Vertraute Schatten
Seinen Namen – The Falls – hatte das Gelände von einer kunstvollen Skulptur, die als Herzstück des öffentlichen Bereichs fungierte. Auch wenn Elena Strickland hartnäckig als Geizhals charakterisierte, schien er die Leute gut zu bezahlen, die die ständig wechselnden Mieter seiner Sicheren Häuser beaufsichtigten. Selbst mit ihrer begrenzten Erfahrung wusste Ariane, dass solche Wohnungen teuer waren … und Elena hatte angedeutet, dass diese eine ihrer kleineren war.
Es war ein angenehmes, hochklassiges Jagdrevier.
Außerdem war es wohl der letzte Ort, wohin sie einen verletzten Vampir, noch dazu einen hochrangigen Vertreter der berüchtigten Gilde der Diebe und Mörder, bringen sollte. Aber viel Auswahl hatte sie nicht. Sie hoffte nur, Elena würde heute nicht mehr auftauchen, wie sie es bislang jeden Abend getan hatte, seit sie Ariane hier untergebracht hatte.
Ariane stöhnte leise. Na ja, sie würde die vornehme Unterkunft genießen. Solange es ging.
Auf dem Weg dorthin war sie so hoch wie möglich geflogen, ganz frustriert, wie hell die Lichter der Stadt alles beleuchteten. Sie waren noch nicht lange unterwegs gewesen, da war Damien zu sich gekommen und hatte sich so fest an Ariane geklammert, dass er in seinen Fingern jedes Gefühl verloren haben musste.
»Wie geht es dir?«, fragte sie. Sie hatte die Arme um seine Brust geschlungen, und er hatte sich weggedreht von ihr, was ihn noch sperriger machte, als unbedingt nötig gewesen wäre. Aber bei Damien war eben nichts einfach.
»Lass … mich … nicht … fallen«, presste er mühsam hervor.
Es war dumm, dass Ariane Erleichterung empfand, weil Damien wieder bei Sinnen war, aber sie konnte nicht anders. Und sie genoss sein leises Stöhnen, wenn sie den Strömungen der warmen Nachtluft folgte und bald hochstieg, bald sank.
Sie lächelte vor sich hin. Wie Elena so schön zu sagen pflegte: Rache ist eben süß.
Es war kein langer Flug, doch die Landung bereitete einige Probleme. Es war spät, es war aber auch Freitag. Um Mitternacht saßen noch massenhaft Leute an den Tischen im Freien und tranken Wein oder bevölkerten die Wasserfallskulptur. So blieb Ariane nichts anderes übrig, als mit ihrem kleinen, schmiedeeisernen Balkon vorliebzunehmen, auf dem gerade genug Platz für einen Korbsessel, einen Pfefferstrauch, eine Tomatenpflanze war … und für zwei Vampire, von denen einer noch nicht einmal Anstalten machte, auf eigenen Beinen zu stehen.
»Flügel«, grummelte Damien matt. »Verdammte Flügel!« Er war zwar etwas heiser, klang aber auch nicht viel schlimmer als sonst. Sein Körper fühlte sich so steif an, als würde er beim kleinsten Stoß in tausend Stücke zerspringen. Ariane faltete ihre Flügel wieder zusammen und ließ sie hinter dem Rücken verschwinden.
Sie hatte keine Ahnung, was er für ein Problem hatte.
»Lass … lass mich los, verflucht noch mal, ich –« Er schob sie weg, drehte sich um und wäre beinahe gestürzt. Rasch fing sie ihn auf und stützte ihn.
»Du siehst furchtbar aus«, sagte Ariane. »Du hast zu viel Blut verloren, Damien. Hör auf, dich zu wehren. Ich bringe dich nach drinnen.«
Er starrte sie an. Seine Augen glühten wie im Fieber, während er sonst totenblass war. Seine Wunden hatten aufgehört zu bluten, heilten aber für Arianes Geschmack nicht schnell genug. Der Grigori, wer auch immer er sein mochte, hatte es fast geschafft, Damien verbluten zu lassen. Das hätte ihn zwar nicht getötet, aber in ein heißhungriges Monster verwandelt, mit dem kein vernünftiges Gespräch mehr möglich gewesen wäre. Ein kleiner Trost. Ihn in einem so erbärmlichen Zustand zu sehen war etwas anderes, als über so etwas nur zu lesen.
»Verzieh dich«, knurrte er sie an.
Sie blickte ihn an. Langsam zogen sich ihre Brauen zusammen. »Nein. Es ist mir egal, wer du bist oder was du tust, Damien Tremaine, aber du bist nicht in der Verfassung, mich herumzukommandieren. Du brauchst meine Hilfe.«
»Ich brauche niemanden.«
Sie ignorierte seinen Kommentar. »Du hörst jetzt sofort auf, dich wie ein verzogenes Blag aufzuführen. Du hältst den Mund und tust ausnahmsweise, was man dir sagt.«
An ihrer Brust spürte sie seinen langsamen, gleichmäßigen Herzschlag, die Kälte seines blutarmen Körpers. Damien versuchte, sie mit Blicken einzuschüchtern. Aber als sie sich in die Augen starrten und keiner nachgeben wollte, war er es, der schließlich einlenkte. Seine Katzenaugen verwandelten sich in etwas mehr Menschliches,
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