewesen sein –, haben sie es zu ihren eigenen Bedingungen getan.«
Jax ließ einen seiner Shuriken durch die flinken Finger gleiten, das Metall blitzte mit tödlicher Präzision im Mondlicht. »Ist nicht wichtig, warum oder wann sie weggegangen sind. Nur wohin.«
»Womit wir wieder am Anfang wären«, sagte Webb, der Krieger, dem Lucan nach dem Zwischenfall mit Rooster vor einer knappen Woche das Kommando über Miras Team übertragen hatte. Seiner ernsten Miene nach hatte er die Beförderung nur aus Pflichtbewusstsein akzeptiert, nicht aus persönlichem Ehrgeiz. »Mir will einfach nicht in den Kopf, dass sie mit diesen Rebellen nicht längst allein fertiggeworden ist. Ich hätte gedacht, sie kommt einfach zu uns zurückspaziert, als wäre das Ganze ein Klacks gewesen. Scheiße, so wie Mira sich sonst in die Schlacht stürzt?« Webb schüttelte nachdenklich den Kopf. »Mann, sie ist doch eine verdammte Walküre, obwohl sie gar keine Stammesvampirin ist. Um sie zu überwältigen und festzuhalten, braucht man doch eine ganze Armee von Menschen. Und ich weigere mich einfach zu glauben, dass sie nicht mehr am Leben ist.«
Nicht zum ersten Mal gingen Nathan ähnliche Gedanken durch den Kopf. Was hatten sie mit Mira gemacht, um sie tagelang gefangen zu halten? Hatte sie sich gewehrt? Und wie war das mit Bowman? Wie hatte er sie gestern Abend mit ins LaNotte bringen können, einen öffentlichen Ort, ohne dass sie sich von ihm befreien und entkommen konnte?
Ein beunruhigendes Szenario begann, in Nathan Gestalt anzunehmen.
Die Sache gefiel ihm nicht. Er wollte sich gar nicht vorstellen, dass die Rebellen Mira irgendwie gegen ihren Willen in ihre kriminellen Aktionen hineingezogen hatten. Oder noch schlimmer … war sie womöglich Bowmans Charme verfallen?
Der Gedanke war so lächerlich wie absurd. Für Mira hatte es immer nur einen einzigen Mann gegeben, und der war seit acht Jahren tot. Nur ein paar Tage bei menschlichen Rebellen – Leute, die sie zutiefst verachtete – würden sie nicht urplötzlich dazu bringen, dem Orden und ihrer Familie den Rücken zu kehren.
Und doch …
Es war das letzte beunruhigende Szenario – das unlogischste von allen –, das für Nathan am schwersten zu ignorieren war.
Da war etwas, was er nicht sah. Etwas war ihm bisher entgangen. Etwas, was er in der hektischen Durchsuchung des Bunkers vielleicht als unwichtig abgetan hatte.
»Alles klar, Captain?«
Er winkte ab, ohne überhaupt zu registrieren, wer gefragt hatte. Seine Stiefel setzten sich wie von selbst in Bewegung. Mit langen, zielstrebigen Schritten stapfte er in den feuchten, dunklen Rebellenschlupfwinkel zurück.
Ein weiteres Mal überprüfte er jeden Raum und jeden Korridor, dieses Mal gründlicher, und ließ seinen Blick über jeden rustikalen Tisch, Stuhl und jede Pritsche, in jede Ecke und jeden Winkel des Bunkers gleiten. Und fand nichts.
Erst als
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