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Vertraute Schatten

Vertraute Schatten

Titel: Vertraute Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kendra Leigh Castle
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und ganz kurz wurde erkennbar, welche Angst er wirklich ausstand, ehe alles wieder von seinem gewohnten Sarkasmus überdeckt wurde.
    »Na schön, Mama. Gibst du mir auch die Flasche, wenn wir drinnen sind?« Sein Blick senkte sich auf ihre Brust. »Oder vielleicht –«
    »Ach, halt die Klappe«, schnauzte ihn Ariane an. Offenbar hatte Damien zwei Standardeinstellungen: Idiot und Lustmolch. Sie war für keine von beiden in der richtigen Stimmung.
    Sie überlegte kurz, welche Möglichkeiten ihr blieben, kam aber zu dem Schluss, dass sie nur eine Wahl hatte. Irgendwie würde sie ihrer Freundin den Schaden ersetzen. Ein Tritt gegen den Griff der Balkontür schlug ein Loch in selbige, und die Tür schwang nach innen auf. Sie half Damien, ins Zimmer zu torkeln, wobei sie erneut die Hauptlast seines Gewichts zu schleppen hatte. Sie war froh, dass Vampire sehr viel stärker waren als Menschen, denn er war schwerer, als er aussah.
    Sie blieb stehen und musterte kurz die schmale, elegante Couch, dann führte sie Damien ins Schlafzimmer. Er kicherte matt, enthielt sich aber ansonsten jeglichen Kommentars, worüber sich Ariane gefreut hätte, wäre dies nicht ein Anzeichen dafür gewesen, in welch schlechter Verfassung er tatsächlich war.
    Ariane verzichtete darauf, die Lampe einzuschalten. Das schwache Licht, das durch das Fenster fiel, reichte völlig. Sie steuerte ihn auf das Doppelbett zu, auf dem sich Kissen türmten – auch ein Detail, das Elenas überraschend kitschigen Einrichtungsgeschmack verriet.
    »Sieht aus, als wäre hier die Blütezeit des Barock fröhlich versammelt«, murmelte Damien.
    »Ab ins Bett«, befahl Ariane. »Aber … irgendwie müssen wir dich vorher von deinen Klamotten befreien. Die sind völlig hinüber. Nicht dass sie hier noch was schmutzig machen. Die Wohnung gehört mir nicht.«
    »Das freut mich zu hören«, sagte er.
    Sie traten auf eine Seite des Bettes zu. Ariane ließ ihn so weit los, dass er sich sein Hemd anschauen konnte, das übersät war von teils trockenen, teils noch klebrigen Blutflecken. Die Hose hielt einer oberflächlichen Begutachtung einigermaßen stand. Die konnte er anbehalten, da sie wegen des Winkels, in dem man ihn an die Decke gehängt hatte, nur wenige Spritzer abbekommen hatte. Bei den Schuhen musste sie überlegen. Wahrscheinlich trocken, höchstwahrscheinlich dreckig. Also runter damit. Das wäre für Damien auch bequemer.
    Damien blickte skeptisch auf sein Hemd und machte Anstalten, es aufzuknöpfen. Ariane schaute ihm tatenlos zu, weil er sie wahrscheinlich ohnehin weggestoßen hätte, hätte sie ihm helfen wollen. Er war höchst konzentriert bei der Sache, nur wollten seine Finger offenbar nicht mitmachen. Endlich hatte er den obersten Knopf offen, aber das hatte ihn solche Anstrengung gekostet, dass ihm wieder schwindlig wurde, als er zu ihr hochblickte.
    Er wirkte vollkommen erledigt und erschöpft, sodass Ariane plötzlich der Drang überkam, ihn an sich zu ziehen und in die Arme zu nehmen. Das Bedürfnis, ihn zu trösten, ihm nahe zu sein, überraschte sie, vor allem die Heftigkeit dieses Gefühls. Dennoch behielt sie die Hände bei sich, da sie nicht glaubte, dass Damien an einfache Bezeugungen von Zuneigung gewöhnt war.
    »Lass es bleiben«, sagte er ruhig und ließ die Hand fallen. »Du bist so leicht zu durchschauen wie Glas, Ariane. Dein Mitleid kannst du dir sparen. Ich bin ein Scheusal, und mir geht es gut damit. Das hier ist ein Arbeitsunfall. Ich werde mich erholen und dann weiterhin ein Scheusal sein. So ist es eben.«
    »Du bist kein …
solches
Scheusal«, protestierte Ariane seufzend. »Lässt du mich dir jetzt bitte helfen? Du musst dich hinlegen.«
    »Wenn du mich ausziehen willst, werde ich mich hüten zu protestieren.« Er versuchte, lüstern zu grinsen, schnitt aber nur eine Grimasse. »Meine Scheißfinger sind gefühllos. Und ich habe einen Bärenhunger, Ariane. Du musst dich beeilen. Ob du es glaubst oder nicht, ich würde dir nur ungern wehtun.«
    Sie konnte sehen, dass sich das Licht in seinen Augen intensivierte. Sie nahmen bereits einen Stich ins Rötliche an. Sein Körper versuchte sich selbst zu heilen, brauchte aber Energie. Und wenn es darauf ankam, würde sein Hunger das Kommando übernehmen, und er würde ihr jeden Tropfen aussaugen, ohne auch nur einen Moment zu zögern. Sie nickte.
    »Okay.« Schnell knöpfte sie mit flinken Fingern sein Hemd auf und streifte es ihm über die Schultern. Beim ersten Anblick von Damiens

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