Vertraute der Sehnsucht (German Edition)
umspült wurde.
»Ich kenne diesen Ort«, murmelte sie, als der Jeep über den rissigen, renovierungsbedürftigen Asphalt rollte.
Die Straße führte auf den Eingang eines Geländes zu, das eine Parkanlage gewesen war, vor der Ersten Dämmerung und vor den nachfolgenden Kriegen. Noch viel früher, vor einem anderen Krieg, hatten das verwilderte Land und das niedrige, einem in die Länge gezogenen D ähnelnde Gebäude an dem einen Ende den Menschen als Militäreinrichtung gedient. Mira blickte auf die Einschusslöcher in dem zerbeulten Schild, das früher einmal die Besucher des historischen Fort Tabers willkommen geheißen hatte.
Heute war das Gelände von Unkraut überwuchert, Büsche und Dornensträucher hatten überhandgenommen. Der vor ihnen liegende Zementquader war hinter dem dunklen Blattwerk und den verschlungenen Ranken kaum mehr zu erkennen. Kellan fuhr seitlich an dem Gebäude vorbei. Der Eingang zum Fort sah aus wie ein riesiges schwarzes Maul. Als sie näher kamen, schaltete Kellan die Scheinwerfer aus und fuhr im Dunkeln weiter.
Weit vor ihnen beleuchteten kleine Lampen eine Halle, offenbar eine alte Geschützbatterie, die nicht mehr benutzt wurde. Dort stand der schwarze Lieferwagen, mit dem Jeremy Ackmeyer und sie entführt worden waren.
»Toller Fuhrpark«, bemerkte Mira und warf Kellan einen sarkastischen Blick zu.
»Wir verfügen nicht über solche finanziellen Mittel wie der Orden.« Er fuhr neben den Lieferwagen und hielt an. »Wir müssen hart arbeiten für das, was wir aufgebaut haben – auch wenn es nicht viel ist.«
Er sprach weder anklagend noch vorwurfsvoll, sondern konstatierte lediglich die Fakten. Und doch lag da ein entschuldigender Ton in seiner Stimme, als wäre es ihm irgendwie peinlich. Als müsse er sich vor ihr dafür rechtfertigen, wie ärmlich er und seine Anhänger lebten.
Kellan stieg aus, ging um den Jeep herum und öffnete ihr ebenfalls die Tür. Mira blieb nichts übrig, als ihm durch die düstere Halle zu folgen. »Vielleicht würdet ihr eher Geldgeber finden, wenn ihr für eine bessere Sache arbeiten würdet.«
Er lachte bitter und drehte sich zu ihr um. »Denkst du im Ernst, dass wir nicht genug Leute finden könnten, die unsere Missionen finanzieren, wenn wir nur wollten? Aber wir machen uns nicht von jemandem abhängig. Wir tanzen keinem nach der Pfeife und wir scheren uns einen Dreck darum, ob wir einem Politiker auf die manikürten Zehen treten. Nicht einmal der Orden kann das von sich sagen.«
»Missionen nennst du das?«, entgegnete Mira. »Der Orden entführt keine Zivilisten und er stört auch keine diplomatischen Treffen. Der Orden sabotiert keine Friedensverhandlungen und er schwingt sich auch nicht zum Herrn und Richter auf, wann immer es ihm in den Kram passt.«
»Vielleicht sollte der Orden das ja endlich mal tun.« In Kellans Augen schwelte kaum unterdrückte Empörung, in dem schwachen Bunkerlicht glitzerten sie orange. »Wir tun nur, was nötig ist, denn irgendjemand muss es tun.«
Er ging weiter auf den breiten Tunneleingang zu und entfernte sich von den geparkten Fahrzeugen.
»Du bist so überzeugt von dir, was?«, rief Mira ihm nach. »Ich kann nur hoffen, dass du auch so bereitwillig für deine Überzeugungen sterben wirst.«
Er fuhr herum und stürmte zurück zu ihr. Sein Gesichtsausdruck war dunkel und nachdenklich, obwohl seine Augen wie von Bernsteinfeuer glühten. »Ja, ich bin bereit, für das zu sterben, woran ich glaube. Und erzähl du mir nicht, dass es bei dir anders wäre.«
Sie stand da und konnte ihm nicht widersprechen. Er kannte sie zu gut. Was immer sie ihm auch an Argumenten an den Kopf warf, er würde ihr nicht glauben. Und er ließ ihr auch keine Chance. Er umklammerte ihr Handgelenk und zog sie weiter in den schwarzen Tunnel hinein, der langsam anstieg und in einen anderen Bunker führte. Sie befand sich in den Unterkünften des Rebellenlagers, erkannte Mira.
Kellans Team hielt sich in dem notdürftig möblierten, höhlenartigen Hauptraum des Bunkers auf. Candice und der Mann namens Vince waren mit der Reinigung von Schusswaffen beschäftigt, bei ihnen saß auch der Kerl, den sie Chaz genannt hatten. Doc saß an einem zerkratzten Metalltisch und aß etwas aus einer Büchse, die offensichtlich aus alten Armeebeständen stammte. Neben ihm hockte ein junges Mädchen mit blauen Haaren auf einem Stuhl mit der Lehne nach vorn. Etliche Piercings zierten ihr Gesicht und ihre Ohrmuschel. Ihre Finger flogen über das
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