vertreiben das Schulgespenst
möglichen Formen und Größen und Gläser voller Kräuter und anderer Zauberzutaten. Ivy liebte das Wort »Zutaten«. Im Raum stand auch noch ein Tisch, den Ivy mit Alufolie beklebt hatte. Auf dem Tisch stand eine Plastikschüssel mit Wasser. Eigentlich hätte Ivy lieber ein richtiges Spülbecken, aber ihre Mutterwar dagegen. Deswegen füllte Ivy die Schüssel immer wieder im Badezimmer mit Wasser und brachte sie dann in ihr Labor zurück. Dabei ging meistens ziemlich viel daneben.
Ivy holte ihr Zauberbuch aus seinem Geheimversteck und fing an, darin zu blättern. »Hier muss irgendwo ein Rezept für einen Zaubertrank sein«, sagte sie mit gerunzelter Stirn. Dann kicherte sie. »Hier ist eine Liebestinktur, mit der kann man jemanden in sich verliebt machen.«
Bean machte ein Geräusch, als würde sie sich übergeben.
»Und hier ist ein Gebräu, mit dem man sich sein Geld zurückholen kann, wenn es gestohlen wurde.«
»Das passt nicht«, sagte Bean. Sie steckte die Hand in die Plastikschüssel und verschüttete etwas Wasser, das auf den Boden tropfte.
»Das weiß ich auch«, sagte Ivy und blätterte weiter, »aber ich finde keine Zauberformel – hier ist noch eine, um jemanden in sich verliebt zu machen. Das ist doof. Warum ist hier nichts drin, mit dem man ein Gespenst in sein Grab zurückschicken kann?«
»Da sollte aber was drin sein«, sagte Bean. »Schließlich wollen die meisten Leute keine Gespenster in ihrem Haus haben.«
Ivy sah von ihrem Buch auf. »Mir würde es nichts ausmachen.«
»Und wenn mitten in der Nacht knarrend deine Schranktür aufgehen würde«, gab Bean zurück, »und du das Gespenst keuchen hören könntest?«
Ivy überlegte. »Dann würde ich mit ihm reden. Im Haus der Cousine meiner Oma hat ein pfeifendes Gespenst gelebt. Meine Oma hat gesagt, als sienoch ein Mädchen war, hätte sie immer das Gespenst oben pfeifen hören, wenn sie bei ihrer Cousine zum Spielen war.«
»Ich würde ausflippen. Hatte sie denn keine Angst?«, fragte Bean.
»Oma sagt, das Einzige, wovor sie Angst hat, sind Hühner. Aber ich glaube, sie meint das nicht ernst. Ich wäre gern dabei gewesen«, sagte Ivy. »Ich hätte es gefragt, warum es im Haus herumspukt.«
Bean betrachtete ihre Hand in der Wasserschüssel. Sie wirkte gespenstisch. »Ich wette, Gespenster haben Angst vor sich selber. Es muss ein komisches Gefühl sein, an sich hinunterzusehen und festzustellen, dass man durchsichtig ist.«
Ivy sah sie an. »Kann sein. Vielleicht hat Omas Gespenst gepfiffen, um sich Mut zu machen.« Sie blätterte wieder in dem Buch, und für ein paar Minuten war es im Zauberlabor ganz still.
»Hey!«, rief Ivy plötzlich. »Hier ist was! Es ist eine Zauberbrühe, die man vor dem Haus ausschüttet, um böse Geister fernzuhalten.«
Nun tat das Gespenst Bean leid. »Aber es ist kein böser Geist«, widersprach sie. »Es will doch bloß,dass die Schule von seinem Grab verschwindet. Schließlich war das Gespenst zuerst da. Wer zuerst kommt, mahlt zuerst.«
»Ja, da hast du recht«, stimmte Ivy ihr zu. »Aber das Gespenst muss trotzdem verschwinden. Das hat Frau Aruba-Tate doch gesagt. Außerdem tun wir dem Gespenst in gewisser Weise einen Gefallen. Glaubst du nicht, dass es lieber in seinem Grab wäre?«
Bean dachte nach. »Ich glaub schon.
Das Mädchenklo ist eklig.«
»Genau. Also, wir werden Folgendes tun.« Ivy beugte sich über den Alufolientisch. »Wir machen eine Zeremonie. Wir sagen dem Gespenst, dass wir wissen, dass es nicht böse ist. Wir sagen ihm, dass es bloß in Frieden ruhen soll. Wir sagen ihm …«
»Dass wir als Freunde kommen«, ergänzte Bean und wippte auf ihrem Stuhl.
»Wir könnten es auch singen«, schlug Ivy vor. »Wir kommen als Freunde« , sang sie.
»Wir kommen in Frieden« , sang Bean. »Ein Tanz wäre vielleicht auch nicht schlecht«, fügte sie hinzu.
»Und sobald das Gespenst wieder in sein Grab geschlüpft ist, schütten wir die Zauberbrühe rund um den Eingang zum Klo, damit es nicht zurückkommen kann.«
»Klingt gut«, sagte Bean. Dann dachte sie kurz nach. »Hey, ich hab eine Idee! Du hast doch schon von den alten Ägyptern gehört, oder?«
Ivy nickte. »Ja und?«
»Also die haben ihren Toten Geschenke ins Grab gelegt. Sachen, mit denen sie spielen konnten. Und Geld. Das sollten wir auch tun.« Geschenke würden die Zeremonie sogar noch aufregender machen.
»Grabgeschenke«, wiederholte Ivy. »Das ist eine super Idee. Es wird wie eine altertümliche Beerdigung.«
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