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Vertraute Schatten

Vertraute Schatten

Titel: Vertraute Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kendra Leigh Castle
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nicht geliebt hatte. Was aus ihm geworden war, hatte er sich ausschließlich selbst zuzuschreiben, und er akzeptierte die Konsequenzen, die sich aus seinen Entscheidungen ergeben hatten.
    Inzwischen war er so abgestumpft, dass er gar nicht mehr auf die Idee kam, irgendetwas zu bereuen. Wozu auch? Dadurch änderte sich nichts. Doch seit er Ariane kannte, ihre Unschuld, ihr Staunen und ihre überraschende Stärke, fragte er sich, ob das wirklich schon alles gewesen war. Ob er nicht vielleicht … nun, vielleicht nicht gut – der Zug war abgefahren –, aber zumindest ein bisschen besser werden könnte.
    Damien warf rasch einen Blick auf ihr Gesicht. Er war darauf gefasst, dort Abscheu oder Mitleid zu entdecken, aber er fand nur Interesse und diese liebevolle Zuwendung, nach der er sich bereits verzehrte wie damals nach dem Licht der Sonne, das er niemals wiedersehen würde.
    »Im Gegenteil. Ich finde dich faszinierend«, sagte sie.
    »Genau, Kätzchen. Und nur wegen dieser unerklärlichen Faszination an meiner Person dulde ich dich an meiner Seite.« Sanft strich er ihr über die Wange.
    Sie lachte leise. »Hast du dich danach besser gefühlt? Ich meine, nachdem du ihn umgebracht hattest, den, der dich verwandelt hat?«
    Er lächelte. »Nein, mein Schatz. Wieso fragst du, willst du Sammael einen Kopf kürzer machen? Das würde ich dir trotz all deiner Kraft nicht empfehlen.«
    »Nein.« Ihr Blick schweifte in die Ferne. »Stell dir vor, ich bin die Einzige, die er je zum Vampir gemacht hat. Meine gesamte Familie wurde bei einem Normannenüberfall getötet, und er hat mich vor den Männern gerettet, die mich vergewaltigen und töten wollten.«
    Ihre Worte waren wie ein Schlag ins Gesicht. Rasch wich der Schock einem Zorn, der größer war als alles, was Damien seit langer Zeit empfunden hatte. Diese schöne, unschuldige Frau, die da in seinen Armen lag, auf solche Art geschändet …
seine
Frau … allein bei der Vorstellung wäre er vor Wut beinahe geplatzt.
    Es war ihre Stimme, die ihn in die Gegenwart zurückholte.
    »Damien? Alles in Ordnung?«
    »Nein«, erwiderte er. »Ich hoffe, er hat diese Schweine in Stücke gerissen. Das hat er doch hoffentlich getan, oder?«
    Sie senkte den Blick. »Ich glaube … sie sind davongerannt, und ich war in schlechter Verfassung. Ich habe einen von ihnen getötet, als er versucht hat … als er versucht hat, mich zu …«
    Damien zog sie fest an sich und drückte einen Kuss auf ihren Kopf. »Unglaublich! Ich hätte sie umgebracht, Ariane. Ich hätte ihnen solche Schmerzen zugefügt, dass die Energie an dem Ort für immer verdorben gewesen wäre. Es tut mir so leid, Liebling. Es tut mir so leid, dass das passiert ist.«
    Doch schon im nächsten Moment richtete sich seine Wut wieder gegen Sammael. »Und das alles hat er dir jetzt erst erzählt? Du hast dich bis hierher durchgeschlagen, wärest seinetwegen beinahe umgebracht worden, und dann ist es ausgerechnet
das
, worüber er mit dir redet?«
    Sie zögerte. »Nein. Eigentlich nicht. Es gab eine Menge, worüber er mit mir reden wollte. Nachdem er mir erzählt hatte, dass er mich verwandelt hatte, habe ich ihn gefragt, woher ich stamme, und da hat er mir meine Erinnerung zurückgegeben.«
    Damien glaubte sich verhört zu haben und fragte stirnrunzelnd: »Zurückgegeben?«
    »Frag mich nicht. Ich weiß nicht, wie er das gemacht hat. Er hat nur gesagt, er hätte sie mir genommen … oder vielleicht auch nur irgendwo in meinem Kopf weggesperrt. Ich bin mir nicht sicher. Vielleicht war es lange Zeit besser, alles zu vergessen. Es war so schon schwer genug, mich einzugewöhnen. Aber jetzt … jetzt bin ich froh, dass ich mich endlich erinnere. Die Gesichter meiner Familie, ihre Stimmen. Wir besaßen nicht viel, aber sie waren gute Menschen. Sie haben mich geliebt. Das ist es wert, sich zu erinnern.«
    »Ja«, stimmte Damien ihr zu. »Manches ist es wert.«
    »Er hat mir erzählt … irgendwie sieht er mich als sein Kind an.« Sie lachte leise, und es klang ein wenig verwundert. »Er ist ohne ein Wort verschwunden, um mich zu schützen. Und ich habe mich die ganze Zeit immer wieder gefragt, ob er vielleicht nur Mitleid mit mir hat. Die arme, bedauernswerte Ariane, die nur als negatives Anschauungsmaterial dafür leben durfte, warum man Grigori ganz besonders sorgfältig auswählen muss.«
    Damien verspürte einen plötzlichen Anflug von Eifersucht, auch wenn er wusste, dass er kein Recht dazu hatte. Aber inzwischen hatte er sich an die

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