Vertraute der Sehnsucht (German Edition)
möglich, sobald er die Chance dazu hatte.
Neben ihm wurde Mira langsamer, dann blieb sie stehen und drehte sich zu ihm um. »Was ist in dieser Lagerhalle mit dir passiert, Kellan?«
Er knurrte, schüttelte vage den Kopf. »Ist das inzwischen nicht egal?«
»Mir nicht. Ich will es wissen.« Sie presste die Lippen zusammen und sah ihn mit hochgezogenen Brauen an. »Na los, sag schon. Du wirst mir sowieso die Erinnerungen löschen, also werde ich mich an nichts erinnern, was du heute Nacht sagst oder tust. Wenn du noch ein Gewissen hast, ist das jetzt deine Chance, es zu erleichtern – wenn du weißt, dass ich dich nur noch für ein paar Minuten hassen werde, bevor du mir auch das noch nimmst.«
Es war eine Anklage, die ihn mehr verletzte, als er zugeben wollte. »Ich muss das tun, Mira. Es ist für alle Beteiligten am besten so.«
»Für dich definitiv.« Bittere, wütende Worte. Sie war zutiefst verletzt, und das war auch kein Wunder. Aber es war die Art, wie sie plötzlich den Kopf senkte – nicht schnell genug, um den feuchten Glanz in ihren Augen zu verbergen –, was ihn am meisten berührte.
»Du hast recht«, murmelte er. »So viel schulde ich dir.«
»Du schuldest mir die Wahrheit«, beharrte sie knapp, ihre hellen Augen jetzt klar und fast trocken, als sie wieder zu ihm aufsah.
Sie würde nicht vor ihm zusammenbrechen. Das sah er in ihrem diamantenscharfen Blick. Ihre weiche Seite würde sie ihm nicht mehr zeigen, nach heute Nacht nie wieder.
Als sie jetzt redete, war ihre Stimme beherrscht und ruhig, ein Soldat, der nach der Schlacht die Fakten berichtete. »Seit dieser Nacht habe ich deinen Tod tausendmal aufs Neue vor mir gesehen. Du warst vor Nathan und mir und dem Rest unseres Teams, alle zu Fuß, wir haben uns aufgeteilt und das Flussufer abgesucht, nachdem unten am Industriegebiet Rebellenaktivitäten gemeldet worden waren. Du hast deine Position durchgegeben, dass du mehrere Verdächtige verfolgtest, und wohin du unterwegs warst. Nathan und ich waren dir zu diesem Zeitpunkt am nächsten, also kamen wir in deine Richtung, um dir Verstärkung zu geben. Wir kamen gerade rechtzeitig an, um zu sehen, wie du in dieser Lagerhalle verschwunden bist. Keine zwei Sekunden später ging alles in die Luft.«
Kellan nickte, er erinnerte sich genauso deutlich an diese Nacht wie sie. Aber das war der Punkt, wo ihre beiden Berichte sich unterschieden. »Der Rebell hat mich zu diesem Gebäude geführt. Ich erkannte nicht warum, bis ich drin war, und dann roch ich plötzlich aktivierten Sprengstoff irgendwo in der Nähe. Es war eine Falle, Mira. Ich wusste, dass du und Nathan direkt hinter mir wart. Ich konnte nicht riskieren, dass ihr in der Nähe wart, wenn die Halle hochging.«
»Aber du warst dort drin«, sagte sie, die blonden Brauen gerunzelt, als sie versuchte, die Teile des Puzzles im Kopf zusammenzusetzen. »Du warst in der Lagerhalle, als sie explodierte.«
»War ich«, sagte er. »Aber nur lange genug, um die Falle zu deaktivieren. Ich bin hingerast, wo sie den Plastiksprengstoff und den Auslöser hatten. Er war mit Drähten an der Wand befestigt, keine Chance, ihn herauszureißen und wegzuwerfen, ohne dass er hochging. Also habe ich auf das ganze Ding geschossen.«
Mira starrte ihn mit offenem Mund an. »Du hast ihn zum Detonieren gebracht, während du selbst noch drin warst. Du hattest keine zwei Sekunden, um da rauszukommen, sobald er hochging.«
Er nickte. »Ich wusste nicht einmal, ob ich es lebendig hinausschaffen würde. Aber wenn ich auf diese Weise verhindern konnte, dass du und der Rest meines Teams bei der Explosion verletzt wurdet, war es das Risiko wert. Und tatsächlich ging die Bombe hoch, gerade als ich die Hintertür der Halle sicherte. Ich weiß noch, wie die Druckwelle mich in die Luft geschleudert hat. Ich konnte den Rauch und mein eigenes verbranntes Fleisch riechen. Ich spürte, wie meine gebrochenen Knochen noch mehr zerschmettert wurden, als ich auf dem eisigen Mystic River aufschlug und ins trübe Wasser sank. Dann muss ich bewusstlos geworden sein. Das Nächste, was ich weiß, ist, dass jemand mich ans Ufer zog.«
Mira schluckte, während seines Berichtes war sie ganz still geworden. »Jemand hat dich gerettet?«
»Candice war es.« Er sah sie fast unmerklich zusammenzucken, als er den Namen der Menschenfrau erwähnte. »Candice hat mich blutend und halb tot aus dem Fluss gezogen und vor dem Ertrinken gerettet. Sie brachte mich zu ihrem Freund Javier, einem
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