Vertraute der Sehnsucht (German Edition)
konnte, stieg Kellan aus dem Wagen und ging in weniger als einer Sekunde um den Kühler herum zu ihrer Beifahrertür. Er bewegte sich absichtlich so übernatürlich schnell. Es konnte nicht schaden, sie daran zu erinnern, mit wem sie es zu tun hatte, wenn sie dachte, dass sie ihm entwischen konnte. Er öffnete die Tür und befahl ihr auszusteigen.
Zu seiner Überraschung gehorchte sie, und er ging mit ihr in die friedliche Dunkelheit des leeren Parks hinein.
»Ich hätte erwartet, dass du meine Erinnerungen löschst und mich in der Stadt aussetzt statt so weit hier draußen.«
»Ich wollte mit dir allein sein«, sagte er, als sie im kühlen, mondhellen Gras nebeneinander herschlenderten. »Ich wollte das nicht irgendwo an einem Parkplatz machen oder mitten in einer Menschenmenge.«
»Romantisch«, sagte sie spöttisch. »Hoffen wir mal, es lauern keine Vergewaltiger oder Rebellen auf mich, wenn ich zu Fuß in die Stadt zurückgehe.«
Kellan ignorierte die Spitze. »Ich werde auf dich aufpassen, sobald wir hier fertig sind, und dafür sorgen, dass du sicher zum Hauptquartier des Ordens zurückkommst.«
Sie stieß ein verächtliches Schnauben aus. »Du musst mir keinen Gefallen tun. Ich bin ein großes Mädchen, falls du’s noch nicht bemerkt hast.«
Oh, das hatte er allerdings bemerkt. Das erste Mal war Mira etwa fünfzehn gewesen. Rauflustig und störrisch wie immer, aber in diesem Jahr war aus dem spindeldürren Wildfang mit dem wirren hellblonden Haarschopf scheinbar über Nacht eine umwerfende junge Frau mit Rundungen an all den richtigen Stellen und schier endlos langen Beinen geworden. In diesem Sommer war er nicht der einzige Mann im Trainingsprogramm des Ordens gewesen, der Schlange stand, um mit der atemberaubenden Mira zu trainieren.
Aber aus irgendeinem Grund, den er bis heute nicht verstand, hatte sie immer nur Augen für ihn gehabt. Ihren besten Freund hatte sie ihn genannt, schon seit sie eine achtjährige Nervensäge gewesen war, die sich geweigert hatte, den mürrischen Teenager aufzugeben, der unter dem Schutz des Ordens stand, nachdem bis auf seinen Großvater Lazaro Archer seine ganze Familie ausgelöscht worden war.
Mira war immer noch atemberaubend, obwohl acht Jahre vergangen waren, seit er ihr zuletzt so nahe gewesen war. Er konnte Spuren dieser Zeit unter ihren Augen und um ihre vollen Lippen sehen. Sie hatte sich keinen anderen Stammesvampir zum Gefährten genommen. Wenn sie es getan hätte, hätte ihre Blutsverbindung ihre Schönheit verstärkt, ihren Alterungsprozess aufgehalten, ihre Jugend intakt gehalten.
Es hatte eine Zeit gegeben, in der Kellan sich vorstellte, dass er der Mann an Miras Seite sein würde. Das hatte er gewollt, noch bis zum Morgen des letzten Tages, den er mit ihr verbracht hatte. Dann hatte sich alles verändert. Was er sich wünschte, war unmöglich geworden, und später an jenem Abend hatte er einfach aufgehört zu existieren.
Und jetzt war sie hier und ging im Dunkeln neben ihm her.
Hasste ihn, wozu sie jedes Recht hatte.
Trotzdem wurde sein Drang, sie zu berühren, fast übermächtig. Aber Kellan wusste, wenn er sie jetzt berührte, würde er nur mehr wollen. Dinge tun, zu denen er kein Recht hatte. Dinge, die jetzt und für immer unerreichbar für ihn geworden waren.
Wie hatte er es geschafft, all diese Jahre Distanz zu ihr zu halten? Nicht sehr gut, erinnerte er sich. Er war eigentlich nie weit von ihr entfernt gewesen. Er wusste schon gar nicht mehr, wie oft er sie heimlich beobachtet hatte, in Boston und in Montreal, neugierig, wie es ihr ging. Voller Stolz über ihre Leistungen und bestürzt, wenn ihre wilde Unabhängigkeit und ihr unbeugsamer Starrsinn sie mal wieder in Schwierigkeiten brachten.
Als er damals zu sich gekommen war und erkannt hatte, dass er nicht mit der Lagerhalle in die Luft gegangen war, war sein Plan gewesen, so weit wie möglich von Mira und dem Orden wegzukommen. Es wäre für alle Beteiligten besser gewesen, wenn er das getan hätte. Besonders in Anbetracht dessen, wo er heute stand. Aber die schlichte Tatsache war einfach die gewesen, dass er nicht hatte gehen können. Sie besaß eine Macht über ihn, die er nicht hatte abschütteln können.
Er hatte sich gesagt, dass er vorsichtig sein würde. Dass es nicht schaden konnte, wenn er in ihrer Nähe blieb, solange er nur dafür sorgte, dass ihre Pfade sich nie wieder kreuzten. Aber wenn er auch nur einen Funken Ehre im Leib gehabt hätte, wäre er geflohen, so weit weg wie
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