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Vertraute der Sehnsucht (German Edition)

Vertraute der Sehnsucht (German Edition)

Titel: Vertraute der Sehnsucht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Adrian
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Welt.
    Außergewöhnlich , hatte Kellan gesagt.
    Erschreckend, dachte sie. Beunruhigend. So fremdartig, dass sie …
    Der Gedanke verflog, als die klaren Kreise ihrer Pupillen sich im Spiegel zu kräuseln schienen. Die Oberfläche erzitterte, als hätte jemand einen kleinen Stein in einen spiegelglatten See geworfen.
    Mira war wie gelähmt und vollkommen erstaunt, doch sie konnte nicht wegschauen.
    Und dann formte sich ein Bild mitten in den unergründlichen farblosen Tiefen ihrer Augen. Es waren mehrere Bilder, schattenhafte Gestalten, eine Gruppe von ihnen, die vorne in einem großen, hohen Raum saßen. Eine hohe Richterbank erhob sich vor ihnen und trennte die Gruppe von einer kleineren Gestalt, die auf Antwort zu warten schien.
    Die Umrisse der Gestalten waren immer noch verschwommen, doch Mira konnte schon die Silhouette der Person erkennen, die vor dem Gericht stand. Sie konnte ihre Nervosität spüren, die Angst und Unsicherheit, die der Gestalt tief in den Knochen saß.
    Sie spürte das alles, weil sie selbst diese Gestalt war.
    In der Vision unterdrückte sie ein Zittern, als sie Lucan und den anderen Mitgliedern des Rates der Globalen Nationen gegenübertrat, die zur Urteilsverkündung auf der Richterbank saßen. Sie hatten die Macht, Mira zu retten oder sie mit ihrer Entscheidung zu zerstören. In ihren Gesichtern war keine Regung zu erkennen, keine Gnade.
    Mira schaute voll qualvoller Hoffnung zu, wie sie selbst in der Vision um Milde bat und als Antwort nur stoische Gesichter bekam. In der Vision begann sie zu weinen, und sie vergrub das Gesicht in ihren Händen, während ihr ganzer Körper von Schluchzern geschüttelt wurde.
    Der Schmerz bohrte sich in Miras Herz, und ihre Lippen bebten wie ein Echo auf ihre eigene Reaktion in der Vision. Jetzt wollte sie wirklich wegschauen, bevor sie noch mehr sah. Doch da wandten sich alle Köpfe auf den Rängen nach hinten, wo der Beschuldigte den Gerichtssaal betrat, um sein Urteil zu hören.
    Kellan.
    Oh Gott, es war alles genauso, wie er gesagt hatte.
    Er schritt nach vorn, die breiten Schultern straff und den Kopf erhoben, aber sie sah den resignierten Ausdruck in seinem attraktiven Gesicht, als er sie anschaute. Mira konnte fast körperlich spüren, wie er sein Schicksal ergeben akzeptierte, als sie den Fortgang der Szene in ihrem gespiegelten Blick betrachtete.
    In der Vision wirbelte ihr Selbst herum und wandte sich wieder an diejenigen, die Kellans Schicksal in ihren Händen hielten. Sie flehte sie an. Sie versuchte, einen Teil der Schuld auf sich zu nehmen. Doch es war alles umsonst. Sie verkündeten ihr Urteil, genau wie Kellan es ihr gesagt hatte. Für seine schweren Verbrechen wurde er des Mordes angeklagt.
    Als die Vision weiterging, konnte Mira sich nicht vorstellen, dass es noch schlimmer kommen könnte.
    Aber sie täuschte sich.
    Denn auf die furchtbare Vision der Urteilsverkündung hatte Kellan sie vorbereitet, nicht aber auf das, was sie sah, als die Vision in einer diesigen Schwärze verklang. In ihrem gespiegelten Blick nahm ein anderes Bild Form an. Es war etwas Furchterregendes. Etwas, das viel, viel schlimmer war als die Aussicht auf Kellans Hinrichtung.
    Sein lebloser Körper lag bleich und reglos vor ihr aufgebahrt.
    Nein …
    Nein! Etwas in ihr schrie vor Schmerz. Oder vielleicht brüllte sie das Entsetzen auch lauthals hinaus. Sie spürte nichts als überwältigende Fassungslosigkeit und tiefsten Kummer, als ihr Selbst in der Vision neben Kellans totem Körper zusammenbrach und um ihn klagte.
    Es konnte nicht sein.
    Es war unmöglich, dass ihre Liebe so enden sollte.
    Dieses Ausmaß an Schmerz konnte sie nicht ertragen.
    Lieber würde sie an seiner Seite sterben …
    Der Spiegel wurde ihr aus den Händen gerissen und knallte gegen die nächste Wand, wo er in tausend Glasscherben zersplitterte.
    Entsetzt schreckte sie hoch, als sie so abrupt aus dem Bann der Zukunftsvision ins Jetzt zurückkatapultiert wurde.
    Kellan stand über ihr. Er bebte vor Wut, sein Körper gab Hitze ab, die in Wellen von ihm abstrahlte. Seine Augen blitzten, seine Lippen waren zurückgezogen, sodass die Fänge hervortraten.
    »Was zum Teufel tust du da?« Seine Stimme dröhnte wie reiner Donner, so wütend hatte sie ihn noch nie erlebt. »Mira, verdammt noch mal. Du hast doch nicht – ah, Gott.«
    Er wandte sich von ihr ab, drehte rasch den Kopf weg von ihren ungeschützten Augen. Mira erhob sich zitternd. Sie war noch völlig geschockt von den furchtbaren Dingen,

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