Vertraute Schatten
ohne Worte miteinander verständigen. Auf der ganzen Welt waren Ariane und er die Einzigen, die ein Mal mit Grigori-Flügeln und mit Cait-Sith-Katzen hatten. Sie hatten ihr Blut vermischt. Nicht nur gehörte Ariane ihm – er gehörte ihr genauso.
Ariane
, dachte er und lenkte seine ganze Konzentration auf seine stumme Botschaft.
Ich komme. Sei vorsichtig. Es tut mir leid … Aber ich bin schon auf dem Weg.
Ariane saß zusammengekauert in der kleinen Nische, die sich hinter einem der vielen Wandteppiche verbarg, welche die Wände des runden, steinernen Raums unter Vlads Herrenhaus bedeckten. Bequem war es nicht, und sie hatte riesige Angst, irgendjemand könne sich plötzlich umdrehen und anschuldigend auf ihr Versteck deuten – doch bisher war alles gut gegangen.
Der Raum wurde von einem riesigen eisernen Kronleuchter erhellt, der aussah, als sei er uralt. Ansonsten enthielt der Raum nur die Wandteppiche und fünf lange, geschwungene Bänke, die in einem offenen Kreis um die Mitte des Raums herum gruppiert und mit roten Samtkissen belegt waren.
Auf den Bänken saßen die Anführer der in Amerika beheimateten Vampirdynastien – mit Ausnahme von Sariel.
Er verspätete sich, und je später es wurde, desto mehr wuchs bei allen die Anspannung. Sariel hatte immer regelmäßig an den Ratssitzungen teilgenommen und noch nie seine Pflichten vernachlässigt. Er hatte Vlad versichert, er würde kommen. Ihm war genauso bewusst wie den anderen, wie wichtig es war, die Zukunft der Empusae zu klären. Und dennoch … nichts.
Ariane versuchte, eine bequemere Stellung zu finden. Man hatte sie gewarnt, sich auf keinen Fall zu zeigen, bevor Sariel hinter Schloss und Riegel war, aber sie fühlte sich zunehmend unwohl. Um nicht wieder damit anzufangen, über all das nachzugrübeln, was schiefgehen könnte, schob sie den schweren Stoff gerade so weit zur Seite, dass sie hinaussehen konnte.
Lily und Ty sprachen leise miteinander. Ihnen gegenüber saß eine schöne, exotische Frau mit kajalumrandeten Augen und pechschwarzem, kinnlangem Pagenschnitt und warf den beiden einen so vernichtenden Blick zu, dass Ariane der Atem stockte. Sie trug ein ärmelloses, tief ausgeschnittenes Top aus roter Seide und dazu eine hautenge schwarze Hose, außerdem jede Menge Goldschmuck, der ihre dunkle Schönheit noch zusätzlich betonte. Arsinöe war wirklich so furchteinflößend, wie immer erzählt wurde. Links und rechts neben ihr saßen Vampire, die vermutlich ihre Lieblingshöflinge waren, ein Mann und eine Frau, beide schlank und schön und still, beide in Schwarz mit wenigen roten Farbtupfern gekleidet. Auf der nächsten Bank saßen drei Frauen – darunter auch Diana –, die durchscheinende Tuniken und kurze schneeweiße Togen trugen, die mit einer goldenen Spange über einer Schulter zusammengehalten wurden. Sie flüsterten nervös miteinander. Ariane konnte sich nicht vorstellen, dass eine von ihnen Mormo war. Und dann war da noch Vlad, der in seinem tiefschwarzen Anzug und einer Krawatte in der Farbe seiner Augen etwas Löwenhaftes an sich hatte. Er sprach gerade mit Ludo, der heftig nickte und dann durch den Türbogen zur Linken verschwand.
Arsinöe schien die Nase voll zu haben.
»Vlad«, säuselte sie, und Ariane spürte schon bei diesem einen Wort, wie viel Gift sich hinter ihrer Freundlichkeit verbarg. »Vlad, wir alle haben trotz unserer vollen Terminkalender dieses Treffen kurzfristig möglich gemacht. Entweder hat Sariel etwas Besseres vor oder er ahnt, was ihm blüht, sobald er hier aufkreuzt. Wie auch immer, es ändert nichts an der Situation. Wir sind trotzdem beschlussfähig. Wenn Sariel lieber gejagt werden möchte, kann er das haben. Falls die Empusa also nicht gestorben ist, könnten wir dann endlich anfangen?«
Vlad warf einen Blick auf seine Uhr und kniff die Augen zusammen. »Ich muss dir zustimmen, Arsinöe. Er kommt nicht. Umso wichtiger ist es, dass wir die Sache rasch in Angriff nehmen.«
Arsinöe schien das zufriedenzustellen, aber Ariane fragte sich, wie Vlad es schaffte, zu einer Frau freundlich zu sein, die ihn vor gar nicht so langer Zeit in aller Öffentlichkeit zu zerstören versucht hatte. Vermutlich alles Politik. Allerdings wunderte es sie nicht, dass Lily so nervös und Ty so angespannt wirkte. Die Schwingungen im Raum waren das reinste Gift.
»Vielleicht sollten wir uns zunächst mit dem Thema beschäftigen, das der Empusa auf den Nägeln brennt«, sagte Arsinöe und musterte gierig die kleine
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