Vertraute der Sehnsucht (German Edition)
Ziegelmauern und ausgetretene Steinplatten führten vor ihnen wie ein Tunnel in die Dunkelheit.
»Das war mal die Krypta«, informierte ihn Mira. »Heute sind hier unten die Garderoben der Kämpfer und die Arena.«
Kellan, der nie in einem der Clubs mit illegaler, vergitterter Kampfarena gewesen war, war absolut nicht begeistert, wie vertraut Mira mit ihnen schien. Der Drang, sie zu beschützen, stieg wie eine Woge in ihm auf, als er zusah, wie sich bei jedem leisen Schritt ihrer Kampfstiefel auf dem Steinboden ihre Hüften wiegten. Er wollte sie nicht in der Nähe gefährlicher Männer wissen, schon gar nicht gefährlicher Stammesvampire, die ihren Namen und ihr Vermögen damit machten, einander zum Amüsement von gewaltgeilen Menschen, die für das Spektakel Eintritt zahlten, in Fetzen zu reißen.
»Hey.« Er packte Miras Hand und brachte sie zum Anhalten. Zog sie näher an sich als nötig und wenn auch nur, um in dem kühlen, feuchten Korridor ihren warmen Körper zu spüren. »Wohin zum Teufel gehen wir?«
»Zu Rune.«
Jetzt war Kellan wütend. Er kannte diesen Namen, wusste, dass er einem Neuzugang der Bostoner Unterwelt gehörte, der sogar in den gefährlichsten Verbrecherkreisen der Stadt gefürchtet war. Genauer gesagt war Rune ein brutaler Vampirkämpfer mit dem Ruf, nie verloren zu haben. Es war allgemein bekannt, dass einige seiner Gegner im Käfig ihr Leben gelassen hatten.
»Scheiße, nein! Du gehst mir nicht in die Nähe dieses Typen.« Es war ein Befehl, der von reiner maskuliner Besitzgier motiviert war, und Kellan konnte sich einfach nicht bremsen. Genauso wenig konnte er seine Hände davon abhalten, Mira noch fester zu halten.
Miras angedeutetes Lächeln schien gleichermaßen erfreut und genervt. »Ich bin ein großes Mädchen, Kellan. Ich kann auf mich aufpassen. Wir brauchen Informationen, und Rune könnte welche haben.« Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn rasch. »Aber es gefällt mir irgendwie, wenn du zum knurrenden Beschützer mutierst.«
Sie wartete seine Antwort nicht ab, die ihm schon auf der Zunge lag, sondern drehte sich um und ging weiter den Korridor hinunter. Schließlich blieb sie vor einer ramponierten Tür ohne Aufschrift stehen. Sie hämmerte ein paarmal mit der Faust dagegen, und ihr Klopfen hallte in dem engen Gang wie eine Gewehrsalve.
»Verpiss dich«, kam die angespannte, gefauchte Antwort.
Mira klopfte wieder und sah zu Kellan hinüber, der eben neben ihr stehen blieb, die Kampfinstinkte in voller Alarmbereitschaft.
»Gottverdammte Scheiße.« Die Stimme war tief und heiser. Wieder ertönte ein drohendes Knurren hinter der Tür, dann näherten sich schwere, ungeduldige Schritte. Die alte Tür quietschte in den Angeln, als sie heftig aufgerissen wurde. Dann stand ein etwa eins neunzig großer, hundertfünfzig Kilo schwerer, wutschnaubender Vampir mit nacktem Oberkörper vor ihnen. »Welchen Teil von ›verpisst euch‹ versteht ihr nicht?«
»Ich brauche Informationen, Rune. Es ist wichtig«, antwortete Mira über das tiefe Knurren hinweg, das jetzt aus Kellans Kehle drang. Es war eine automatische Alpha-Reaktion auf die potenzielle Gefahr, die dieser tödliche Mann für die vor ihm stehende Stammesgefährtin darstellte.
Meine Stammesgefährtin, erklärtenKellans Instinkte.
Mit gesenktem Kinn starrte er den dunkelhaarigen Kämpfer an, eine stumme Warnung.
Aber Rune schien nicht darauf aus, ihn herauszufordern. Seine mitternachtsblauen Augen glitten nur kurz von Mira zu Kellan, und als er redete, war sein Ton ruppig und desinteressiert. »Ist nicht mein Job, anderen Informationen oder sonst was zu liefern. Schon gar nicht dem Orden.« Er wich zurück und wollte die Tür wieder schließen.
Mira drückte die Handfläche gegen die schartige Holztür, bevor Kellan sie zurückhalten konnte. »Wenn du mir helfen kannst«, wagte sie sich vor, unbeeindruckt von der knappen Abfuhr des Kämpfers, »verspreche ich dir, dass es sich für dich lohnen wird.«
In den schmalen dunklen Augen des Kämpfers blitzten Funken auf, und seine raue Stimme klang jetzt wirklich wütend. Das Dermaglyphen -Geflecht auf seiner Brust, das eben noch dunkel gewesen war, begann nun in drohenden Farben zu pulsieren. »Sehe ich für dich aus wie einer, der käuflich ist?«
»Die Lady bittet dich um Hilfe«, warf Kellan ein und schob sich subtil zwischen den offenen Türspalt und Mira, sodass sie hinter seiner Schulter stand. »Hilfst du ihr oder nicht?«
»Eine Lady, die?«,
Weitere Kostenlose Bücher